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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Die Hexe von Mayen

Farben und den Danebrog auf der Brust. Sie erhoben sich, als der Junker
auf die Diele trat, und einer von ihnen grüßte höflich und doch mit bekanntem
Lächeln. Josias betrachtete ihn flüchtig.

"Bist du nicht der Holsteincr Peter? Und du hast dem Nesselblatt Lebe¬
wohl gesagt?"

"Der Danebrog ist auch nicht übel, Herr, aber man kann ihn immer
einmal wieder umtauschen."

Der Junker antwortete nicht und trat in das Herrenstübchen, das am Ende
der Diele eingebaut war. Es war aus dunklen Brettern zusammengesetzt und
auf dem Tisch brannte schon eine Kerze, bei deren Schein der Staatsrat in
einem großen Papiere las. Er stand auf, ging dem Junker entgegen und
reichte ihm die Hand.

"Ich hoffte schon, Ihr wäret noch hier."

"Meine Frau Mutter wartet schon zwei Tage auf mich, aber seine Gnaden
wollten mich noch nicht ziehen lassen."

"Er hat Recht getan, Vetter. Er bedarf kluger Männer neben sich und
Ihr seid geschickter als mancher andere."

"Ich will aus mein Gut und Weizen bauen!" erwiderte Josias rasch.
"Die Geschäfte eines so kleinen Staates können von einem Domestiken besorgt
werden!"

Beide Männer setzten sich, und der Staatsrat zog eine rote Sammettasche
hervor.

"Ich soll seiner Gnaden die Ernennung zum königlich dänischen Feldmarschall
und Kommandeur aller dänischen Truppen überbringen!" sagte er feierlich.
"Seine Majestät haben mit Wohlgefallen von den tapferen Taten des Herzogs
Johann Adolf erfahren und es gereicht ihm zur Freude, einen öffentlichen Be¬
weis seiner Hochachtung zu geben!"

"Seine Gnaden werden gewiß sehr froh sein!" erwiderte Josias und der
Staatsrat legte die Sammettasche wieder aus der Hand.

"Graf Brahe sollte diese hohe Anerkennung überbringen, aber, da ich doch
Kopenhagen verließ, habe ich mich erboten, sie hier abzuliefern."

Er räusperte sich und spielte mit der goldenen Kette, die über seinen
Sammetrock fiel.

"Ich wollte Euch auch sehen, Junker!" sagte er dann plötzlich. "Da ist
der Ahlefeldt von Saxdorf und er will meine Tochter zum Weibe. Auch ein
Rumohr ist zu mir gekommen, aber ich habe sie Euch versprochen und ich wollte
Euch erst fragen."

Er hielt inne und sein ernstes Gesicht wurde noch strenger, als Josias
nicht gleich antwortete."

"Ich biete sie nicht aus, wie altbacken Brot! sagte er scharf. "Jeden
Tag kann sie einen Mann haben, wenn sie Lust spürt, das aber ist es gerade,


Die Hexe von Mayen

Farben und den Danebrog auf der Brust. Sie erhoben sich, als der Junker
auf die Diele trat, und einer von ihnen grüßte höflich und doch mit bekanntem
Lächeln. Josias betrachtete ihn flüchtig.

„Bist du nicht der Holsteincr Peter? Und du hast dem Nesselblatt Lebe¬
wohl gesagt?"

„Der Danebrog ist auch nicht übel, Herr, aber man kann ihn immer
einmal wieder umtauschen."

Der Junker antwortete nicht und trat in das Herrenstübchen, das am Ende
der Diele eingebaut war. Es war aus dunklen Brettern zusammengesetzt und
auf dem Tisch brannte schon eine Kerze, bei deren Schein der Staatsrat in
einem großen Papiere las. Er stand auf, ging dem Junker entgegen und
reichte ihm die Hand.

„Ich hoffte schon, Ihr wäret noch hier."

„Meine Frau Mutter wartet schon zwei Tage auf mich, aber seine Gnaden
wollten mich noch nicht ziehen lassen."

„Er hat Recht getan, Vetter. Er bedarf kluger Männer neben sich und
Ihr seid geschickter als mancher andere."

„Ich will aus mein Gut und Weizen bauen!" erwiderte Josias rasch.
„Die Geschäfte eines so kleinen Staates können von einem Domestiken besorgt
werden!"

Beide Männer setzten sich, und der Staatsrat zog eine rote Sammettasche
hervor.

„Ich soll seiner Gnaden die Ernennung zum königlich dänischen Feldmarschall
und Kommandeur aller dänischen Truppen überbringen!" sagte er feierlich.
„Seine Majestät haben mit Wohlgefallen von den tapferen Taten des Herzogs
Johann Adolf erfahren und es gereicht ihm zur Freude, einen öffentlichen Be¬
weis seiner Hochachtung zu geben!"

„Seine Gnaden werden gewiß sehr froh sein!" erwiderte Josias und der
Staatsrat legte die Sammettasche wieder aus der Hand.

„Graf Brahe sollte diese hohe Anerkennung überbringen, aber, da ich doch
Kopenhagen verließ, habe ich mich erboten, sie hier abzuliefern."

Er räusperte sich und spielte mit der goldenen Kette, die über seinen
Sammetrock fiel.

„Ich wollte Euch auch sehen, Junker!" sagte er dann plötzlich. „Da ist
der Ahlefeldt von Saxdorf und er will meine Tochter zum Weibe. Auch ein
Rumohr ist zu mir gekommen, aber ich habe sie Euch versprochen und ich wollte
Euch erst fragen."

Er hielt inne und sein ernstes Gesicht wurde noch strenger, als Josias
nicht gleich antwortete."

„Ich biete sie nicht aus, wie altbacken Brot! sagte er scharf. „Jeden
Tag kann sie einen Mann haben, wenn sie Lust spürt, das aber ist es gerade,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/44>, abgerufen am 24.07.2024.