Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches mit Uinnaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

gemäßen und rechtzeitigen Behandlung durch
den Arzt, den berufenen Hüter der Gesundheit
des Volkes, entzogen werden/'

Besteht aber eine solche Gefährdung öffent¬
licher Interessen durch die Auswüchse des
Aberglaubens -- und an ihrem Bestehen kann
kein Einsichtiger meines Erachtens zweifeln --,
so hat auch der Gesetzgeber die Pflicht, mit
der stärksten ihm zu Gebote stehenden Waffe,
der Strafrechtsbestimmung zum Schutze der
gefährdeten Interessen einzugreifen. DieStraf-
rechtsbestimmung hat auch eine nicht zu
unterschätzende Wirkung als Erziehungsfaktor;
denn gerade in der Neuzeit bestimmt sich im
Bolle die Anschauung darüber, was gut und
böse, was sittlich und unsittlich ist, immer
mehr danach, ob eS mit Strafe bedroht ist
oder nicht. So hat der Gesetzgeber des neuen
Reichsstrafgesetzbuches meines Erachtens die
Pflicht, Gesundbeterei, Wahrsagerei, Zauberei
u. tgi. dadurch auch als unsittlich zu brand¬
marken, dasz er sie unter Strafe stellt.

Hier hätte der Reichstag eine dankbare
Aufgabe, die im Neichsjustizamte unterlassene
.Kommissionsarbeit zu ergänzen. Er könnte

[Spaltenumbruch]

dem Gesetzentwurf einen Paragraphen etwa
folgenden Inhalts einverleiben:

"Wer um Vorteile oder Gewinnes willen
wahrsagt, gesundbetet oder die Leichtgläubigkeit
des Publikums auf ähnliche Weise mißbraucht,
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder
mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark bestraft."
Landgerichtsrat Dr. Ernst Sontag in Berlin

Frauenbewegung

Altmann - Gottheiner, or. Elisabeth:
Jahrbuch der Frauenbewegung. Im Auftrage
des Bundes Deutscher Frauenvereine heraus¬
gegeben. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig
und Berlin. Jeder Band gebunden 3 Mark.

Seit zwei Jahren gibt die über eine
halbe Million Mitglieder umfassende Organi¬
sation der interkonfessionellen bürgerlichen
Frauenbewegung, der sogenannte Bund Deut¬
scher Frauenvereine ein "Jahrbuch der Frauen¬
bewegung" heraus, das die Aufgabe hat,
über die verschiedenartigen Arbeitsgebiete der
Frau, sowie über die Fortschritte der organi¬
sierten Frauenbewegung zu orientieren. Nun¬
mehr liegt der dritte für das Jahr 1914

[Ende Spaltensatz]


Maßgebliches mit Uinnaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

gemäßen und rechtzeitigen Behandlung durch
den Arzt, den berufenen Hüter der Gesundheit
des Volkes, entzogen werden/'

Besteht aber eine solche Gefährdung öffent¬
licher Interessen durch die Auswüchse des
Aberglaubens — und an ihrem Bestehen kann
kein Einsichtiger meines Erachtens zweifeln —,
so hat auch der Gesetzgeber die Pflicht, mit
der stärksten ihm zu Gebote stehenden Waffe,
der Strafrechtsbestimmung zum Schutze der
gefährdeten Interessen einzugreifen. DieStraf-
rechtsbestimmung hat auch eine nicht zu
unterschätzende Wirkung als Erziehungsfaktor;
denn gerade in der Neuzeit bestimmt sich im
Bolle die Anschauung darüber, was gut und
böse, was sittlich und unsittlich ist, immer
mehr danach, ob eS mit Strafe bedroht ist
oder nicht. So hat der Gesetzgeber des neuen
Reichsstrafgesetzbuches meines Erachtens die
Pflicht, Gesundbeterei, Wahrsagerei, Zauberei
u. tgi. dadurch auch als unsittlich zu brand¬
marken, dasz er sie unter Strafe stellt.

