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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr.

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umfassen vielmehr eine große Anzahl von Spezialgebieten: Länder- und Völker¬
kunde; Naturwissenschaft und Medizin in ihrer Anwendung auf die fremden
Gebiete (darunter tropische Pflanzenkunde und Tropenmedizin); die wirtschaft¬
lichen, rechtlichen und allgemein kulturellen Verhältnisse der ausländischen,
namentlich der überseeischen Gebiete, einschließlich der Kolonien; die wirtschaft¬
lichen und rechtlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Auslande
in. a. Völkerrecht, internationales Privatrecht, Welthandelslehre, Handelspolitik).

Nicht weniger vielgestaltig als das wissenschaftliche Programm ist die Auf¬
gabe der praktischen Vorbildung für die Auslandsberufe. Hier handelt es sich
zunächst darum, zu übersehen, für welche verschiedenen Berufskreise ein Bedürfnis
nach einer besseren Vorbildung sür das Ausland vorliegt und wie diese bessere
Auslandsschulung in die Gesamtausbildung der einzelnen interessierten Kreise
am zweckmäßigsten eingefügt werden kann.

In Betracht kommen folgende Berufsgruppen:

1. Kaufleute, Gewerbetreibende, Pflanzer und Ansiedler;

2. die diplomatischen und konsularischen Beamten, sowie die Beamten der
Schutzgebiete;

3. die Offiziere der Marine und der Schutztruppen;

4. Lehrer an Auslands- und Schutzgebietsschulen, Geistliche und Missionare,
Ärzte, Rechtsanwälte, Geologen, Ingenieure, technische Beamte usw.

Die Vorbildung, die Lebensstellung und die Lebensziele dieser mit dem
Ausland und im Ausland arbeitenden Berufe sind grundverschiedene. Dement¬
sprechend ist die für die Auslandsarbeit erforderliche Spezialisierung und Er¬
gänzung des Wissens sür jeden Beruf anders geartet. Die Beamten des
Auslands- und Kolonialdienstes, die zum ganz überwiegenden Teil über eine
abgeschlossene akademische, hauptsächlich juristische Ausbildung verfügen, bedürfen
einer "Auslandsschulung" nach anderen Richtungen als etwa der Kaufmann
oder der Arzt oder der Offizier.

Einen weiteren Unterschied macht es, ob eine allgemeine Vorbereitung für
die Tätigkeit im Auslande schlechthin, oder ob eine besondere Schulung für die
Tätigkeit in einem bestimmten ausländischen Gebiete in Frage steht.

Für unsere diplomatischen und konsularischen Beamten zum Beispiel kann
vernünftigerweise nur eine allgemeine Vorbereitung für den Auslandsdienst ge¬
fordert werden. Diese Beamten können und dürfen ihre Ausbildung nicht auf
ein bestimmtes Land abstellen; sie müssen überall verwendbar sein, wo ihre
Dienste gerade benötigt werden. Das ist so und muß so bleiben. Ich will
damit keineswegs einer planlosen willkürlichen Versetzung von Beamten, die
sich in langjähriger Tätigkeit mit einem bestimmten Kulturgebiet vertraut gemacht
haben, in einen ganz anderen Wirkungskreis -- etwa von Ostasien nach Süd¬
amerika -- das Wort reden; solche Versetzungen, die ein wertvolles Kapital
besonderer Kenntnisse und Erfahrungen brach legen, dürfen immer nur eine
durch besondere Umstände gerechtfertigte Ausnahme bilden. Aber in dem Stadium


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umfassen vielmehr eine große Anzahl von Spezialgebieten: Länder- und Völker¬
kunde; Naturwissenschaft und Medizin in ihrer Anwendung auf die fremden
Gebiete (darunter tropische Pflanzenkunde und Tropenmedizin); die wirtschaft¬
lichen, rechtlichen und allgemein kulturellen Verhältnisse der ausländischen,
namentlich der überseeischen Gebiete, einschließlich der Kolonien; die wirtschaft¬
lichen und rechtlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Auslande
in. a. Völkerrecht, internationales Privatrecht, Welthandelslehre, Handelspolitik).

Nicht weniger vielgestaltig als das wissenschaftliche Programm ist die Auf¬
gabe der praktischen Vorbildung für die Auslandsberufe. Hier handelt es sich
zunächst darum, zu übersehen, für welche verschiedenen Berufskreise ein Bedürfnis
nach einer besseren Vorbildung sür das Ausland vorliegt und wie diese bessere
Auslandsschulung in die Gesamtausbildung der einzelnen interessierten Kreise
am zweckmäßigsten eingefügt werden kann.

In Betracht kommen folgende Berufsgruppen:

1. Kaufleute, Gewerbetreibende, Pflanzer und Ansiedler;

2. die diplomatischen und konsularischen Beamten, sowie die Beamten der
Schutzgebiete;

3. die Offiziere der Marine und der Schutztruppen;

4. Lehrer an Auslands- und Schutzgebietsschulen, Geistliche und Missionare,
Ärzte, Rechtsanwälte, Geologen, Ingenieure, technische Beamte usw.

