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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neue Bahnen der Exportförderung

vertrügen, bildet den Hauptgegenstand der Sorge unserer mit dem Außenhandel
befaßten Regierungsorgane. Wie sehr ihnen dieser Gegenstand am Herzen liegt,
geht daraus hervor, daß Deutschland mit allen für den deutschen Exporthandel
einigermaßen in Frage kommenden Ländern durch Handelsabkommen verbunden
ist. Die Verträge werden durch Organe der Regierung vorbereitet und durch
staatliche Unterhändler zum Abschluß gebracht. Aber auch eine Mitwirkung der
Interessenten in der obengenannten Weise findet, besonders bei der Vorbereitung,
in weitesten Maße statt. Insbesondere ihre Organisationen lassen sich eine
solche Mitwirkung angelegen sein. Ja man kann wohl sagen, daß es heute
der Hauptzweck der zahlreichen Industrie- und Handelsorganisationen ist, Wünsche
und Äußerungen ihrer Mitglieder zur Handelspolitik beim Staat zu vertreten.
Überdies steht unserer Regierung für diesen Zweck auch eine offizielle Vertretung
der Interessenten, der Wirtschaftliche Ausschuß, als Berater zur Seite. Was
aber die Informationen über die handelspolitischen Vorgänge im Auslande und
den Schutz des deutschen Handels durch unsere amtlichen Auslandsorgane an¬
betrifft, so dürften die Bemühungen des Auswärtigen Amtes, in dieser Beziehung
allen Anforderungen gerecht zu werden, bekannt sein.

Fällt die allgemeine Politik und die Handelspolitik dem Staate zu,
so ist die Erkundung und Bearbeitung der ausländischen Märkte Aufgabe
des privaten Interessenten. Denn es handelt sich hierbei -- abgesehen von
gewissen Ausnahmefällen -- nicht um eine Tätigkeit, bet der die Kontra¬
henten Staaten als solche oder staatliche Organe sind oder zu deren Ausübung
es staatlicher Autorität oder staatlicher Machtmittel bedarf, vielmehr um eine
unmittelbare Wechselwirkung vom Exporteur zum Importeur. Überdies muß
der Exporteur, sei es der Produzent oder Händler, seine Ware am besten
kennen; er wird sich daher am besten darüber vergewissern können, ob und wo
im Auslande ein Bedarf nach dem Artikel vorhanden ist oder sich ins Leben
rufen läßt und ob die Verkehrs-, die Handels- und die Konkurrenzverhältnisse
den Absatz ermöglichen und als lohnend erscheinen lassen; er wird es auch am
besten vermögen, den Käufer durch Anpreisung seiner Ware an sich zu ziehen
und ihm seine Artikel annehmbar zu machen. Schließlich gehört die Erkundung
und Bearbeitung des Auslandsmarktes bis zum gewissen Grade bereits zum
Geschäft selbst, und man hat es füglich dem Exporteur zu überlassen, wo und
inwieweit er Geschäfte machen will oder nicht.

Die Geltung dieses im Wesen der Sache liegenden Grundsatzes war noch
vor kurzem durch die Praxis sehr in Zweifel gestellt. Während er in früherer
Zeit ohne weiteres befolgt wurde, hat sich nämlich in den letzten Jahren
eine Strömung Bahn gebrochen, die augenscheinlich von der Theorie durch¬
drungen war. daß auch die Erkundung und Bearbeitung, vornehmlich aber die
Erkundung des ausländischen Absatzmarktes in den Kreis staatlicher Wirksamkeit
gehöre. Erst in neuester Zeit ist hierin wieder eine Wandlung zugunsten des
genannten Grundsatzes eingetreten. Ihr Ergebnis ist zugleich die eingangs


Neue Bahnen der Exportförderung

vertrügen, bildet den Hauptgegenstand der Sorge unserer mit dem Außenhandel
befaßten Regierungsorgane. Wie sehr ihnen dieser Gegenstand am Herzen liegt,
geht daraus hervor, daß Deutschland mit allen für den deutschen Exporthandel
einigermaßen in Frage kommenden Ländern durch Handelsabkommen verbunden
ist. Die Verträge werden durch Organe der Regierung vorbereitet und durch
staatliche Unterhändler zum Abschluß gebracht. Aber auch eine Mitwirkung der
Interessenten in der obengenannten Weise findet, besonders bei der Vorbereitung,
in weitesten Maße statt. Insbesondere ihre Organisationen lassen sich eine
solche Mitwirkung angelegen sein. Ja man kann wohl sagen, daß es heute
der Hauptzweck der zahlreichen Industrie- und Handelsorganisationen ist, Wünsche
und Äußerungen ihrer Mitglieder zur Handelspolitik beim Staat zu vertreten.
Überdies steht unserer Regierung für diesen Zweck auch eine offizielle Vertretung
der Interessenten, der Wirtschaftliche Ausschuß, als Berater zur Seite. Was
aber die Informationen über die handelspolitischen Vorgänge im Auslande und
den Schutz des deutschen Handels durch unsere amtlichen Auslandsorgane an¬
betrifft, so dürften die Bemühungen des Auswärtigen Amtes, in dieser Beziehung
allen Anforderungen gerecht zu werden, bekannt sein.

Fällt die allgemeine Politik und die Handelspolitik dem Staate zu,
so ist die Erkundung und Bearbeitung der ausländischen Märkte Aufgabe
des privaten Interessenten. Denn es handelt sich hierbei — abgesehen von
gewissen Ausnahmefällen — nicht um eine Tätigkeit, bet der die Kontra¬
henten Staaten als solche oder staatliche Organe sind oder zu deren Ausübung
es staatlicher Autorität oder staatlicher Machtmittel bedarf, vielmehr um eine
unmittelbare Wechselwirkung vom Exporteur zum Importeur. Überdies muß
der Exporteur, sei es der Produzent oder Händler, seine Ware am besten
kennen; er wird sich daher am besten darüber vergewissern können, ob und wo
im Auslande ein Bedarf nach dem Artikel vorhanden ist oder sich ins Leben
rufen läßt und ob die Verkehrs-, die Handels- und die Konkurrenzverhältnisse
den Absatz ermöglichen und als lohnend erscheinen lassen; er wird es auch am
besten vermögen, den Käufer durch Anpreisung seiner Ware an sich zu ziehen
und ihm seine Artikel annehmbar zu machen. Schließlich gehört die Erkundung
und Bearbeitung des Auslandsmarktes bis zum gewissen Grade bereits zum
Geschäft selbst, und man hat es füglich dem Exporteur zu überlassen, wo und
inwieweit er Geschäfte machen will oder nicht.

Die Geltung dieses im Wesen der Sache liegenden Grundsatzes war noch
vor kurzem durch die Praxis sehr in Zweifel gestellt. Während er in früherer
Zeit ohne weiteres befolgt wurde, hat sich nämlich in den letzten Jahren
eine Strömung Bahn gebrochen, die augenscheinlich von der Theorie durch¬
drungen war. daß auch die Erkundung und Bearbeitung, vornehmlich aber die
Erkundung des ausländischen Absatzmarktes in den Kreis staatlicher Wirksamkeit
gehöre. Erst in neuester Zeit ist hierin wieder eine Wandlung zugunsten des
genannten Grundsatzes eingetreten. Ihr Ergebnis ist zugleich die eingangs


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/68>, abgerufen am 23.07.2024.