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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Internationale ZVasserstraßenpwjekte

westlichen Versandgebietcs gegenüber, und dazu kommt noch der Austausch in
Koth und Erz mit Frankreich, der gleichfalls rund fünf Millionen Tonnen ausmacht.

Während nun die Kanalisiermig der Mosel unter französischer Herrschaft
von oben bis Metz in Angriff genommen ist, endet diese Kanalisierung in Metz,
und auch die Saar ist nur auf französisches Betreiben auf einer geringen
Strecke ihres Oberlaufes in Preußen kanalisiert worden. Der Saarkohlenkanal
ist, wie der Rhein-Marne-Kanal und die Kanalisierung der oberen Saar bis
Saargemünd, gleichfalls mit französischen Mitteln ausgebaut worden. So
besitzt das Saargebiet noch hundert Jahre nach seiner Einverleibung in Preußen
zwar eine Wasserverbindung nach Frankreich und dem Elsaß zu, aber nicht
nach dem Herzen Preußens, nach der Mosel und dem Rheinstrom; und vierzig
Jahre nach der Gewinnung des Reichslandes Elsaß-Lothringen besitzt dieses
zwar eine Wasserstraße nach Frankreich, aber nicht nach Deutschland. Auf
deutscher Seite blieb es -- ausgenommen die Vollendung der begonnenen
Kanalisierungsarbeiten bis Metz nach den französischen Plänen in den Jahren
1872/74 -- bei unzureichenden Korrektionsarbeiten, obwohl in dem Frankfurter
Frieden -- Artikel 14 -- bestimmt worden war. daß "jeder der vertrag¬
schließenden Teile auf seinem Gedecke die zur Kanalisierung der Mosel unter¬
nommenen Arbeiten fortführen werde".

Für die technische Seite der Mosel- und Saarkanalisierung liegt ein von
der preußischen und reichsländischen Regierung gemeinsam aufgestelltes Projekt
vom Jahre 1901/02 vor, das 1907 ergänzt worden ist. Danach wird mit
der Befahrung der kanalisierten Flüsse durch 600-Tonnen-Schiffe, und wenn
angängig durch 1000-Tonnen-Schiffe. gerechnet. Die Kosten der preußisch-
luxemburgischen Moselstrecke belaufen sich auf 57 Millionen Mark, diejenigen
der lothringischen Moselstrecke auf 18 100 000 Mark, zusammen auf
75,1 Millionen Mark. Die Kosten der Saarkanalisierung stellen sich auf rund
27 Millionen Mark und die Gesamtkosten der Mosel- und Saarkanalisierung
demnach auf 102,1 Millionen Mark. Nach der Länge der Flußstrecken verteilt,
würden davon auf Preußen 79 742 740 Mark, auf Elsaß-Lothringen
18 100 000 Mark und auf Luxemburg 4 257 260 Mark entfallen.

Die außerordentliche Entwicklung der deutschen Eisenindustrie ist wesentlich
dem Absätze zu verdanken, den sie nach dem Auslande erfahren hat. Mit seiner
stattlichen Ausfuhr von 8406393 Tonnen im Jahre 1912 ist Deutschland zum
größten Eisenexporteur der Welt geworden. Für den Südwesten, für Lothringen-
Luxemburg und das Saargebiet, ergibt sich aus der Steigerung der Produktion
(1912 7015718 Tonnen) besonders dringlich die wachsende Notwendigkeit der
Ausfuhr. Im Nordwesten, wo die Natur den billigsten aller Verkehrswege im
Rheinstrom geschaffen hat und wo ein Absatzgebiet von dreiundzwanzig Millionen
Menschen sozusagen vor der Tür liegt, neigt man freilich dazu, die doppelt
günstige Absatzlage zum Binnenmarkte und zum Weltmarkte gering zu schätzen.
Für den Südwesten ist aber in der Tat die Frage des Wettbewerbes mit den


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westlichen Versandgebietcs gegenüber, und dazu kommt noch der Austausch in
Koth und Erz mit Frankreich, der gleichfalls rund fünf Millionen Tonnen ausmacht.

Während nun die Kanalisiermig der Mosel unter französischer Herrschaft
von oben bis Metz in Angriff genommen ist, endet diese Kanalisierung in Metz,
und auch die Saar ist nur auf französisches Betreiben auf einer geringen
Strecke ihres Oberlaufes in Preußen kanalisiert worden. Der Saarkohlenkanal
ist, wie der Rhein-Marne-Kanal und die Kanalisierung der oberen Saar bis
Saargemünd, gleichfalls mit französischen Mitteln ausgebaut worden. So
besitzt das Saargebiet noch hundert Jahre nach seiner Einverleibung in Preußen
zwar eine Wasserverbindung nach Frankreich und dem Elsaß zu, aber nicht
nach dem Herzen Preußens, nach der Mosel und dem Rheinstrom; und vierzig
Jahre nach der Gewinnung des Reichslandes Elsaß-Lothringen besitzt dieses
zwar eine Wasserstraße nach Frankreich, aber nicht nach Deutschland. Auf
deutscher Seite blieb es — ausgenommen die Vollendung der begonnenen
Kanalisierungsarbeiten bis Metz nach den französischen Plänen in den Jahren
1872/74 — bei unzureichenden Korrektionsarbeiten, obwohl in dem Frankfurter
Frieden — Artikel 14 — bestimmt worden war. daß „jeder der vertrag¬
schließenden Teile auf seinem Gedecke die zur Kanalisierung der Mosel unter¬
nommenen Arbeiten fortführen werde".

