Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mayen "Verzeiht. Herr! Aber man kriegt hier nicht gerade gute Manieren!" "Ihr seid ein Herr von Sehestedt?" fragte der Abt, und als Jostas "Ein Herr von Sehestedt ist jetzt auch in unserem Kloster. Er hat den Jostas blieb stehen. "Gottes Tod, Herr, meine Base Heilwig ist hier bei uns im Lager und Er war so aufgeregt, daß er den Abt fast umarmte, was dieser sich mit "Ja, er ist bei uns und ich freue mich von Herzen, daß diese große "War sie auch! In Manen, wo diese Papisten sie für eine Hexe hielten. Der Abt richtete sich noch mehr in die Höhe. "Ihr vergeßt, Junker, daß auch ich ein Papist bin, wie Ihr es zu nennen "Oder auch mit dem Franzosenkönig, der immer auf feiten der Evan¬ Der Abt sah ihn freundlich an. "Wir wollen uns nicht streiten, Junker! Ich weiß wohl, daß auch Ihr "Vor den Katholischen!" rief Jostas, aber der andere achtete nicht auf Nicht ganz lange dachte Jostas an diese Dinge. Er wußte, wenn das Die Hexe von Mayen „Verzeiht. Herr! Aber man kriegt hier nicht gerade gute Manieren!" „Ihr seid ein Herr von Sehestedt?" fragte der Abt, und als Jostas „Ein Herr von Sehestedt ist jetzt auch in unserem Kloster. Er hat den Jostas blieb stehen. „Gottes Tod, Herr, meine Base Heilwig ist hier bei uns im Lager und Er war so aufgeregt, daß er den Abt fast umarmte, was dieser sich mit „Ja, er ist bei uns und ich freue mich von Herzen, daß diese große „War sie auch! In Manen, wo diese Papisten sie für eine Hexe hielten. Der Abt richtete sich noch mehr in die Höhe. „Ihr vergeßt, Junker, daß auch ich ein Papist bin, wie Ihr es zu nennen „Oder auch mit dem Franzosenkönig, der immer auf feiten der Evan¬ Der Abt sah ihn freundlich an. „Wir wollen uns nicht streiten, Junker! Ich weiß wohl, daß auch Ihr „Vor den Katholischen!" rief Jostas, aber der andere achtete nicht auf Nicht ganz lange dachte Jostas an diese Dinge. 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Die Hexe von Mayen
„Verzeiht. Herr! Aber man kriegt hier nicht gerade gute Manieren!"
„Ihr seid ein Herr von Sehestedt?" fragte der Abt, und als Jostas
bejahte, setzte er hinzu.
„Ein Herr von Sehestedt ist jetzt auch in unserem Kloster. Er hat den
Schmerz gehabt, seine Tochter durch Räuber zu verlieren, aber wir hoffen —"
Jostas blieb stehen.
„Gottes Tod, Herr, meine Base Heilwig ist hier bei uns im Lager und
der Herr von Sehestedt wird wohl der Staatsrat sein, der im Haag war."
Er war so aufgeregt, daß er den Abt fast umarmte, was dieser sich mit
einem gutmütigen Lächeln gefallen ließ.
„Ja, er ist bei uns und ich freue mich von Herzen, daß diese große
Sorge von ihm genommen ist. Einmal hörten wir. sie wäre irgendwo in
Gefangenschaft —"
„War sie auch! In Manen, wo diese Papisten sie für eine Hexe hielten.
So dumm, wie die Menschen hier sind!"
Der Abt richtete sich noch mehr in die Höhe.
„Ihr vergeßt, Junker, daß auch ich ein Papist bin, wie Ihr es zu nennen
beliebt. Allerdings will ich zugeben, daß manche arme Seele in unserem Lande
viel Böses denen zutraut, die einen anderen Glauben haben. Wundern darf
man sich darüber nicht, denn es ist doch die Glaubensverwirrung gewesen, die
uns allen so viel Leid brachte. Euer Luther mag sich deswegen mit dem Herr¬
gott auseinandersetzen."
„Oder auch mit dem Franzosenkönig, der immer auf feiten der Evan¬
gelischen kämpfte!" rief Jostas hitzig.
Der Abt sah ihn freundlich an.
„Wir wollen uns nicht streiten, Junker! Ich weiß wohl, daß auch Ihr
es gut meint und daß Ihr fromme Christen sein wollt. Bewahret mir nur
mein Kloster —"
„Vor den Katholischen!" rief Jostas, aber der andere achtete nicht auf
diesen Einwurf, sondern bat, vor die Herzöge von Hannover geführt zu werden.
Hier erhielt er sogleich Audienz; beide Welsen waren sehr gnädig, und Jostas
wurde bedeutet, auch seinen Herrn zu den Beratungen, die jetzt gepflogen
wurden, zu rufen. Dies war zwar nur eine Höflichkeit, Jostas wußte es
wohl, aber es tat ihm doch gut. Die Herren wußten auch, daß es keinen
besseren Draufgänger gab als den Plöner Herzog, und da ihn bis dahin noch
keine Kugel getroffen hatte, so galt er außerdem für kugelfest. Gerade, wie
der Luxemburger auf französischer Seite.
Nicht ganz lange dachte Jostas an diese Dinge. Er wußte, wenn das
Losschlagen begann, dann war er dabei, ebenso wie der Rantzau, der Qualen
und der Ahlefeldt. die mit dem Herzog waren. Jetzt wollte er zu seiner Base
und ihr die gute Botschaft von ihrem Vater berichten. Nun konnten die zwei
sich finden und vielleicht gemeinsam nach Haus reisen.
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