Die Vorbildung, die Lebensstellung und die Lebensziele dieser mit dem
Ausland und im Ausland arbeitenden Berufe sind grundverschiedene. Dement¬
sprechend ist die für die Auslandsarbeit erforderliche Spezialisierung und Er¬
gänzung des Wissens sür jeden Beruf anders geartet. Die Beamten des
Auslands- und Kolonialdienstes, die zum ganz überwiegenden Teil über eine
abgeschlossene akademische, hauptsächlich juristische Ausbildung verfügen, bedürfen
einer „Auslandsschulung" nach anderen Richtungen als etwa der Kaufmann
oder der Arzt oder der Offizier.

Einen weiteren Unterschied macht es, ob eine allgemeine Vorbereitung für
die Tätigkeit im Auslande schlechthin, oder ob eine besondere Schulung für die
Tätigkeit in einem bestimmten ausländischen Gebiete in Frage steht.

Für unsere diplomatischen und konsularischen Beamten zum Beispiel kann
vernünftigerweise nur eine allgemeine Vorbereitung für den Auslandsdienst ge¬
fordert werden. Diese Beamten können und dürfen ihre Ausbildung nicht auf
ein bestimmtes Land abstellen; sie müssen überall verwendbar sein, wo ihre
Dienste gerade benötigt werden. Das ist so und muß so bleiben. Ich will
damit keineswegs einer planlosen willkürlichen Versetzung von Beamten, die
sich in langjähriger Tätigkeit mit einem bestimmten Kulturgebiet vertraut gemacht
haben, in einen ganz anderen Wirkungskreis — etwa von Ostasien nach Süd¬
amerika — das Wort reden; solche Versetzungen, die ein wertvolles Kapital
besonderer Kenntnisse und Erfahrungen brach legen, dürfen immer nur eine
durch besondere Umstände gerechtfertigte Ausnahme bilden. Aber in dem Stadium


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[0208] l^ochschulbildnng und Anslcmdsintcresscn umfassen vielmehr eine große Anzahl von Spezialgebieten: Länder- und Völker¬ kunde; Naturwissenschaft und Medizin in ihrer Anwendung auf die fremden Gebiete (darunter tropische Pflanzenkunde und Tropenmedizin); die wirtschaft¬ lichen, rechtlichen und allgemein kulturellen Verhältnisse der ausländischen, namentlich der überseeischen Gebiete, einschließlich der Kolonien; die wirtschaft¬ lichen und rechtlichen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Auslande in. a. Völkerrecht, internationales Privatrecht, Welthandelslehre, Handelspolitik). Nicht weniger vielgestaltig als das wissenschaftliche Programm ist die Auf¬ gabe der praktischen Vorbildung für die Auslandsberufe. Hier handelt es sich zunächst darum, zu übersehen, für welche verschiedenen Berufskreise ein Bedürfnis nach einer besseren Vorbildung sür das Ausland vorliegt und wie diese bessere Auslandsschulung in die Gesamtausbildung der einzelnen interessierten Kreise am zweckmäßigsten eingefügt werden kann. In Betracht kommen folgende Berufsgruppen: 1. Kaufleute, Gewerbetreibende, Pflanzer und Ansiedler; 2. die diplomatischen und konsularischen Beamten, sowie die Beamten der Schutzgebiete; 3. die Offiziere der Marine und der Schutztruppen; 4. Lehrer an Auslands- und Schutzgebietsschulen, Geistliche und Missionare, Ärzte, Rechtsanwälte, Geologen, Ingenieure, technische Beamte usw. Die Vorbildung, die Lebensstellung und die Lebensziele dieser mit dem Ausland und im Ausland arbeitenden Berufe sind grundverschiedene. Dement¬ sprechend ist die für die Auslandsarbeit erforderliche Spezialisierung und Er¬ gänzung des Wissens sür jeden Beruf anders geartet. Die Beamten des Auslands- und Kolonialdienstes, die zum ganz überwiegenden Teil über eine abgeschlossene akademische, hauptsächlich juristische Ausbildung verfügen, bedürfen einer „Auslandsschulung" nach anderen Richtungen als etwa der Kaufmann oder der Arzt oder der Offizier. Einen weiteren Unterschied macht es, ob eine allgemeine Vorbereitung für die Tätigkeit im Auslande schlechthin, oder ob eine besondere Schulung für die Tätigkeit in einem bestimmten ausländischen Gebiete in Frage steht. Für unsere diplomatischen und konsularischen Beamten zum Beispiel kann vernünftigerweise nur eine allgemeine Vorbereitung für den Auslandsdienst ge¬ fordert werden. Diese Beamten können und dürfen ihre Ausbildung nicht auf ein bestimmtes Land abstellen; sie müssen überall verwendbar sein, wo ihre Dienste gerade benötigt werden. Das ist so und muß so bleiben. Ich will damit keineswegs einer planlosen willkürlichen Versetzung von Beamten, die sich in langjähriger Tätigkeit mit einem bestimmten Kulturgebiet vertraut gemacht haben, in einen ganz anderen Wirkungskreis — etwa von Ostasien nach Süd¬ amerika — das Wort reden; solche Versetzungen, die ein wertvolles Kapital besonderer Kenntnisse und Erfahrungen brach legen, dürfen immer nur eine durch besondere Umstände gerechtfertigte Ausnahme bilden. Aber in dem Stadium

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_328099/208>, abgerufen am 25.07.2024.