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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Litt gefährdetes Schutzgesetz

Bundesregierungen nach Sammlung und Sichtung des einschlägigen Materials
sich über gemeinsame Grundsätze für das Verfahren bei Namensänderungen einig
geworden sein.

Es ist hier nicht der Platz, um eingehende Reformvorschläge zur Sache zu
bringen. Nur einige Richtlinien anzudeuten, möge erlaubt sein.

Ein jeder Antrag auf Namensänderung muß eingehend begründet werden.
Die Prüfung desselben hat sich auch darauf zu erstrecken, ob er nicht lediglich an
geschäftliche Interessen zurückzuführen ist. In diesem Falle würde der Antrag
ohne weiteres durch Vorbescheid abzuweisen sein, ebenso wenn sich Bedenken
erheben, ob derselbe nicht durch irgendwelche unlauteren Motive veranlaßt worden
ist. Falls der Antrag einer solchen Prüfung standgehalten hat, ist derselbe zu
veröffentlichen, und zwar nicht nur am Wohnorte des Antragstellers und in
dessen Heimatsstaat, sondern auch im gesamten deutschen Staatsgebiet einschließlich
unserer Kolonien. Bekannte Namensinhaber sind direkt zu befragen, ob sie, gegebenen¬
falls was sie gegen den Antrag einzuwenden haben. Nach Veröffentlichung des
Antrages muß eine reichlich bemessene Einspruchsfrist -- vielleicht ein Jahr --
innegehalten werden, während der jedes bekannt gewordene schutzwürdige
Interesse eines Dritten ein der Ablehnung des Antrages zu berücksichtigen ist.
Als ein schutzwürdiges Interesse dürfte es übrigens grundsätzlich nicht anzusehen
sein, daß der Träger eines sogenannten Vulgärnamens, z. B. Meier, Müller.
Schulze, einer Annahme seines Namens im Wege der Namensänderung wider¬
spricht*). Erscheint der Einspruch des bisherigen Namensträgers begründet, so ist
über den Antrag ablehnend zu entscheiden. Die Entscheidung muß mit Gründen
versehen sein. Gegen diese Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde, die gegebenen¬
falls in gleicher Weise wie der Antrag zu veröffentlichen ist, muß für alle Be¬
teiligte ein Rechtsmittel innerhalb einer angemessenen Frist -- vielleicht zwei
Monate -- an eine höhere Instanz gegeben sein. Die Rechtsmittelinstanz ist an
die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen der Vorinstanz für ihre Entscheidung
nicht gebunden. Die sämtlichen Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu
tragen mit Ausnahme der Kosten, die dem bisherigen Namensträger erwachsen,
sofern sein Einspruch oder sein Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen ist.

Ein Verfahren, das so viele Umstände und so viel Zeit erfordert, mag nach
den heutigen Anschauungen schon aus diesem Grunde Widerspruch hervorrufen.
Trotzdem dürfte es berechtigt erscheinen gegenüber der Tatsache, daß es dem Schutze
eines Gutes dienen soll, um das oft Generationen sich bemüht und für das sie
Jahrhunderte hindurch Opfer gebracht haben, damit ihr Name ihren Nachkommen
rein und fleckenlos überliefert iverde.





^) So mit Stecht Colverg a. a, O-
Litt gefährdetes Schutzgesetz

Bundesregierungen nach Sammlung und Sichtung des einschlägigen Materials
sich über gemeinsame Grundsätze für das Verfahren bei Namensänderungen einig
geworden sein.

Es ist hier nicht der Platz, um eingehende Reformvorschläge zur Sache zu
bringen. Nur einige Richtlinien anzudeuten, möge erlaubt sein.

Ein jeder Antrag auf Namensänderung muß eingehend begründet werden.
Die Prüfung desselben hat sich auch darauf zu erstrecken, ob er nicht lediglich an
geschäftliche Interessen zurückzuführen ist. In diesem Falle würde der Antrag
ohne weiteres durch Vorbescheid abzuweisen sein, ebenso wenn sich Bedenken
erheben, ob derselbe nicht durch irgendwelche unlauteren Motive veranlaßt worden
ist. Falls der Antrag einer solchen Prüfung standgehalten hat, ist derselbe zu
veröffentlichen, und zwar nicht nur am Wohnorte des Antragstellers und in
dessen Heimatsstaat, sondern auch im gesamten deutschen Staatsgebiet einschließlich
unserer Kolonien. Bekannte Namensinhaber sind direkt zu befragen, ob sie, gegebenen¬
falls was sie gegen den Antrag einzuwenden haben. Nach Veröffentlichung des
Antrages muß eine reichlich bemessene Einspruchsfrist — vielleicht ein Jahr —
innegehalten werden, während der jedes bekannt gewordene schutzwürdige
Interesse eines Dritten ein der Ablehnung des Antrages zu berücksichtigen ist.
Als ein schutzwürdiges Interesse dürfte es übrigens grundsätzlich nicht anzusehen
sein, daß der Träger eines sogenannten Vulgärnamens, z. B. Meier, Müller.
Schulze, einer Annahme seines Namens im Wege der Namensänderung wider¬
spricht*). Erscheint der Einspruch des bisherigen Namensträgers begründet, so ist
über den Antrag ablehnend zu entscheiden. Die Entscheidung muß mit Gründen
versehen sein. Gegen diese Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde, die gegebenen¬
falls in gleicher Weise wie der Antrag zu veröffentlichen ist, muß für alle Be¬
teiligte ein Rechtsmittel innerhalb einer angemessenen Frist — vielleicht zwei
Monate — an eine höhere Instanz gegeben sein. Die Rechtsmittelinstanz ist an
die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen der Vorinstanz für ihre Entscheidung
nicht gebunden. Die sämtlichen Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu
tragen mit Ausnahme der Kosten, die dem bisherigen Namensträger erwachsen,
sofern sein Einspruch oder sein Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen ist.

Ein Verfahren, das so viele Umstände und so viel Zeit erfordert, mag nach
den heutigen Anschauungen schon aus diesem Grunde Widerspruch hervorrufen.
Trotzdem dürfte es berechtigt erscheinen gegenüber der Tatsache, daß es dem Schutze
eines Gutes dienen soll, um das oft Generationen sich bemüht und für das sie
Jahrhunderte hindurch Opfer gebracht haben, damit ihr Name ihren Nachkommen
rein und fleckenlos überliefert iverde.





^) So mit Stecht Colverg a. a, O-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/555>, abgerufen am 24.07.2024.