Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Victor Blüthgen weißer reibend. "Sie schlägt kein Kreuz und betet nicht den Rosenkranz; aber Sebastian antwortete nicht. Er griff nach seinem schwarzen Rock, den er (Fortsetzung folgt) Victor Vlüthgen Zu seinem siebzigsten Geburtstage v Hanns Martin Elfter on in an soll Jubiläen nicht dazu benutzen, das Werk des Gefeierten über Victor Bluthgen ist im Riesenlande der Kunst geWitz nur der Fürst eines Am Beginn seines Schaffens waren Ernst Scherenberg und Ludwig Salomon Victor Blüthgen weißer reibend. „Sie schlägt kein Kreuz und betet nicht den Rosenkranz; aber Sebastian antwortete nicht. Er griff nach seinem schwarzen Rock, den er (Fortsetzung folgt) Victor Vlüthgen Zu seinem siebzigsten Geburtstage v Hanns Martin Elfter on in an soll Jubiläen nicht dazu benutzen, das Werk des Gefeierten über Victor Bluthgen ist im Riesenlande der Kunst geWitz nur der Fürst eines Am Beginn seines Schaffens waren Ernst Scherenberg und Ludwig Salomon <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327516"/> <fw type="header" place="top"> Victor Blüthgen</fw><lb/> <p xml:id="ID_116" prev="#ID_115"> weißer reibend. „Sie schlägt kein Kreuz und betet nicht den Rosenkranz; aber<lb/> Hexen tun das wohl auch nit?"</p><lb/> <p xml:id="ID_117"> Sebastian antwortete nicht. Er griff nach seinem schwarzen Rock, den er<lb/> der Schonsamkeit wegen im Zimmer nicht trug, zog ihn an, setzte seinen Hut<lb/> auf und lief so eilig er konnte zu Herrn Michael Kohlbaum. Der war Stadt¬<lb/> pfarrer von Mayen und ein guter älterer Mann, der gern die Elenden und<lb/> Kranken tröstete, dabei aber auch ein Glas Wein nicht verachtete und ungern<lb/> hungerte. Sebastian verachtete ihn ein wenig. Erstens deshalb, weil er von<lb/> einfacher Herkunft war und dann auch, weil er in feinen Augen nicht eifrig<lb/> genug war und manchmal die Augen schloß, wo er sie hätte weit offen lassen<lb/> müssen. Und weil Sebastian plötzlich die Angst empfand, hier könnte der ehr¬<lb/> würdige Herr beide Augen schließen, da läutete er schon nach wenigen Minuten<lb/> an der Tür des Pfarramtes und ließ sich von der Schaffnerin zum Pfarrer führen.</p><lb/> <p xml:id="ID_118"> (Fortsetzung folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Victor Vlüthgen<lb/> Zu seinem siebzigsten Geburtstage v<note type="byline"> Hanns Martin Elfter </note> on in</head><lb/> <p xml:id="ID_119"> an soll Jubiläen nicht dazu benutzen, das Werk des Gefeierten über<lb/> Gebühr zu preisen und zu erheben. Denn man kann auch durch<lb/> die herrlichsten Redewendungen nicht den Beherrscher eines kleinen<lb/> Staates plötzlich zum König einer Großmacht machen. Alles, was<lb/> Jubiläen vollbringen können und als ihre Aufgabe betrachten müssen,<lb/> ist, ausgleichende Gerechtigkeit walten lassen, also die Gerechtigkeit, die das in der<lb/> Vergangenheit vielleicht geschehene Unrecht wieder gut macht, die die Gegenwart<lb/> in das richtige Verhältnis zum Schaffen des Jubiläumskindes rückt und für die<lb/> Zukunft ein unvoreingenommenes, klares Tatsachenurteil vorbereitet.</p><lb/> <p xml:id="ID_120"> Victor Bluthgen ist im Riesenlande der Kunst geWitz nur der Fürst eines<lb/> Kleinstaates. Er gehört in die Reihe der Heinrich Seidel, Wilhelm Busch, Johannes<lb/> Trojan, Julius Lohmeyer, Julius Stinte. Aber wie deren Werk, obwohl aus<lb/> dem Gedanken, der jeweiligen Gegenwart genug zu tun, entsprungen, auch ihre<lb/> Zeit überdauert, wie deren Werk für das Volk Wert und Glanz hat und zum Teil<lb/> noch behält, so auch manches aus dem umfangreichen Schaffen des heute siebenzig-<lb/> jähriger, der als Lyriker eine Hervorhebung von Kunst wegen verdient.</p><lb/> <p xml:id="ID_121" next="#ID_122"> Am Beginn seines Schaffens waren Ernst Scherenberg und Ludwig Salomon<lb/> seine Lehrer und Meister. Sie vertraten das Ideal einer mehr zeitlosen Kunst,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
Victor Blüthgen
weißer reibend. „Sie schlägt kein Kreuz und betet nicht den Rosenkranz; aber
Hexen tun das wohl auch nit?"
