Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Aabinettsorder vom Jahre ->?98 Schon acht Tage nach dem angeblichen Veröffentlichungsdatum konnte man "Die Geraer Zeitung hat im 1. Bande 3ten Stücks vom v. Möllendorff." Viel genutzt hat oiese öffentliche Bekanntmachung nicht. Im Mai 1845 -) Staatsarchiv Breslau; Rep. 199. M. N. VII, Ur. 106.
Die Aabinettsorder vom Jahre ->?98 Schon acht Tage nach dem angeblichen Veröffentlichungsdatum konnte man „Die Geraer Zeitung hat im 1. Bande 3ten Stücks vom v. Möllendorff." Viel genutzt hat oiese öffentliche Bekanntmachung nicht. Im Mai 1845 -) Staatsarchiv Breslau; Rep. 199. M. N. VII, Ur. 106.
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Die Aabinettsorder vom Jahre ->?98
Schon acht Tage nach dem angeblichen Veröffentlichungsdatum konnte man
diese Kabinettsorder in der Geraer Zeitung vom 9. Januar 1793 lesen. Sie
muß sehr rasch allgemein bekannt geworden sein*), denn bereits wenige Tage
danach fühlte sich der Breslauer Stadtdirektor Senfft von Pillsach beunruhigt;
und da er fürchtete, „daß die gute Harmonie, welche gegenwärtig unter dem
Militaire und Civile wieder ziemlich hergestellet war, leicht wieder unterbrochen
werden könnte," bat er den Minister Schlesiens, den Grafen von Hoya, um
Aufklärung darüber, ob diese Kabinettsorder, die von den Bürgern Breslaus
für echt, von dem Militär aber für gefälscht gehalten wurde, vom Könige tat¬
sächlich erlassen worden sei. Der Minister konnte ihm den beruhigenden Bescheid
zuteil werden lassen, daß „dieses Stück von irgend einem Ruhestörer fabricieret
worden ist" und gab dem Stadtdirektor den Auftrag, „der Aechtheit besagter
Kabinets-Order ganz dreist zu wiedersprechen." Die in Breslau und Berlin
angestellten Untersuchungen über den Ursprung der Fälschung führten zu keinem
Ergebnis, jedoch sah sich der Gouverneur von Berlin, Generalfeldmarschall
von Möllendorff, veranlaßt, in der Vosstschen Zeitung am 3. Februar 1798
(Ur. 15) folgendes bekanntzugeben:
„Die Geraer Zeitung hat im 1. Bande 3ten Stücks vom
9. Januar d. I. ein angebliches an mich gerichtetes Cabinetsschreiben
Sr. Majestät des Königs aufgenommen, worin von den Verhältnissen
des Militair- und Civilstandes die Rede ist. Preußische Unterthanen,
und jeder, der die Gesinnungen Sr. Majestät des Königs und die
Verfassung des Preußischen Staates kennt, wird sich bei Lesung dieses
Schreibens von selbst überzeugen, daß solches nicht aus der Feder
Sr. Majestät geflossen seyn könne: Damit aber das auswärtige
Publikum, dem die hiesigen Verhältnisse weniger bekannt sind, durch
die Publizität, welches die Geraer Zeitung gedachtem Schreiben ge¬
geben hat, nicht getäuscht werde, so mache ich hierdurch öffentlich bekannt,
daß solches gänzlich erdichtet sey. Berlin, den 31sten Januar 1798.
v. Möllendorff."
Viel genutzt hat oiese öffentliche Bekanntmachung nicht. Im Mai 1845
brachten die Berliner Zeitungen abermals den Wortlaut der Kabinettsorder, in
dem guten Glauben, es mit einer tatsächlichen Willensäußerung des verstorbenen
Königs zu tun zu haben. Der damalige Kriegsminister von Boyen stellte in den
Archiven Nachforschungen nach der ihm zweifelhaft erscheinenden Kabinettsorder
an und konnte ermitteln, daß es sich um eine Fälschung handelte, es scheint
ihm jedoch widerstrebt zu haben, das Ergebnis seiner Untersuchungen bekannt¬
zugeben. Daß in dem Revolutionsjahre 184.8 von der Kabinettsorder wieder
reichlich Gebrauch gemacht wurde, ist nicht weiter verwunderlich. Anfang
August 1848 war es in Schweidnitz zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen
-) Staatsarchiv Breslau; Rep. 199. M. N. VII, Ur. 106.
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