Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Lin streifig in die Volksetymologie und Volksmythologie wulde ihren Vornamen dem Zunamen uorausführen. Am meisten haben sich Noch aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts hebt Vilmar den "richtigen (Fortsetzung folgt) , ") Deutsches Namenbüchlein, S, Aufl. (1880), S, 60. * ") Daselbst S. 17. 33.
Lin streifig in die Volksetymologie und Volksmythologie wulde ihren Vornamen dem Zunamen uorausführen. Am meisten haben sich Noch aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts hebt Vilmar den „richtigen (Fortsetzung folgt) , ") Deutsches Namenbüchlein, S, Aufl. (1880), S, 60. * ") Daselbst S. 17. 33.
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Lin streifig in die Volksetymologie und Volksmythologie
wulde ihren Vornamen dem Zunamen uorausführen. Am meisten haben sich
aber erklärlicherweise die Zusammensetzungen, in denen das Eigenschaftswort
dem Hauptwort nachfolgt, da erhalten, wo Zunamen für sich allein genommen
nichts anderes sind, als eine Verbindung von Haupt, und Beiwort. Die Schafgotsch
Gottfried Schaf), die Stockhart, die Kreideweiß, die Koppehel Kopfheil),
die Kachelhart, die Dotterweich werden älteren Datums sein als die Dünnbier,
die Wildegans, die Kleinpaul und die Dickhaut. Von den Blumenstolz bezeugt
Vilmar*) ausdrücklich ihren „sehr alten Ursprung" und vom Namen Ochsen¬
kunz, der einem hessischen Bauern des Jahres 1561 eignete*"), berichtet er, daß
dessen Sohn Jost 1581 „nicht wieder" den Namen „Ochsenkunz" führte, sondern
den „Jost Ochs". Aber den Familiennamen Ochsenkunz hat der Vater des
Jost Ochs gar nicht geführt, er hieß Ochs und war Conrad getauft. Noch
1561 hieß er nach damaligem Brauche Ochsenkunz, wie hundert Jahre früher
Conrad Kauf Kusenkontz hieß. Der Sohn des Ochsenkunz folgte 1584 der Sitte
einer neuen Zeit und nannte sich deshalb nicht Ochsenjost, sondern Jost Ochs.
Derartige Namensmodcrnisierungen nahmen zuzeiten die Inhaber eines alten
Namens selbst an diesem Namen vor. Ein Württemberger führte im fünf'
zehnten Jahrhundert von seinein Handwerk her den Namen Schmid, sein Sohn
Andreas den Namen Schmidte oder Schmidlin der kleine Schmid); dessen
Sohn Jacob (geboren 1528), der sich den Studien widmete und sich deshalb
Jacobus nannte, legte den Namen Schmidlin ab und fügte seinem Vornamen
Jacobus den weiteren Namen „Andrea" hinzu, als Sohn des Andreas. So
entstand der Mitverfasser der Concordienformel „Jacobus Andrea" als Enkel
seines agnatischen Großvaters Schmid.
Noch aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts hebt Vilmar den „richtigen
Unterschied" hervor, den man in Hessen machen höre, wenn jemand sage: ich
heiße „Johannes", aber ich schreibe mich „Schmidt"; die „Familien- oder Schrcib-
namen" seien vor drei- bis vierhundert Jahren erst aufgekommen. Da nun
unter den vielen von Vilmar angeführten, mit Eigenschaftswörtern zusammen¬
gesetzten Familiennamen nur äußerst wenige das Eigenschaftswort dem Haupt¬
worte nachfolgen lassen, muß die Sitte, in solcher Weise Zusammensetzungen zu
bilden, bereits im vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhundert der Vergangenheit
angehört haben. Das legte also damals schon die Verwandlung des Hornoff
oder des Hornaff in den Hornaffen nahe. Man wußte in der Nachsilbe ass
nicht mehr ein dem Hauptwort nachgesetztes Eigenschaftswort, sondern nur das
Hauptwort Affe zu erkennen. Wenn Peter Noscggers „Waldschulmeister" im
Mai 1817 von seiner „Nuß°Annamirl" berichtet, daß sie „nach der neuen
Ordnung Anna Maria Ruß heiße", so erhielt sich danach unter den steierischen
Waldbauern die alte Sitte bis in das neunzehnte Jahrhundert.
(Fortsetzung folgt) ,
") Deutsches Namenbüchlein, S, Aufl. (1880), S, 60.
*
") Daselbst S. 17. 33.
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