Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.Die Neugestaltung des deutschen Iivilprozesses und das Versäumnisurteil lediglich die Stelle des Zahlungsbefehls vertritt, der Ferner schlägt Lobe vor. daß das Gericht erster Instanz auch im Falle der Die Revision wird von Lobe als weiteres notwendiges Rechtsmittel an¬ Die Revision darf wie bisher nur zum Zwecke einer Überprüfung des Die Neugestaltung des deutschen Iivilprozesses und das Versäumnisurteil lediglich die Stelle des Zahlungsbefehls vertritt, der Ferner schlägt Lobe vor. daß das Gericht erster Instanz auch im Falle der Die Revision wird von Lobe als weiteres notwendiges Rechtsmittel an¬ Die Revision darf wie bisher nur zum Zwecke einer Überprüfung des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0324" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327790"/> <fw type="header" place="top"> Die Neugestaltung des deutschen Iivilprozesses</fw><lb/> <p xml:id="ID_1510" prev="#ID_1509"> und das Versäumnisurteil lediglich die Stelle des Zahlungsbefehls vertritt, der<lb/> säumigen Partei nach wie vor der Einspruch zu geben sein. Wollte man nur<lb/> das Rechtsmittel der Berufung zulassen, so würde ohne Not das Gericht<lb/> höherer Instanz in Tätigkeit zu treten haben, wo das den Parteien meist<lb/> bequemere Gericht erster Instanz die gleiche, ihm ohnehin zukommende Arbeit zu<lb/> verrichten hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1511"> Ferner schlägt Lobe vor. daß das Gericht erster Instanz auch im Falle der<lb/> Einlegung der Berufung nochmals tätig werden müßte, nämlich dann, wenn es<lb/> nur über einzelne Angriffs- und Verteidigungsmittel entschieden hat, das<lb/> Berufungsgericht aber dem erstinstanzlichen Urteil im Ergebnis nicht beipflichtet.<lb/> Das Berufungsgericht soll in Anlehnung an Z 539 der jetzigen Zivilproze߬<lb/> ordnung die Befugnis erhalten, den Rechtsstreit in die erste Instanz zurückzu¬<lb/> verweisen. Diesem Vorschlage steht das Bedenken entgegen, daß dann durch<lb/> Einlegung unnötiger Berufungen die endgültige Entscheidung eines Prozesses<lb/> über Gebühr verzögert werden könnte, wie dies schon jetzt in den Fällen häufig<lb/> geschieht, in denen etwa über prozeßhindernde Einreden oder über den Grund<lb/> des Anspruchs vorab entschieden wird. Wenn man indessen berücksichtigt, daß<lb/> das Verfahren gegen den jetzigen Zustand eine ganz erhebliche Beschleunigung<lb/> erfahren soll, so wird dieses Bedenken nicht mehr so sehr schwer ins<lb/> Gewicht fallen. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß es mitunter unbillig<lb/> sein kann, wenn das Berufungsgericht über einen Anspruch entscheidet, wo<lb/> in erster Instanz überhaupt nur einzelne Punkte Gegenstand der Urteilsfindung<lb/> gewesen sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1512"> Die Revision wird von Lobe als weiteres notwendiges Rechtsmittel an¬<lb/> erkannt, ihre Zulassung auch bei geringeren Objekten als bisher empfohlen. Sie<lb/> wäre natürlich auch gegen solche amtsgerichtliche Urteile zu gestatten, welche in<lb/> Prozessen, für die an sich neben dem Amtsgericht das Landgericht zuständig<lb/> gewesen wäre, gefällt worden sind. Lobe wünscht überhaupt im Interesse einer<lb/> einheitlichen Rechtsprechung die Einführung der Revision gegen die Urteile des<lb/> Amtsgerichts, in denen dies nach seinen Vorschlägen als erste Instanz in Frage<lb/> kommt, von einem gewissen Streitwert an.</p><lb/> <p xml:id="ID_1513"> Die Revision darf wie bisher nur zum Zwecke einer Überprüfung des<lb/> Prozesses in rechtlichen Fragen eingelegt werden. Das Verfahren ist ent¬<lb/> sprechend den Anregungen Lobes dahin abzuändern, daß zunächst ein Senat in<lb/> der Besetzung von drei Richtern zu befinden hat, ob sie Aussicht auf Erfolg<lb/> bietet, bei einstimmiger Verneinung dieser Frage aber die Revision durch Beschluß<lb/> zu verwerfen hat. Erst dann bedarf es einer Entscheidung des vollbesetzter<lb/> Senates, die auch ohne mündliche Verhandlung erfolgen kann und nur in<lb/> besonderen Fällen mit schriftlichen Gründen versehen zu werden braucht: wenn<lb/> das Revisionsgericht zu einem anderen Ergebnis als die Vorinstanz kommt,<lb/> wenn besonders wichtige Rechtsgrundsätze ausgesprochen werden oder wenn eine<lb/> Partei schriftliche Begründung erbittet.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0324]
Die Neugestaltung des deutschen Iivilprozesses
und das Versäumnisurteil lediglich die Stelle des Zahlungsbefehls vertritt, der
säumigen Partei nach wie vor der Einspruch zu geben sein. Wollte man nur
das Rechtsmittel der Berufung zulassen, so würde ohne Not das Gericht
höherer Instanz in Tätigkeit zu treten haben, wo das den Parteien meist
bequemere Gericht erster Instanz die gleiche, ihm ohnehin zukommende Arbeit zu
verrichten hat.
