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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neue Bahnen der Exportförderung

wird einleuchten, daß in einer so überaus wichtigen Frage wie die Export¬
förderung über das zu befolgende System möglichste Klarheit herrschen muß.
Daher wird es nicht ohne Interesse sein, wenn wir uns die Richtlinien dieses
Systems in seiner heutigen Gestaltung einmal vor Augen führen. Der gegen¬
wärtige Zeitpunkt ist besonders dazu geeignet, weil wir gerade jetzt eine
Neuerung darin zu verzeichnen haben, die wohl dazu dienen kann, unserem
Exportbedürfnis noch besser als bisher entgegenzukommen.

Die Exportförderung zeigt hauptsächlich folgende drei Arten der Be-
tätigung: 1. Verfechtung des Prinzips der offenen Tür in der internationalen
Politik. 2. Erreichung und Erhaltung möglichst leichter, anderen Export¬
staaten gegenüber nicht benachteiligter Einfuhrbedingungen im Wege der Außen¬
handelspolitik, und 3. Erkundung und Bearbeitung der ausländischen Absatz¬
märkte. Alle drei Betätigungsarten sind für die Pflege des Exports gleich
wichtig und ergänzen sich innig. Die Verfechtung des Prinzips der offenen Tür
sucht zu erreichen, daß grundsätzlich jedes Absatzgebiet dem Handel aller Völker
und damit auch unserer Handelsbetcitigung offensteht. Sie schafft damit jedoch
nur die allgemeine Voraussetzung jeder Handelstätigkeit nach dem Auslande.
Alsbald hat die Handelspolitik dahin zu wirken, daß nicht der Zutritt oder
eine erfolgreiche Betätigung durch einzelne Maßnahmen des betreffenden Staates
wieder verhindert wird: also Einfuhrverbote und -beschränkungen zu beseitigen,
Gleichstellung in den Einfuhrbedingungen gegenüber allen anderen einführenden
Staaten zu erreichen und endlich die erreichten Bedingungen auf möglichst lange
Zeit sicherzustellen, damit nicht häufige Änderungen jede Berechnung vereiteln
und das Risiko bis zur Unmöglichkeit erhöhen. Aber auch damit sind erst die
rechtlichen Grundlagen des Exports erreicht. Nun gilt es noch, die tatsächlichen
Voraussetzungen für seine Ausübung zu schaffen. Dazu ist es erforderlich, daß
vermittelst einer intensiven Erkundung und Bearbeitung des bereitgestellten Aus¬
landsmarktes der Bedarf und die tatsächliche Einfuhrmöglichkeit im einzelnen
festgestellt und dem Abnehmer die Ware kaufensivert gemacht wird.

Bei der Handhabung der eben gekennzeichneten Mittel der Exportförderung
sind sowohl staatliche als auch private Kräfte beteiligt. Denn angesichts der
gewaltigen Anstrengungen, die der Export zu machen hat, um trotz der Kon¬
kurrenz anderer Nationen und den Abschlußtendenzen der Absatzgebiete Feld zu
gewinnen, hat man sowohl die Grundsätze des Merkantilismus alter Schule,
wo der Staat alles in die Hand nahm, als auch die des I^i88ör faire wisser
aller, wo alles dem Spiel der freien Kräfte überlassen blieb, beiseite werfen
müssen, und es hat sich als Prinzip der modernen Exportförderung heraus¬
gebildet, daß die Kräfte des Staates und der Interessenten gemeinsam wirken
müssen, um die schwierige Aufgabe durchführen zu können. Nun ist es aber,
wie bei jedem Zusammenwirken mehrerer Kräfte, für die Erzielung eines
Erfolges sehr wesentlich, wie diese beiden Kräfte angesetzt sind, also welche Rolle
der staatlichen und welche der privaten Initiative bei der Handhabung der oben-


Neue Bahnen der Exportförderung

wird einleuchten, daß in einer so überaus wichtigen Frage wie die Export¬
förderung über das zu befolgende System möglichste Klarheit herrschen muß.
Daher wird es nicht ohne Interesse sein, wenn wir uns die Richtlinien dieses
Systems in seiner heutigen Gestaltung einmal vor Augen führen. Der gegen¬
wärtige Zeitpunkt ist besonders dazu geeignet, weil wir gerade jetzt eine
Neuerung darin zu verzeichnen haben, die wohl dazu dienen kann, unserem
Exportbedürfnis noch besser als bisher entgegenzukommen.

Die Exportförderung zeigt hauptsächlich folgende drei Arten der Be-
tätigung: 1. Verfechtung des Prinzips der offenen Tür in der internationalen
Politik. 2. Erreichung und Erhaltung möglichst leichter, anderen Export¬
staaten gegenüber nicht benachteiligter Einfuhrbedingungen im Wege der Außen¬
handelspolitik, und 3. Erkundung und Bearbeitung der ausländischen Absatz¬
märkte. Alle drei Betätigungsarten sind für die Pflege des Exports gleich
wichtig und ergänzen sich innig. Die Verfechtung des Prinzips der offenen Tür
sucht zu erreichen, daß grundsätzlich jedes Absatzgebiet dem Handel aller Völker
und damit auch unserer Handelsbetcitigung offensteht. Sie schafft damit jedoch
nur die allgemeine Voraussetzung jeder Handelstätigkeit nach dem Auslande.
Alsbald hat die Handelspolitik dahin zu wirken, daß nicht der Zutritt oder
eine erfolgreiche Betätigung durch einzelne Maßnahmen des betreffenden Staates
wieder verhindert wird: also Einfuhrverbote und -beschränkungen zu beseitigen,
Gleichstellung in den Einfuhrbedingungen gegenüber allen anderen einführenden
Staaten zu erreichen und endlich die erreichten Bedingungen auf möglichst lange
Zeit sicherzustellen, damit nicht häufige Änderungen jede Berechnung vereiteln
und das Risiko bis zur Unmöglichkeit erhöhen. Aber auch damit sind erst die
rechtlichen Grundlagen des Exports erreicht. Nun gilt es noch, die tatsächlichen
Voraussetzungen für seine Ausübung zu schaffen. Dazu ist es erforderlich, daß
vermittelst einer intensiven Erkundung und Bearbeitung des bereitgestellten Aus¬
landsmarktes der Bedarf und die tatsächliche Einfuhrmöglichkeit im einzelnen
festgestellt und dem Abnehmer die Ware kaufensivert gemacht wird.