Sebastian antwortete nicht. Er griff nach seinem schwarzen Rock, den er
der Schonsamkeit wegen im Zimmer nicht trug, zog ihn an, setzte seinen Hut
auf und lief so eilig er konnte zu Herrn Michael Kohlbaum. Der war Stadt¬
pfarrer von Mayen und ein guter älterer Mann, der gern die Elenden und
Kranken tröstete, dabei aber auch ein Glas Wein nicht verachtete und ungern
hungerte. Sebastian verachtete ihn ein wenig. Erstens deshalb, weil er von
einfacher Herkunft war und dann auch, weil er in feinen Augen nicht eifrig
genug war und manchmal die Augen schloß, wo er sie hätte weit offen lassen
müssen. Und weil Sebastian plötzlich die Angst empfand, hier könnte der ehr¬
würdige Herr beide Augen schließen, da läutete er schon nach wenigen Minuten
an der Tür des Pfarramtes und ließ sich von der Schaffnerin zum Pfarrer führen.
(Fortsetzung folgt)
Victor Vlüthgen
Zu seinem siebzigsten Geburtstage v Hanns Martin Elfter on in
an soll Jubiläen nicht dazu benutzen, das Werk des Gefeierten über
Gebühr zu preisen und zu erheben. Denn man kann auch durch
die herrlichsten Redewendungen nicht den Beherrscher eines kleinen
Staates plötzlich zum König einer Großmacht machen. Alles, was
Jubiläen vollbringen können und als ihre Aufgabe betrachten müssen,
ist, ausgleichende Gerechtigkeit walten lassen, also die Gerechtigkeit, die das in der
Vergangenheit vielleicht geschehene Unrecht wieder gut macht, die die Gegenwart
in das richtige Verhältnis zum Schaffen des Jubiläumskindes rückt und für die
Zukunft ein unvoreingenommenes, klares Tatsachenurteil vorbereitet.
Victor Bluthgen ist im Riesenlande der Kunst geWitz nur der Fürst eines
Kleinstaates. Er gehört in die Reihe der Heinrich Seidel, Wilhelm Busch, Johannes
Trojan, Julius Lohmeyer, Julius Stinte. Aber wie deren Werk, obwohl aus
dem Gedanken, der jeweiligen Gegenwart genug zu tun, entsprungen, auch ihre
Zeit überdauert, wie deren Werk für das Volk Wert und Glanz hat und zum Teil
noch behält, so auch manches aus dem umfangreichen Schaffen des heute siebenzig-
jähriger, der als Lyriker eine Hervorhebung von Kunst wegen verdient.
Am Beginn seines Schaffens waren Ernst Scherenberg und Ludwig Salomon
seine Lehrer und Meister. Sie vertraten das Ideal einer mehr zeitlosen Kunst,
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