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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Internationale lvasserstraßenprojekte

leben anschließen und daß sie den Warenbezug und Warenversand bedeutend
verbilligen würde. Das gleiche gilt von der Zweiglinie der Saar; sie muß sür
die neue preußische Großstadt Saarbrücken eine ähnliche bedeutungsvolle Ver¬
kehrsader werden und sie zu einer namhaften Handelsbedeutung erheben. Beide
Enden des Großschiffahrtsweges werden an schon bestehende Kleinkanäle an¬
schließen: das obere Ende der zu kanalisierenden Mosel an den französischen
Moselkanal, das obere Ende der zu kanalisierenden Saar an den Saarkohlen¬
kanal, dem Rhein--Marne- und dem Rhein--Rhone-Kanal.

Von den luxemburgischen Industriellen ist die Frage aufgeworfen, und die
luxemburgische Regierung hat sich ihnen angeschlossen, ob der Großindustrie des
Landes allein mit der Ausführung der Moselkanalisierung geholfen sei, da doch
das luxemburgische Berg- und Hüttenrevier eine ziemliche Strecke abseits von
der Mosel liege und bei ihrer etwaigen Kanalisierung durch die hinzutretender
Anschleppungsfrachten gegenüber den zum Teil am Wasser liegenden lothrin¬
gischen Werken zurückgesetzt werde. Man hat deshalb den Plan erwogen, durch
einen luxemburgischen Seitenkanal den Anschluß der industriellen Werke an die
Mosel zu bewerkstelligen. Die technische Ausführbarkeit dieses Seitenkanals
wird als gelöst angesehen; er würde bei einer Länge von 56,5 Kilometer von
Stadtbredimus bis Rodingen, entsprechend der Lage der luxemburgischen Werke,
die lothringische Grenze entlang gebaut werden. Die Hüttenwerke von Esch,
Disferdingeu und Rodingen würden unmittelbar daran liegen, während für
Düdelingen und Rümelingen kleine Stichkanäle erforderlich wären. Die Wasser¬
zuführung aus der Mosel, der Alzette und der Korn würde zum Teil durch
elektrisch betriebene Pumpen und bei niedrigem Wasserstande aus besonderen
Stauweihern erfolgen.

Man hat es aber in Luxemburg, insbesondere in Hinblick auf die zurzeit
ablehnende Haltung der preußischen Regierung gegenüber der Mosel- und
Saarkanalisierung, für angebracht gehalten, eine mögliche Verlängerung dieses
Kanals nach der französischen Grenze nicht außer acht zu lassen. Dadurch
würde nämlich den inländischen Werken der Vorteil einer Verbindung mit dem
Netz der französischen und belgischen^ Wasserstraßen eröffnet, wenn der noch nicht
aufgegebene Plan eines Kornkanals in Frankreich in eine günstigere Phase treten
sollte. In der letzten Zeit ist die Kanalverbindung zwischen dem nordfranzösischen
Kohlengebiete und dem luxemburgischen Hüttenbezirke, der sogenannte
Nord-Ost-Kanal, mehrfach erörtert worden, u. a. auch in der französischen
Kammer.

Der Kanal würde Deutschland und Belgien einen namhaften Teil des
Verkehrs entziehen zugunsten Frankreichs. Somit ist begreiflich, daß er unter
die Wasserwege erster Klasse eingereiht worden ist und für dringend notwendig
Mr Ergänzung der vorhandenen Wasserstraßen betrachtet wird. Grundsätzlich
erscheint der Bau des Nord-Ost-Kanals gesichert und es wurde für ihn bereits
folgende Ausführungsbestimmung getroffen:


Grenzboten IV 1913 39
Internationale lvasserstraßenprojekte

leben anschließen und daß sie den Warenbezug und Warenversand bedeutend
verbilligen würde. Das gleiche gilt von der Zweiglinie der Saar; sie muß sür
die neue preußische Großstadt Saarbrücken eine ähnliche bedeutungsvolle Ver¬
kehrsader werden und sie zu einer namhaften Handelsbedeutung erheben. Beide
Enden des Großschiffahrtsweges werden an schon bestehende Kleinkanäle an¬
schließen: das obere Ende der zu kanalisierenden Mosel an den französischen
Moselkanal, das obere Ende der zu kanalisierenden Saar an den Saarkohlen¬
kanal, dem Rhein—Marne- und dem Rhein—Rhone-Kanal.

Von den luxemburgischen Industriellen ist die Frage aufgeworfen, und die
luxemburgische Regierung hat sich ihnen angeschlossen, ob der Großindustrie des
Landes allein mit der Ausführung der Moselkanalisierung geholfen sei, da doch
das luxemburgische Berg- und Hüttenrevier eine ziemliche Strecke abseits von
der Mosel liege und bei ihrer etwaigen Kanalisierung durch die hinzutretender
Anschleppungsfrachten gegenüber den zum Teil am Wasser liegenden lothrin¬
gischen Werken zurückgesetzt werde. Man hat deshalb den Plan erwogen, durch
einen luxemburgischen Seitenkanal den Anschluß der industriellen Werke an die
Mosel zu bewerkstelligen. Die technische Ausführbarkeit dieses Seitenkanals
wird als gelöst angesehen; er würde bei einer Länge von 56,5 Kilometer von
Stadtbredimus bis Rodingen, entsprechend der Lage der luxemburgischen Werke,
die lothringische Grenze entlang gebaut werden. Die Hüttenwerke von Esch,
Disferdingeu und Rodingen würden unmittelbar daran liegen, während für
Düdelingen und Rümelingen kleine Stichkanäle erforderlich wären. Die Wasser¬
zuführung aus der Mosel, der Alzette und der Korn würde zum Teil durch
elektrisch betriebene Pumpen und bei niedrigem Wasserstande aus besonderen
Stauweihern erfolgen.