Ferner schlägt Lobe vor. daß das Gericht erster Instanz auch im Falle der
Einlegung der Berufung nochmals tätig werden müßte, nämlich dann, wenn es
nur über einzelne Angriffs- und Verteidigungsmittel entschieden hat, das
Berufungsgericht aber dem erstinstanzlichen Urteil im Ergebnis nicht beipflichtet.
Das Berufungsgericht soll in Anlehnung an Z 539 der jetzigen Zivilproze߬
ordnung die Befugnis erhalten, den Rechtsstreit in die erste Instanz zurückzu¬
verweisen. Diesem Vorschlage steht das Bedenken entgegen, daß dann durch
Einlegung unnötiger Berufungen die endgültige Entscheidung eines Prozesses
über Gebühr verzögert werden könnte, wie dies schon jetzt in den Fällen häufig
geschieht, in denen etwa über prozeßhindernde Einreden oder über den Grund
des Anspruchs vorab entschieden wird. Wenn man indessen berücksichtigt, daß
das Verfahren gegen den jetzigen Zustand eine ganz erhebliche Beschleunigung
erfahren soll, so wird dieses Bedenken nicht mehr so sehr schwer ins
Gewicht fallen. Schließlich ist zu berücksichtigen, daß es mitunter unbillig
sein kann, wenn das Berufungsgericht über einen Anspruch entscheidet, wo
in erster Instanz überhaupt nur einzelne Punkte Gegenstand der Urteilsfindung
gewesen sind.
Die Revision wird von Lobe als weiteres notwendiges Rechtsmittel an¬
erkannt, ihre Zulassung auch bei geringeren Objekten als bisher empfohlen. Sie
wäre natürlich auch gegen solche amtsgerichtliche Urteile zu gestatten, welche in
Prozessen, für die an sich neben dem Amtsgericht das Landgericht zuständig
gewesen wäre, gefällt worden sind. Lobe wünscht überhaupt im Interesse einer
einheitlichen Rechtsprechung die Einführung der Revision gegen die Urteile des
Amtsgerichts, in denen dies nach seinen Vorschlägen als erste Instanz in Frage
kommt, von einem gewissen Streitwert an.
Die Revision darf wie bisher nur zum Zwecke einer Überprüfung des
Prozesses in rechtlichen Fragen eingelegt werden. Das Verfahren ist ent¬
sprechend den Anregungen Lobes dahin abzuändern, daß zunächst ein Senat in
der Besetzung von drei Richtern zu befinden hat, ob sie Aussicht auf Erfolg
bietet, bei einstimmiger Verneinung dieser Frage aber die Revision durch Beschluß
zu verwerfen hat. Erst dann bedarf es einer Entscheidung des vollbesetzter
Senates, die auch ohne mündliche Verhandlung erfolgen kann und nur in
besonderen Fällen mit schriftlichen Gründen versehen zu werden braucht: wenn
das Revisionsgericht zu einem anderen Ergebnis als die Vorinstanz kommt,
wenn besonders wichtige Rechtsgrundsätze ausgesprochen werden oder wenn eine
Partei schriftliche Begründung erbittet.
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