Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mciyen mit Wasser gefüllten Gefäß hin und Herschossen. Der Fischer hatte ihr einen "War mein Fischer hier?" fragte sie Heilwig, und diese konnte nur auf "Ich sollte ihn Euch vielleicht geben, aber ich konnte ihn nicht verstehen!" Die Frau, sehr einfach gekleidet, aber von aufrechter Haltung, maß sie mit "Ihr gehört zu den Braunschweigern?" "Ich bin aus Holstein!" entgegnete Heilwig rasch, und die andere lächelte "Für uns ist es einerlei, ob Ihr aus einem oder dem anderen Lande "Von dem Lohn weiß ich nichts, wollt Ihr Eure Fische nehmen, Frau?" Heilwig hielt noch den Eimer in der Hand, und die Frau griff nach ihm. "Verzeiht, wenn ich Euch beschwerte, nicht allein nach den Fischen "Sie war wohl eine Spionin und hat den Herzog von Holstein hinter- "Das mag schon sein, aber sie ist dumm und abergläubisch, man muß ihr "Auch mir wollte sie schaden. Ich war Gefangene im Mayen und Die Frau betrachtete sie aufmerksam. "Also Ihr seid die Hexe, die man damals im Mayener Turm festhielt? Heilwig stand unschlüssig. "Seine Gnaden haben ein Bankett im Kloster, vielleicht läßt er sich nicht "Wohin ist die Finn gekommen, die heute eingebracht wurde?" Der Mann deutete vor sich. Die Hexe von Mciyen mit Wasser gefüllten Gefäß hin und Herschossen. Der Fischer hatte ihr einen „War mein Fischer hier?" fragte sie Heilwig, und diese konnte nur auf „Ich sollte ihn Euch vielleicht geben, aber ich konnte ihn nicht verstehen!" Die Frau, sehr einfach gekleidet, aber von aufrechter Haltung, maß sie mit „Ihr gehört zu den Braunschweigern?" „Ich bin aus Holstein!" entgegnete Heilwig rasch, und die andere lächelte „Für uns ist es einerlei, ob Ihr aus einem oder dem anderen Lande „Von dem Lohn weiß ich nichts, wollt Ihr Eure Fische nehmen, Frau?" Heilwig hielt noch den Eimer in der Hand, und die Frau griff nach ihm. „Verzeiht, wenn ich Euch beschwerte, nicht allein nach den Fischen „Sie war wohl eine Spionin und hat den Herzog von Holstein hinter- „Das mag schon sein, aber sie ist dumm und abergläubisch, man muß ihr „Auch mir wollte sie schaden. Ich war Gefangene im Mayen und Die Frau betrachtete sie aufmerksam. „Also Ihr seid die Hexe, die man damals im Mayener Turm festhielt? Heilwig stand unschlüssig. „Seine Gnaden haben ein Bankett im Kloster, vielleicht läßt er sich nicht „Wohin ist die Finn gekommen, die heute eingebracht wurde?" Der Mann deutete vor sich. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0473" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327939"/> <fw type="header" place="top"> Die Hexe von Mciyen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2210" prev="#ID_2209"> mit Wasser gefüllten Gefäß hin und Herschossen. 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Die Hexe von Mciyen
mit Wasser gefüllten Gefäß hin und Herschossen. Der Fischer hatte ihr einen
Austrag gegeben: soviel meinte sie verstanden zu haben: aber was sollte sie
tun? Da kam eine Frau vom Waldrand her, die mit raschen Schritten auf
sie zukam.
„War mein Fischer hier?" fragte sie Heilwig, und diese konnte nur auf
den Eimer mit Fischen deuten.
„Ich sollte ihn Euch vielleicht geben, aber ich konnte ihn nicht verstehen!"
Die Frau, sehr einfach gekleidet, aber von aufrechter Haltung, maß sie mit
prüfendem Blick.
„Ihr gehört zu den Braunschweigern?"
„Ich bin aus Holstein!" entgegnete Heilwig rasch, und die andere lächelte
ein wenig.
„Für uns ist es einerlei, ob Ihr aus einem oder dem anderen Lande
seid, Ihr sollt uns vor den Franzosen beschützen und dafür erhaltet Ihr Lohn
in blanken Goldtalern!"
„Von dem Lohn weiß ich nichts, wollt Ihr Eure Fische nehmen, Frau?"
Heilwig hielt noch den Eimer in der Hand, und die Frau griff nach ihm.
„Verzeiht, wenn ich Euch beschwerte, nicht allein nach den Fischen
wollte ich sehen, sondern nach einem Weib, das von den Braunschweigern ein¬
gebracht ist. Sie heißt Grill und ist aus Mayen. Manche Botengänge
besorgte sie für mich, und vier Kinder warten auf sie, nun soll sie gehängt
werden!"
„Sie war wohl eine Spionin und hat den Herzog von Holstein hinter-
gangen I"
„Das mag schon sein, aber sie ist dumm und abergläubisch, man muß ihr
die Sünde nicht allzuhoch anrechnen. Wenn Ihr aus Holstein seid, werdet Ihr
den Herzog kennen und für die arme Sünderin bitten können!"
„Auch mir wollte sie schaden. Ich war Gefangene im Mayen und
wollte damals nach Laach geführt werden, aber sie brachte mich nach Ander-
nach ins Lager der Soldaten. Es war zu meinem Heile, aber sie hatte den
Hosen Willen!"
Die Frau betrachtete sie aufmerksam.
„Also Ihr seid die Hexe, die man damals im Mayener Turm festhielt?
So wißt Ihr, wie es tut, der Freiheit zu entbehren und werdet doppelt gern
bitten für eine Verführte und Verstörte. Ich bin Frau Ursula von Bremer,
bringt mich zu Eurem Herzog, daß ich selbst mit ihm rede."
Heilwig stand unschlüssig.
„Seine Gnaden haben ein Bankett im Kloster, vielleicht läßt er sich nicht
sprechen. Aber ich will versuchen —" sie winkte einem Reiter, der sein Pferd
am Halfter führte.
„Wohin ist die Finn gekommen, die heute eingebracht wurde?"
Der Mann deutete vor sich.
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