Man hat es aber in Luxemburg, insbesondere in Hinblick auf die zurzeit
ablehnende Haltung der preußischen Regierung gegenüber der Mosel- und
Saarkanalisierung, für angebracht gehalten, eine mögliche Verlängerung dieses
Kanals nach der französischen Grenze nicht außer acht zu lassen. Dadurch
würde nämlich den inländischen Werken der Vorteil einer Verbindung mit dem
Netz der französischen und belgischen^ Wasserstraßen eröffnet, wenn der noch nicht
aufgegebene Plan eines Kornkanals in Frankreich in eine günstigere Phase treten
sollte. In der letzten Zeit ist die Kanalverbindung zwischen dem nordfranzösischen
Kohlengebiete und dem luxemburgischen Hüttenbezirke, der sogenannte
Nord-Ost-Kanal, mehrfach erörtert worden, u. a. auch in der französischen
Kammer.

Der Kanal würde Deutschland und Belgien einen namhaften Teil des
Verkehrs entziehen zugunsten Frankreichs. Somit ist begreiflich, daß er unter
die Wasserwege erster Klasse eingereiht worden ist und für dringend notwendig
Mr Ergänzung der vorhandenen Wasserstraßen betrachtet wird. Grundsätzlich
erscheint der Bau des Nord-Ost-Kanals gesichert und es wurde für ihn bereits
folgende Ausführungsbestimmung getroffen:


Grenzboten IV 1913 39
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[0613] Internationale lvasserstraßenprojekte leben anschließen und daß sie den Warenbezug und Warenversand bedeutend verbilligen würde. Das gleiche gilt von der Zweiglinie der Saar; sie muß sür die neue preußische Großstadt Saarbrücken eine ähnliche bedeutungsvolle Ver¬ kehrsader werden und sie zu einer namhaften Handelsbedeutung erheben. Beide Enden des Großschiffahrtsweges werden an schon bestehende Kleinkanäle an¬ schließen: das obere Ende der zu kanalisierenden Mosel an den französischen Moselkanal, das obere Ende der zu kanalisierenden Saar an den Saarkohlen¬ kanal, dem Rhein—Marne- und dem Rhein—Rhone-Kanal. Von den luxemburgischen Industriellen ist die Frage aufgeworfen, und die luxemburgische Regierung hat sich ihnen angeschlossen, ob der Großindustrie des Landes allein mit der Ausführung der Moselkanalisierung geholfen sei, da doch das luxemburgische Berg- und Hüttenrevier eine ziemliche Strecke abseits von der Mosel liege und bei ihrer etwaigen Kanalisierung durch die hinzutretender Anschleppungsfrachten gegenüber den zum Teil am Wasser liegenden lothrin¬ gischen Werken zurückgesetzt werde. Man hat deshalb den Plan erwogen, durch einen luxemburgischen Seitenkanal den Anschluß der industriellen Werke an die Mosel zu bewerkstelligen. Die technische Ausführbarkeit dieses Seitenkanals wird als gelöst angesehen; er würde bei einer Länge von 56,5 Kilometer von Stadtbredimus bis Rodingen, entsprechend der Lage der luxemburgischen Werke, die lothringische Grenze entlang gebaut werden. Die Hüttenwerke von Esch, Disferdingeu und Rodingen würden unmittelbar daran liegen, während für Düdelingen und Rümelingen kleine Stichkanäle erforderlich wären. Die Wasser¬ zuführung aus der Mosel, der Alzette und der Korn würde zum Teil durch elektrisch betriebene Pumpen und bei niedrigem Wasserstande aus besonderen Stauweihern erfolgen. Man hat es aber in Luxemburg, insbesondere in Hinblick auf die zurzeit ablehnende Haltung der preußischen Regierung gegenüber der Mosel- und Saarkanalisierung, für angebracht gehalten, eine mögliche Verlängerung dieses Kanals nach der französischen Grenze nicht außer acht zu lassen. Dadurch würde nämlich den inländischen Werken der Vorteil einer Verbindung mit dem Netz der französischen und belgischen^ Wasserstraßen eröffnet, wenn der noch nicht aufgegebene Plan eines Kornkanals in Frankreich in eine günstigere Phase treten sollte. In der letzten Zeit ist die Kanalverbindung zwischen dem nordfranzösischen Kohlengebiete und dem luxemburgischen Hüttenbezirke, der sogenannte Nord-Ost-Kanal, mehrfach erörtert worden, u. a. auch in der französischen Kammer. Der Kanal würde Deutschland und Belgien einen namhaften Teil des Verkehrs entziehen zugunsten Frankreichs. Somit ist begreiflich, daß er unter die Wasserwege erster Klasse eingereiht worden ist und für dringend notwendig Mr Ergänzung der vorhandenen Wasserstraßen betrachtet wird. Grundsätzlich erscheint der Bau des Nord-Ost-Kanals gesichert und es wurde für ihn bereits folgende Ausführungsbestimmung getroffen: Grenzboten IV 1913 39

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/613>, abgerufen am 02.10.2024.