Hier hätte der Reichstag eine dankbare
Aufgabe, die im Neichsjustizamte unterlassene
.Kommissionsarbeit zu ergänzen. Er könnte

[Spaltenumbruch]

dem Gesetzentwurf einen Paragraphen etwa
folgenden Inhalts einverleiben:

„Wer um Vorteile oder Gewinnes willen
wahrsagt, gesundbetet oder die Leichtgläubigkeit
des Publikums auf ähnliche Weise mißbraucht,
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder
mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark bestraft."
Landgerichtsrat Dr. Ernst Sontag in Berlin

Frauenbewegung

Altmann - Gottheiner, or. Elisabeth:
Jahrbuch der Frauenbewegung. Im Auftrage
des Bundes Deutscher Frauenvereine heraus¬
gegeben. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig
und Berlin. Jeder Band gebunden 3 Mark.

Seit zwei Jahren gibt die über eine
halbe Million Mitglieder umfassende Organi¬
sation der interkonfessionellen bürgerlichen
Frauenbewegung, der sogenannte Bund Deut¬
scher Frauenvereine ein „Jahrbuch der Frauen¬
bewegung" heraus, das die Aufgabe hat,
über die verschiedenartigen Arbeitsgebiete der
Frau, sowie über die Fortschritte der organi¬
sierten Frauenbewegung zu orientieren. Nun¬
mehr liegt der dritte für das Jahr 1914

[Ende Spaltensatz]


