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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Aulturgeschichte

Das Jahr 1913. Ein Gesamtbild der
Kulturentwicklung, herausgegeben von Dr.
D. Sarason. B. G. Teubner, Leipzig und
Berlin; in Leinen geb. 15 Mark, in Halbfranz
18 Mark.

"Ein Jahrbuch der Gesamtkultur ist dieses
Werk. Nicht eine Chronik, sondern ein Denk¬
mal der Zeit, die jährlich erneute Darstellung
des kulturellenNiederschlages alles Geschehens"
lauten die ersten Sätze der Einführung durch
den Herausgeber. Was bedeutet dieses Pro¬
gramm?

Wenn der unermeßlich angeschwollene
Wissensstoff unserer Tage von jedem geistigen
Arbeiter eine Spezialisierung fordert auf einer
gesunden allgemeinen Grundlage, wenn aber
anderseits eine auch nur einigermaßen gleich¬
mäßige Kenntnis oder Übersicht der tatsäch¬
lichen Begebenheiten bei der ungeheuren
extensiven und intensiven Ausdehnung der
Lebensgebiete für den einzelnen nur sehr
schwer zu gewinnen ist, so bedeutet die
Schaffung dieses Jahrbuches eine Tat des
Teubnerschen Verlages, die sich würdig an
die Seite stellt der großartigen systematischen
Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur,
wie sie die .Kultur der Gegenwart' desselben
Verlages darbietet. Wird aber dieses noch
nie dagewesene Riesenwerk Wohl nur von
wenigen Auserlesenen in allen seinen Teilen

[Spaltenumbruch]

bewältigt werden können, so ist das neue
Jahrbuch dazu bestimmt, in der Form eines
naturgemäß etwas labilen Querschnitts mit
weit engerer zeitlicher Achse von den ein¬
zelnen ganz aufgenommen zu werden. Auf
diese Weise will es einem jeden dazu helfen,
ein Maximum Persönlicher Kultur und so¬
zialer Leistungsfähigkeit zu erreichen. Es
will dazu helfen, alle Kräfte der Zeit zur
Lösung des höchsten Problems der Menschheit,
des Kulturproblems einzustellen und damit
die Bildungslage der Gesellschaft, deren be¬
denklichen Zustand trotz wirtschaftlicher und
wissenschaftlicher Aufwärtsbewegung der Her¬
ausgeber in der Einführung ausgezeichnet
umschreibt, wesentlich zu heben, indem neue
Formen geschaffen werden, die den verän¬
derten Verhältnissen und Bedürfnissen ent¬
sprechen, uni in der Mannigfaltigkeit der
Zwecke wie der Kräfte den lobendigen Zu¬
sammenhang zu erhalten und schließlich den
Aufbau einer neuen Kultur herbeizuführen.
So will das Buch nicht durch Anhäufung
nebeneinander liegenden Tatsachenmaterials,
durch eine bloß statische Betrachtung, sondern
durch eine Organisation der kulturgeschicht¬
lichen Tätigkeit die Vorstellung der geistigen
Kontinuität erwecken, in anschaulichen Formen
und Bildern die den Tatsachen zugrunde
liegende seelische Bewegung, das seelische
Wesen der Zeit als Ganzes in der großen
gesamtpsychischen Strömung erfassen und ge-

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Aulturgeschichte

Das Jahr 1913. Ein Gesamtbild der
Kulturentwicklung, herausgegeben von Dr.
D. Sarason. B. G. Teubner, Leipzig und
Berlin; in Leinen geb. 15 Mark, in Halbfranz
18 Mark.

„Ein Jahrbuch der Gesamtkultur ist dieses
Werk. Nicht eine Chronik, sondern ein Denk¬
mal der Zeit, die jährlich erneute Darstellung
des kulturellenNiederschlages alles Geschehens"
lauten die ersten Sätze der Einführung durch
den Herausgeber. Was bedeutet dieses Pro¬
gramm?

Wenn der unermeßlich angeschwollene
Wissensstoff unserer Tage von jedem geistigen
Arbeiter eine Spezialisierung fordert auf einer
gesunden allgemeinen Grundlage, wenn aber
anderseits eine auch nur einigermaßen gleich¬
mäßige Kenntnis oder Übersicht der tatsäch¬
lichen Begebenheiten bei der ungeheuren
extensiven und intensiven Ausdehnung der
Lebensgebiete für den einzelnen nur sehr
schwer zu gewinnen ist, so bedeutet die
Schaffung dieses Jahrbuches eine Tat des
Teubnerschen Verlages, die sich würdig an
die Seite stellt der großartigen systematischen
Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur,
wie sie die .Kultur der Gegenwart' desselben
Verlages darbietet. Wird aber dieses noch
nie dagewesene Riesenwerk Wohl nur von
wenigen Auserlesenen in allen seinen Teilen