Bei der Handhabung der eben gekennzeichneten Mittel der Exportförderung
sind sowohl staatliche als auch private Kräfte beteiligt. Denn angesichts der
gewaltigen Anstrengungen, die der Export zu machen hat, um trotz der Kon¬
kurrenz anderer Nationen und den Abschlußtendenzen der Absatzgebiete Feld zu
gewinnen, hat man sowohl die Grundsätze des Merkantilismus alter Schule,
wo der Staat alles in die Hand nahm, als auch die des I^i88ör faire wisser
aller, wo alles dem Spiel der freien Kräfte überlassen blieb, beiseite werfen
müssen, und es hat sich als Prinzip der modernen Exportförderung heraus¬
gebildet, daß die Kräfte des Staates und der Interessenten gemeinsam wirken
müssen, um die schwierige Aufgabe durchführen zu können. Nun ist es aber,
wie bei jedem Zusammenwirken mehrerer Kräfte, für die Erzielung eines
Erfolges sehr wesentlich, wie diese beiden Kräfte angesetzt sind, also welche Rolle
der staatlichen und welche der privaten Initiative bei der Handhabung der oben-


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[0066] Neue Bahnen der Exportförderung wird einleuchten, daß in einer so überaus wichtigen Frage wie die Export¬ förderung über das zu befolgende System möglichste Klarheit herrschen muß. Daher wird es nicht ohne Interesse sein, wenn wir uns die Richtlinien dieses Systems in seiner heutigen Gestaltung einmal vor Augen führen. Der gegen¬ wärtige Zeitpunkt ist besonders dazu geeignet, weil wir gerade jetzt eine Neuerung darin zu verzeichnen haben, die wohl dazu dienen kann, unserem Exportbedürfnis noch besser als bisher entgegenzukommen. Die Exportförderung zeigt hauptsächlich folgende drei Arten der Be- tätigung: 1. Verfechtung des Prinzips der offenen Tür in der internationalen Politik. 2. Erreichung und Erhaltung möglichst leichter, anderen Export¬ staaten gegenüber nicht benachteiligter Einfuhrbedingungen im Wege der Außen¬ handelspolitik, und 3. Erkundung und Bearbeitung der ausländischen Absatz¬ märkte. Alle drei Betätigungsarten sind für die Pflege des Exports gleich wichtig und ergänzen sich innig. Die Verfechtung des Prinzips der offenen Tür sucht zu erreichen, daß grundsätzlich jedes Absatzgebiet dem Handel aller Völker und damit auch unserer Handelsbetcitigung offensteht. Sie schafft damit jedoch nur die allgemeine Voraussetzung jeder Handelstätigkeit nach dem Auslande. Alsbald hat die Handelspolitik dahin zu wirken, daß nicht der Zutritt oder eine erfolgreiche Betätigung durch einzelne Maßnahmen des betreffenden Staates wieder verhindert wird: also Einfuhrverbote und -beschränkungen zu beseitigen, Gleichstellung in den Einfuhrbedingungen gegenüber allen anderen einführenden Staaten zu erreichen und endlich die erreichten Bedingungen auf möglichst lange Zeit sicherzustellen, damit nicht häufige Änderungen jede Berechnung vereiteln und das Risiko bis zur Unmöglichkeit erhöhen. Aber auch damit sind erst die rechtlichen Grundlagen des Exports erreicht. Nun gilt es noch, die tatsächlichen Voraussetzungen für seine Ausübung zu schaffen. Dazu ist es erforderlich, daß vermittelst einer intensiven Erkundung und Bearbeitung des bereitgestellten Aus¬ landsmarktes der Bedarf und die tatsächliche Einfuhrmöglichkeit im einzelnen festgestellt und dem Abnehmer die Ware kaufensivert gemacht wird. Bei der Handhabung der eben gekennzeichneten Mittel der Exportförderung sind sowohl staatliche als auch private Kräfte beteiligt. Denn angesichts der gewaltigen Anstrengungen, die der Export zu machen hat, um trotz der Kon¬ kurrenz anderer Nationen und den Abschlußtendenzen der Absatzgebiete Feld zu gewinnen, hat man sowohl die Grundsätze des Merkantilismus alter Schule, wo der Staat alles in die Hand nahm, als auch die des I^i88ör faire wisser aller, wo alles dem Spiel der freien Kräfte überlassen blieb, beiseite werfen müssen, und es hat sich als Prinzip der modernen Exportförderung heraus¬ gebildet, daß die Kräfte des Staates und der Interessenten gemeinsam wirken müssen, um die schwierige Aufgabe durchführen zu können. Nun ist es aber, wie bei jedem Zusammenwirken mehrerer Kräfte, für die Erzielung eines Erfolges sehr wesentlich, wie diese beiden Kräfte angesetzt sind, also welche Rolle der staatlichen und welche der privaten Initiative bei der Handhabung der oben-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/66>, abgerufen am 23.07.2024.