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0059" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327525"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches mit Uinnaßgebliches</fw><lb/>
            <cb type="start"/>
            <p xml:id="ID_150" prev="#ID_149"> gemäßen und rechtzeitigen Behandlung durch<lb/>
den Arzt, den berufenen Hüter der Gesundheit<lb/>
des Volkes, entzogen werden/'</p>
            <p xml:id="ID_151"> Besteht aber eine solche Gefährdung öffent¬<lb/>
licher Interessen durch die Auswüchse des<lb/>
Aberglaubens &#x2014; und an ihrem Bestehen kann<lb/>
kein Einsichtiger meines Erachtens zweifeln &#x2014;,<lb/>
so hat auch der Gesetzgeber die Pflicht, mit<lb/>
der stärksten ihm zu Gebote stehenden Waffe,<lb/>
der Strafrechtsbestimmung zum Schutze der<lb/>
gefährdeten Interessen einzugreifen. DieStraf-<lb/>
rechtsbestimmung hat auch eine nicht zu<lb/>
unterschätzende Wirkung als Erziehungsfaktor;<lb/>
denn gerade in der Neuzeit bestimmt sich im<lb/>
Bolle die Anschauung darüber, was gut und<lb/>
böse, was sittlich und unsittlich ist, immer<lb/>
mehr danach, ob eS mit Strafe bedroht ist<lb/>
oder nicht. So hat der Gesetzgeber des neuen<lb/>
Reichsstrafgesetzbuches meines Erachtens die<lb/>
Pflicht, Gesundbeterei, Wahrsagerei, Zauberei<lb/>
u. tgi. dadurch auch als unsittlich zu brand¬<lb/>
marken, dasz er sie unter Strafe stellt.</p>
            <p xml:id="ID_152" next="#ID_153"> Hier hätte der Reichstag eine dankbare<lb/>
Aufgabe, die im Neichsjustizamte unterlassene<lb/>
.Kommissionsarbeit zu ergänzen.  Er könnte</p>
            <cb/><lb/>
            <p xml:id="ID_153" prev="#ID_152"> dem Gesetzentwurf einen Paragraphen etwa<lb/>
folgenden Inhalts einverleiben:</p>
            <p xml:id="ID_154"> &#x201E;Wer um Vorteile oder Gewinnes willen<lb/>
wahrsagt, gesundbetet oder die Leichtgläubigkeit<lb/>
des Publikums auf ähnliche Weise mißbraucht,<lb/>
wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder<lb/>
mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark bestraft."<lb/>
Landgerichtsrat Dr. Ernst Sontag in Berlin</p>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Frauenbewegung</head>
            <p xml:id="ID_155"> Altmann - Gottheiner, or. Elisabeth:<lb/>
Jahrbuch der Frauenbewegung. Im Auftrage<lb/>
des Bundes Deutscher Frauenvereine heraus¬<lb/>
gegeben. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig<lb/>
und Berlin.  Jeder Band gebunden 3 Mark.</p>
            <p xml:id="ID_156" next="#ID_157"> Seit zwei Jahren gibt die über eine<lb/>
halbe Million Mitglieder umfassende Organi¬<lb/>
sation der interkonfessionellen bürgerlichen<lb/>
Frauenbewegung, der sogenannte Bund Deut¬<lb/>
scher Frauenvereine ein &#x201E;Jahrbuch der Frauen¬<lb/>
bewegung" heraus, das die Aufgabe hat,<lb/>
über die verschiedenartigen Arbeitsgebiete der<lb/>
Frau, sowie über die Fortschritte der organi¬<lb/>
sierten Frauenbewegung zu orientieren. Nun¬<lb/>
mehr liegt der dritte für das Jahr 1914</p>
            <cb type="end"/><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0059] Maßgebliches mit Uinnaßgebliches gemäßen und rechtzeitigen Behandlung durch den Arzt, den berufenen Hüter der Gesundheit des Volkes, entzogen werden/' Besteht aber eine solche Gefährdung öffent¬ licher Interessen durch die Auswüchse des Aberglaubens — und an ihrem Bestehen kann kein Einsichtiger meines Erachtens zweifeln —, so hat auch der Gesetzgeber die Pflicht, mit der stärksten ihm zu Gebote stehenden Waffe, der Strafrechtsbestimmung zum Schutze der gefährdeten Interessen einzugreifen. DieStraf- rechtsbestimmung hat auch eine nicht zu unterschätzende Wirkung als Erziehungsfaktor; denn gerade in der Neuzeit bestimmt sich im Bolle die Anschauung darüber, was gut und böse, was sittlich und unsittlich ist, immer mehr danach, ob eS mit Strafe bedroht ist oder nicht. So hat der Gesetzgeber des neuen Reichsstrafgesetzbuches meines Erachtens die Pflicht, Gesundbeterei, Wahrsagerei, Zauberei u. tgi. dadurch auch als unsittlich zu brand¬ marken, dasz er sie unter Strafe stellt. Hier hätte der Reichstag eine dankbare Aufgabe, die im Neichsjustizamte unterlassene .Kommissionsarbeit zu ergänzen. Er könnte dem Gesetzentwurf einen Paragraphen etwa folgenden Inhalts einverleiben: „Wer um Vorteile oder Gewinnes willen wahrsagt, gesundbetet oder die Leichtgläubigkeit des Publikums auf ähnliche Weise mißbraucht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark bestraft." Landgerichtsrat Dr. Ernst Sontag in Berlin Frauenbewegung Altmann - Gottheiner, or. Elisabeth: Jahrbuch der Frauenbewegung. Im Auftrage des Bundes Deutscher Frauenvereine heraus¬ gegeben. Verlag von B. G. Teubner in Leipzig und Berlin. Jeder Band gebunden 3 Mark. Seit zwei Jahren gibt die über eine halbe Million Mitglieder umfassende Organi¬ sation der interkonfessionellen bürgerlichen Frauenbewegung, der sogenannte Bund Deut¬ scher Frauenvereine ein „Jahrbuch der Frauen¬ bewegung" heraus, das die Aufgabe hat, über die verschiedenartigen Arbeitsgebiete der Frau, sowie über die Fortschritte der organi¬ sierten Frauenbewegung zu orientieren. Nun¬ mehr liegt der dritte für das Jahr 1914

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/59
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/59>, abgerufen am 01.01.2025.