[Spaltenumbruch]

bewältigt werden können, so ist das neue
Jahrbuch dazu bestimmt, in der Form eines
naturgemäß etwas labilen Querschnitts mit
weit engerer zeitlicher Achse von den ein¬
zelnen ganz aufgenommen zu werden. Auf
diese Weise will es einem jeden dazu helfen,
ein Maximum Persönlicher Kultur und so¬
zialer Leistungsfähigkeit zu erreichen. Es
will dazu helfen, alle Kräfte der Zeit zur
Lösung des höchsten Problems der Menschheit,
des Kulturproblems einzustellen und damit
die Bildungslage der Gesellschaft, deren be¬
denklichen Zustand trotz wirtschaftlicher und
wissenschaftlicher Aufwärtsbewegung der Her¬
ausgeber in der Einführung ausgezeichnet
umschreibt, wesentlich zu heben, indem neue
Formen geschaffen werden, die den verän¬
derten Verhältnissen und Bedürfnissen ent¬
sprechen, uni in der Mannigfaltigkeit der
Zwecke wie der Kräfte den lobendigen Zu¬
sammenhang zu erhalten und schließlich den
Aufbau einer neuen Kultur herbeizuführen.
So will das Buch nicht durch Anhäufung
nebeneinander liegenden Tatsachenmaterials,
durch eine bloß statische Betrachtung, sondern
durch eine Organisation der kulturgeschicht¬
lichen Tätigkeit die Vorstellung der geistigen
Kontinuität erwecken, in anschaulichen Formen
und Bildern die den Tatsachen zugrunde
liegende seelische Bewegung, das seelische
Wesen der Zeit als Ganzes in der großen
gesamtpsychischen Strömung erfassen und ge-

[Ende Spaltensatz]
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[0199] [Abbildung] Maßgebliches und Unmaßgebliches Aulturgeschichte Das Jahr 1913. Ein Gesamtbild der Kulturentwicklung, herausgegeben von Dr. D. Sarason. B. G. Teubner, Leipzig und Berlin; in Leinen geb. 15 Mark, in Halbfranz 18 Mark. „Ein Jahrbuch der Gesamtkultur ist dieses Werk. Nicht eine Chronik, sondern ein Denk¬ mal der Zeit, die jährlich erneute Darstellung des kulturellenNiederschlages alles Geschehens" lauten die ersten Sätze der Einführung durch den Herausgeber. Was bedeutet dieses Pro¬ gramm? Wenn der unermeßlich angeschwollene Wissensstoff unserer Tage von jedem geistigen Arbeiter eine Spezialisierung fordert auf einer gesunden allgemeinen Grundlage, wenn aber anderseits eine auch nur einigermaßen gleich¬ mäßige Kenntnis oder Übersicht der tatsäch¬ lichen Begebenheiten bei der ungeheuren extensiven und intensiven Ausdehnung der Lebensgebiete für den einzelnen nur sehr schwer zu gewinnen ist, so bedeutet die Schaffung dieses Jahrbuches eine Tat des Teubnerschen Verlages, die sich würdig an die Seite stellt der großartigen systematischen Gesamtdarstellung unserer heutigen Kultur, wie sie die .Kultur der Gegenwart' desselben Verlages darbietet. Wird aber dieses noch nie dagewesene Riesenwerk Wohl nur von wenigen Auserlesenen in allen seinen Teilen bewältigt werden können, so ist das neue Jahrbuch dazu bestimmt, in der Form eines naturgemäß etwas labilen Querschnitts mit weit engerer zeitlicher Achse von den ein¬ zelnen ganz aufgenommen zu werden. Auf diese Weise will es einem jeden dazu helfen, ein Maximum Persönlicher Kultur und so¬ zialer Leistungsfähigkeit zu erreichen. Es will dazu helfen, alle Kräfte der Zeit zur Lösung des höchsten Problems der Menschheit, des Kulturproblems einzustellen und damit die Bildungslage der Gesellschaft, deren be¬ denklichen Zustand trotz wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Aufwärtsbewegung der Her¬ ausgeber in der Einführung ausgezeichnet umschreibt, wesentlich zu heben, indem neue Formen geschaffen werden, die den verän¬ derten Verhältnissen und Bedürfnissen ent¬ sprechen, uni in der Mannigfaltigkeit der Zwecke wie der Kräfte den lobendigen Zu¬ sammenhang zu erhalten und schließlich den Aufbau einer neuen Kultur herbeizuführen. So will das Buch nicht durch Anhäufung nebeneinander liegenden Tatsachenmaterials, durch eine bloß statische Betrachtung, sondern durch eine Organisation der kulturgeschicht¬ lichen Tätigkeit die Vorstellung der geistigen Kontinuität erwecken, in anschaulichen Formen und Bildern die den Tatsachen zugrunde liegende seelische Bewegung, das seelische Wesen der Zeit als Ganzes in der großen gesamtpsychischen Strömung erfassen und ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/199>, abgerufen am 29.12.2024.