Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Hexe von Mayen an seine Frau Gemahlin geschrieben, was bei ihm immer ein Zeichen der Reue Diesmal aber irrte sich der Junker in bezug auf seinen Herrn. Zwar Hans Adolf ging mit großen Schritten in seinem Zelt hin und her, und "Seid Ihr gewiß, daß das Weib. Grill genannt, mich wieder ver¬ Frau von Kolben erhob die Hand. "Gnädiger Herr, ich kann es beschwören. Meine Magd ist eine Base von Ihre Stimme wurde unklar vor Erregung, und der Herzog brummte einen "Sackerlot, Frau Kolben, es ist mir leid um Euren Bruder, aber ich "Es ist wahr," versicherte Frau von Kolben. "Der Feind kommt über "Wäret Ihr einmal im Kloster, edle Frau, und sind dort viele Schätze zu ^
Die Hexe von Mayen an seine Frau Gemahlin geschrieben, was bei ihm immer ein Zeichen der Reue Diesmal aber irrte sich der Junker in bezug auf seinen Herrn. Zwar Hans Adolf ging mit großen Schritten in seinem Zelt hin und her, und „Seid Ihr gewiß, daß das Weib. Grill genannt, mich wieder ver¬ Frau von Kolben erhob die Hand. „Gnädiger Herr, ich kann es beschwören. Meine Magd ist eine Base von Ihre Stimme wurde unklar vor Erregung, und der Herzog brummte einen „Sackerlot, Frau Kolben, es ist mir leid um Euren Bruder, aber ich „Es ist wahr," versicherte Frau von Kolben. „Der Feind kommt über „Wäret Ihr einmal im Kloster, edle Frau, und sind dort viele Schätze zu ^
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0382" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327848"/> <fw type="header" place="top"> Die Hexe von Mayen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1790" prev="#ID_1789"> an seine Frau Gemahlin geschrieben, was bei ihm immer ein Zeichen der Reue<lb/> und der innern Einkehr war; aber jetzt schien er wieder Freude an einem<lb/> rheinischen Fräulein zu haben. Nun. Josias Sehestedt gönnte ihm alles. —<lb/> Wie Junker Rantzau kam und ihm von einem Faß Johannisberger berichtete,<lb/> das der Kurfürst an einen der Welfenherzöge geschickt hatte und das nun aus¬<lb/> getrunken werden sollte, da versprach ihm Josias, sobald wie möglich in das<lb/> Zelt eines der Braunschweiger zu kommen, wo ein fröhliches Gelage abgehalten<lb/> werden sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1791"> Diesmal aber irrte sich der Junker in bezug auf seinen Herrn. Zwar<lb/> hatte er Besuch von einer Dame, und es war eine ansehnliche und hübsche Frau,<lb/> aber es war von Galanterie nicht die Rede.</p><lb/> <p xml:id="ID_1792"> Hans Adolf ging mit großen Schritten in seinem Zelt hin und her, und<lb/> hatte der edlen Frau von Kolben gewinkt, daß sie auf einem Sessel Platz<lb/> nehmen sollte. War sie doch sehr verweint, und ihr Antlitz trug die Spuren<lb/> großen Kummers. Sie hatte eine ziemlich lange Erzählung schluchzend vor¬<lb/> gebracht, saß jetzt mit gefalteten Händen und wartete auf eine Äußerung des<lb/> Fürsten. Der aber ging noch eine Weile hin und her, wickelte sein langes<lb/> Haar um die Hand, wie es seine Angewohnheit war, und stellte sich dann vor<lb/> seinen Besuch.</p><lb/> <p xml:id="ID_1793"> „Seid Ihr gewiß, daß das Weib. Grill genannt, mich wieder ver¬<lb/> raten hat?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1794"> Frau von Kolben erhob die Hand.</p><lb/> <p xml:id="ID_1795"> „Gnädiger Herr, ich kann es beschwören. Meine Magd ist eine Base von<lb/> ihr, und der gegenüber hat sie sich gebrüstet, daß sie dem Ketzer seine Taler<lb/> aus der Tasche geholt habe und die Stadt doch den Franzosen überliesere, wie<lb/> sie es einmal versprach. Vorgestern Abend ist sie noch in meinem Hause ge¬<lb/> wesen, gerade damals, wie ich den bösen Traum hatte von meinem viellieben<lb/> Bruder. So daß ich es am anderen Tag nicht mehr ertragen konnte und<lb/> einen zuverlässigen Mann gen Mayen schickte, wo dieser dann das Entsetzliche<lb/> erfuhr, daß mein Bruder im Turm liegt. Wegen Zauberei und wegen einer<lb/> Hexe, der er aus der Stadt geholfen, soll er bald hingerichtet werden!