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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Zur Frage der deutschen Ginheitsschule

das beste Mittel, dafür zu sorgen, daß auch die unteren und mittleren Klassen
der Bevölkerung über das Alltagsleben hinausgehoben würden und Teil an
dem geistigen Leben unseres Volkes, an den Fortschritten der menschlichen Kultur
gewännen, ohne daß sie darum aus den ihnen vertrauten und angemessenen
Kreisen herausgerissen würden, wie dies bei der Einführung der Einheitsschule
mit den sich daraus ergebenden Folgerungen zu befürchten stände.

Belassen wir es deshalb ruhig bei der jetzigen Gestaltung unseres deutschen
Schulwesens, welches sich in den Grundzügen durchaus bewährt hat, wenn es
auch wie alles Menschenwerk im einzelnen der Verbesserung fähig und bedürftig
ist! Belassen wir es auch bei der besonderen Stellung der höheren Schulen,
die nach der Zusammensetzung ihres Schülermaterials viel weniger Standcs-
schulen sind, als die Anhänger der Einheitsschule Wort haben wollen! Bleiben
sich aber anderseits alle diejenigen, denen der Weg über die höhere Schule zur
Universität offen steht, allezeit bewußt, daß ihre höhere Bildung nicht ein Vor¬
recht bedeutet, welches ihnen erlaubt, verächtlich auf die anderen herabzusehen,
sondern einen Vorzug, den sie sich durch erhöhte eigene Leistung und durch
freudige Arbeit zum Wohle des Ganzen stets wieder von neuem zu verdienen
haben! Wollen wir aber durchaus die Einheitsschule haben, so besitzen wir
sie ja bereits, wenigstens für den größeren Teil unserer männlichen Jugend,
in unserem deutschen Heere. Denn in ihm ist der Kern des dem Plan der
deutschen Einheitsschule zugrunde liegenden gesunden Gedankens nebst allen
den sozialen Nebenwirkungen, die man von ihr erhofft, auf einer viel geeig¬
neteren Altersstufe und in einer viel wirksameren Form, als es in der deutschen
Einheitsschule geschehen könnte, bereits verwirklicht.




Zur Frage der deutschen Ginheitsschule

das beste Mittel, dafür zu sorgen, daß auch die unteren und mittleren Klassen
der Bevölkerung über das Alltagsleben hinausgehoben würden und Teil an
dem geistigen Leben unseres Volkes, an den Fortschritten der menschlichen Kultur
gewännen, ohne daß sie darum aus den ihnen vertrauten und angemessenen
Kreisen herausgerissen würden, wie dies bei der Einführung der Einheitsschule
mit den sich daraus ergebenden Folgerungen zu befürchten stände.

Belassen wir es deshalb ruhig bei der jetzigen Gestaltung unseres deutschen
Schulwesens, welches sich in den Grundzügen durchaus bewährt hat, wenn es
auch wie alles Menschenwerk im einzelnen der Verbesserung fähig und bedürftig
ist! Belassen wir es auch bei der besonderen Stellung der höheren Schulen,
die nach der Zusammensetzung ihres Schülermaterials viel weniger Standcs-
schulen sind, als die Anhänger der Einheitsschule Wort haben wollen! Bleiben
sich aber anderseits alle diejenigen, denen der Weg über die höhere Schule zur
Universität offen steht, allezeit bewußt, daß ihre höhere Bildung nicht ein Vor¬
recht bedeutet, welches ihnen erlaubt, verächtlich auf die anderen herabzusehen,
sondern einen Vorzug, den sie sich durch erhöhte eigene Leistung und durch
freudige Arbeit zum Wohle des Ganzen stets wieder von neuem zu verdienen
haben! Wollen wir aber durchaus die Einheitsschule haben, so besitzen wir
sie ja bereits, wenigstens für den größeren Teil unserer männlichen Jugend,
in unserem deutschen Heere. Denn in ihm ist der Kern des dem Plan der
deutschen Einheitsschule zugrunde liegenden gesunden Gedankens nebst allen
den sozialen Nebenwirkungen, die man von ihr erhofft, auf einer viel geeig¬
neteren Altersstufe und in einer viel wirksameren Form, als es in der deutschen
Einheitsschule geschehen könnte, bereits verwirklicht.




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[0550] Zur Frage der deutschen Ginheitsschule das beste Mittel, dafür zu sorgen, daß auch die unteren und mittleren Klassen der Bevölkerung über das Alltagsleben hinausgehoben würden und Teil an dem geistigen Leben unseres Volkes, an den Fortschritten der menschlichen Kultur gewännen, ohne daß sie darum aus den ihnen vertrauten und angemessenen Kreisen herausgerissen würden, wie dies bei der Einführung der Einheitsschule mit den sich daraus ergebenden Folgerungen zu befürchten stände. Belassen wir es deshalb ruhig bei der jetzigen Gestaltung unseres deutschen Schulwesens, welches sich in den Grundzügen durchaus bewährt hat, wenn es auch wie alles Menschenwerk im einzelnen der Verbesserung fähig und bedürftig ist! Belassen wir es auch bei der besonderen Stellung der höheren Schulen, die nach der Zusammensetzung ihres Schülermaterials viel weniger Standcs- schulen sind, als die Anhänger der Einheitsschule Wort haben wollen! Bleiben sich aber anderseits alle diejenigen, denen der Weg über die höhere Schule zur Universität offen steht, allezeit bewußt, daß ihre höhere Bildung nicht ein Vor¬ recht bedeutet, welches ihnen erlaubt, verächtlich auf die anderen herabzusehen, sondern einen Vorzug, den sie sich durch erhöhte eigene Leistung und durch freudige Arbeit zum Wohle des Ganzen stets wieder von neuem zu verdienen haben! Wollen wir aber durchaus die Einheitsschule haben, so besitzen wir sie ja bereits, wenigstens für den größeren Teil unserer männlichen Jugend, in unserem deutschen Heere. Denn in ihm ist der Kern des dem Plan der deutschen Einheitsschule zugrunde liegenden gesunden Gedankens nebst allen den sozialen Nebenwirkungen, die man von ihr erhofft, auf einer viel geeig¬ neteren Altersstufe und in einer viel wirksameren Form, als es in der deutschen Einheitsschule geschehen könnte, bereits verwirklicht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/550>, abgerufen am 04.07.2024.