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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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Vererbung beim Menschen

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Dominanz:
normal: M. Anormal: vo und VK.
1. Kranke Kinder stammen stets aus Ehen,
in denen zumindest der eine Gatte oder
aber beide anormal sind (1, 2, 3, 4, 5).
Oder: es herrscht ausnahmslos direkte
Vererbung, Überspringen einer Genera¬
tion kommt nicht bor.
2. Gesunde Kinder können auch gezeugt wer¬
den, wenn beide Eltern krank sind <4).
3. Gesunde und kranke Geschwister nebenein¬
ander können nur geboren werde", wenn
einer oder beide Eltern krank sind.
4. Gesunde Eheleute haben ausnahmslos ge¬
sunde Kinder. Die Ehegatten sind nicht
nur persönlich, sondern auch erblich ge¬
sund. In ihrem Erbgute fehlt die krank¬
hafte Anlage ik).
5. Zwei kranke Ehegatten zeugen entweder
ausschließlich kranke <1,2) oder 75 Pro¬
zent kranke, 25 Prozent gesunde Nach¬
kommenschaft (4).
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normal: OD und M. Anormal: M.
Kranke Kinder können auch aus Ehen zweier
gesunder Eltern hervorgehen (4).
Oder: eS besteht neben der direkten
auch die Möglichkeit einer indirekten Ver¬
erbung; es können eine, mehrere, zahl¬
lose Generationen übersprungen werden.
Gesunde Kinder können nie entstehen, wenn
beide Eltern krank sind.
Gesunde und kranke Geschwister nebeneinander
können nur geboren werden, wenn einer
oder beide Eltern gesund sind.
Gesunde Ehegatten können kranke Kinder er¬
zeugen (4). Die Eheleute sind zwar
persönlich, aber nicht erblich gesund. Sie
führen in ihren? Erbgute verborgen die
krankhafte Anlage.
Zwei kranke Ehegatten erzeugen ausnahmslos
nur kranke Kinder (6).
Ehen zwischen Gesunden und Kranken liefern
entweder ausnahmslos gesunde (3) oder
50 Prozent gesunde, 50 Prozent kranke
Kinder.
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6. Ehen zwischen Gesunden und Kranken
liefern entweder ausnahmslos kranke (2)
oder 75 Prozent kranke, 25 Prozent ge¬
sunde (4) oder 50 Prozent kranke,
50 Prozent gesunde (5) Nachkommen.

sichtsmaßregeln bedingen die Verborgen-Kranken, die Typhus-Gesunden, die
Diphtherie-Gesunden: die Bazillenträger, bei denen niemand, auch der ge¬
wiegteste Arzt nicht, eine Krankheit festzustellen vermag. Sie sind es, die die
Keime "verschleppen", sie stecken unbemerkt die Gesunden an. Der bakterio¬
logischen Untersuchung bleibt natürlich ihre Trägereigenschaft nicht verborgen.

Solchen Bazillenträgern vergleichbar infizieren die persönlich Gesunden mit
ihren kranken Erbzellen ihre Kinder. Und wie der Hygieniker auf Bazillen¬
träger gewöhnlich erst dann aufmerksam wird, wenn in gesunder Umgebung
unvermutet Krankheitsfälle auftauchen: so tritt auch die Natur eines solchen
Erbträgers in der Regel erst dann zutage, wenn das Erbunglück bereits ge¬
schehen ist.

Und das geschieht -- der Natur der Sache nach -- am häufigsten durch
Verwandtenehe, wie ein Blick auf die Grundstammtafel (S. 253), und zwar auf
die a-Ehen lehrt.


Vererbung beim Menschen

[Beginn Spaltensatz]
Dominanz:
normal: M. Anormal: vo und VK.
1. Kranke Kinder stammen stets aus Ehen,
in denen zumindest der eine Gatte oder
aber beide anormal sind (1, 2, 3, 4, 5).
Oder: es herrscht ausnahmslos direkte
Vererbung, Überspringen einer Genera¬
tion kommt nicht bor.
2. Gesunde Kinder können auch gezeugt wer¬
den, wenn beide Eltern krank sind <4).
3. Gesunde und kranke Geschwister nebenein¬
ander können nur geboren werde», wenn
einer oder beide Eltern krank sind.
4. Gesunde Eheleute haben ausnahmslos ge¬
sunde Kinder. Die Ehegatten sind nicht
nur persönlich, sondern auch erblich ge¬
sund. In ihrem Erbgute fehlt die krank¬
hafte Anlage ik).
5. Zwei kranke Ehegatten zeugen entweder
ausschließlich kranke <1,2) oder 75 Pro¬
zent kranke, 25 Prozent gesunde Nach¬
kommenschaft (4).
[Spaltenumbruch]
Rezession:
normal: OD und M. Anormal: M.
Kranke Kinder können auch aus Ehen zweier
gesunder Eltern hervorgehen (4).
Oder: eS besteht neben der direkten
auch die Möglichkeit einer indirekten Ver¬
erbung; es können eine, mehrere, zahl¬
lose Generationen übersprungen werden.
Gesunde Kinder können nie entstehen, wenn
beide Eltern krank sind.
Gesunde und kranke Geschwister nebeneinander
können nur geboren werden, wenn einer
oder beide Eltern gesund sind.
Gesunde Ehegatten können kranke Kinder er¬
zeugen (4). Die Eheleute sind zwar
persönlich, aber nicht erblich gesund. Sie
führen in ihren? Erbgute verborgen die
krankhafte Anlage.
Zwei kranke Ehegatten erzeugen ausnahmslos
nur kranke Kinder (6).
Ehen zwischen Gesunden und Kranken liefern
entweder ausnahmslos gesunde (3) oder
50 Prozent gesunde, 50 Prozent kranke
Kinder.
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6. Ehen zwischen Gesunden und Kranken
liefern entweder ausnahmslos kranke (2)
oder 75 Prozent kranke, 25 Prozent ge¬
sunde (4) oder 50 Prozent kranke,
50 Prozent gesunde (5) Nachkommen.

sichtsmaßregeln bedingen die Verborgen-Kranken, die Typhus-Gesunden, die
Diphtherie-Gesunden: die Bazillenträger, bei denen niemand, auch der ge¬
wiegteste Arzt nicht, eine Krankheit festzustellen vermag. Sie sind es, die die
Keime „verschleppen", sie stecken unbemerkt die Gesunden an. Der bakterio¬
logischen Untersuchung bleibt natürlich ihre Trägereigenschaft nicht verborgen.

Solchen Bazillenträgern vergleichbar infizieren die persönlich Gesunden mit
ihren kranken Erbzellen ihre Kinder. Und wie der Hygieniker auf Bazillen¬
träger gewöhnlich erst dann aufmerksam wird, wenn in gesunder Umgebung
unvermutet Krankheitsfälle auftauchen: so tritt auch die Natur eines solchen
Erbträgers in der Regel erst dann zutage, wenn das Erbunglück bereits ge¬
schehen ist.

Und das geschieht — der Natur der Sache nach — am häufigsten durch
Verwandtenehe, wie ein Blick auf die Grundstammtafel (S. 253), und zwar auf
die a-Ehen lehrt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/314>, abgerufen am 27.06.2024.