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1796"> Ihre Stimme wurde unklar vor Erregung, und der Herzog brummte einen<lb/> Fluch vor sich hin.</p><lb/> <p xml:id="ID_1797"> „Sackerlot, Frau Kolben, es ist mir leid um Euren Bruder, aber ich<lb/> denke mehr an die Franzen, die in diesen Tagen auf Manen gehen und dann<lb/> auch noch nach dem Kloster Laach wollen, wo sie Schätze zu finden hoffen.<lb/> Wenn es wahr ist —"</p><lb/> <p xml:id="ID_1798"> „Es ist wahr," versicherte Frau von Kolben. „Der Feind kommt über<lb/> Gerolstein und Monreal, plündert und brennt, was ihm in den Weg kommt<lb/> und wendet sich, wenn er Mayen eingenommen, sogleich nach Laach."</p><lb/> <p xml:id="ID_1799"> „Wäret Ihr einmal im Kloster, edle Frau, und sind dort viele Schätze zu<lb/> finden?" fragte der Herzog, und die Schwester Sebastians drehte an ihrem Sacktuch.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> ^</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0382]
Die Hexe von Mayen
an seine Frau Gemahlin geschrieben, was bei ihm immer ein Zeichen der Reue
und der innern Einkehr war; aber jetzt schien er wieder Freude an einem
rheinischen Fräulein zu haben. Nun. Josias Sehestedt gönnte ihm alles. —
Wie Junker Rantzau kam und ihm von einem Faß Johannisberger berichtete,
das der Kurfürst an einen der Welfenherzöge geschickt hatte und das nun aus¬
getrunken werden sollte, da versprach ihm Josias, sobald wie möglich in das
Zelt eines der Braunschweiger zu kommen, wo ein fröhliches Gelage abgehalten
werden sollte.
Diesmal aber irrte sich der Junker in bezug auf seinen Herrn. Zwar
hatte er Besuch von einer Dame, und es war eine ansehnliche und hübsche Frau,
aber es war von Galanterie nicht die Rede.
Hans Adolf ging mit großen Schritten in seinem Zelt hin und her, und
hatte der edlen Frau von Kolben gewinkt, daß sie auf einem Sessel Platz
nehmen sollte. War sie doch sehr verweint, und ihr Antlitz trug die Spuren
großen Kummers. Sie hatte eine ziemlich lange Erzählung schluchzend vor¬
gebracht, saß jetzt mit gefalteten Händen und wartete auf eine Äußerung des
Fürsten. Der aber ging noch eine Weile hin und her, wickelte sein langes
Haar um die Hand, wie es seine Angewohnheit war, und stellte sich dann vor
seinen Besuch.
„Seid Ihr gewiß, daß das Weib. Grill genannt, mich wieder ver¬
raten hat?"
Frau von Kolben erhob die Hand.
„Gnädiger Herr, ich kann es beschwören. Meine Magd ist eine Base von
ihr, und der gegenüber hat sie sich gebrüstet, daß sie dem Ketzer seine Taler
aus der Tasche geholt habe und die Stadt doch den Franzosen überliesere, wie
sie es einmal versprach. Vorgestern Abend ist sie noch in meinem Hause ge¬
wesen, gerade damals, wie ich den bösen Traum hatte von meinem viellieben
Bruder. So daß ich es am anderen Tag nicht mehr ertragen konnte und
einen zuverlässigen Mann gen Mayen schickte, wo dieser dann das Entsetzliche
erfuhr, daß mein Bruder im Turm liegt. Wegen Zauberei und wegen einer
Hexe, der er aus der Stadt geholfen, soll er bald hingerichtet werden!"
Ihre Stimme wurde unklar vor Erregung, und der Herzog brummte einen
Fluch vor sich hin.
„Sackerlot, Frau Kolben, es ist mir leid um Euren Bruder, aber ich
denke mehr an die Franzen, die in diesen Tagen auf Manen gehen und dann
auch noch nach dem Kloster Laach wollen, wo sie Schätze zu finden hoffen.
Wenn es wahr ist —"
„Es ist wahr," versicherte Frau von Kolben. „Der Feind kommt über
Gerolstein und Monreal, plündert und brennt, was ihm in den Weg kommt
und wendet sich, wenn er Mayen eingenommen, sogleich nach Laach."
„Wäret Ihr einmal im Kloster, edle Frau, und sind dort viele Schätze zu
finden?" fragte der Herzog, und die Schwester Sebastians drehte an ihrem Sacktuch.
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