Für die technische Seite der Mosel- und Saarkanalisierung liegt ein von
der preußischen und reichsländischen Regierung gemeinsam aufgestelltes Projekt
vom Jahre 1901/02 vor, das 1907 ergänzt worden ist. Danach wird mit
der Befahrung der kanalisierten Flüsse durch 600-Tonnen-Schiffe, und wenn
angängig durch 1000-Tonnen-Schiffe. gerechnet. Die Kosten der preußisch-
luxemburgischen Moselstrecke belaufen sich auf 57 Millionen Mark, diejenigen
der lothringischen Moselstrecke auf 18 100 000 Mark, zusammen auf
75,1 Millionen Mark. Die Kosten der Saarkanalisierung stellen sich auf rund
27 Millionen Mark und die Gesamtkosten der Mosel- und Saarkanalisierung
demnach auf 102,1 Millionen Mark. Nach der Länge der Flußstrecken verteilt,
würden davon auf Preußen 79 742 740 Mark, auf Elsaß-Lothringen
18 100 000 Mark und auf Luxemburg 4 257 260 Mark entfallen.

Die außerordentliche Entwicklung der deutschen Eisenindustrie ist wesentlich
dem Absätze zu verdanken, den sie nach dem Auslande erfahren hat. Mit seiner
stattlichen Ausfuhr von 8406393 Tonnen im Jahre 1912 ist Deutschland zum
größten Eisenexporteur der Welt geworden. Für den Südwesten, für Lothringen-
Luxemburg und das Saargebiet, ergibt sich aus der Steigerung der Produktion
(1912 7015718 Tonnen) besonders dringlich die wachsende Notwendigkeit der
Ausfuhr. Im Nordwesten, wo die Natur den billigsten aller Verkehrswege im
Rheinstrom geschaffen hat und wo ein Absatzgebiet von dreiundzwanzig Millionen
Menschen sozusagen vor der Tür liegt, neigt man freilich dazu, die doppelt
günstige Absatzlage zum Binnenmarkte und zum Weltmarkte gering zu schätzen.
Für den Südwesten ist aber in der Tat die Frage des Wettbewerbes mit den


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[0611] Internationale ZVasserstraßenpwjekte westlichen Versandgebietcs gegenüber, und dazu kommt noch der Austausch in Koth und Erz mit Frankreich, der gleichfalls rund fünf Millionen Tonnen ausmacht. Während nun die Kanalisiermig der Mosel unter französischer Herrschaft von oben bis Metz in Angriff genommen ist, endet diese Kanalisierung in Metz, und auch die Saar ist nur auf französisches Betreiben auf einer geringen Strecke ihres Oberlaufes in Preußen kanalisiert worden. Der Saarkohlenkanal ist, wie der Rhein-Marne-Kanal und die Kanalisierung der oberen Saar bis Saargemünd, gleichfalls mit französischen Mitteln ausgebaut worden. So besitzt das Saargebiet noch hundert Jahre nach seiner Einverleibung in Preußen zwar eine Wasserverbindung nach Frankreich und dem Elsaß zu, aber nicht nach dem Herzen Preußens, nach der Mosel und dem Rheinstrom; und vierzig Jahre nach der Gewinnung des Reichslandes Elsaß-Lothringen besitzt dieses zwar eine Wasserstraße nach Frankreich, aber nicht nach Deutschland. Auf deutscher Seite blieb es — ausgenommen die Vollendung der begonnenen Kanalisierungsarbeiten bis Metz nach den französischen Plänen in den Jahren 1872/74 — bei unzureichenden Korrektionsarbeiten, obwohl in dem Frankfurter Frieden — Artikel 14 — bestimmt worden war. daß „jeder der vertrag¬ schließenden Teile auf seinem Gedecke die zur Kanalisierung der Mosel unter¬ nommenen Arbeiten fortführen werde". Für die technische Seite der Mosel- und Saarkanalisierung liegt ein von der preußischen und reichsländischen Regierung gemeinsam aufgestelltes Projekt vom Jahre 1901/02 vor, das 1907 ergänzt worden ist. Danach wird mit der Befahrung der kanalisierten Flüsse durch 600-Tonnen-Schiffe, und wenn angängig durch 1000-Tonnen-Schiffe. gerechnet. Die Kosten der preußisch- luxemburgischen Moselstrecke belaufen sich auf 57 Millionen Mark, diejenigen der lothringischen Moselstrecke auf 18 100 000 Mark, zusammen auf 75,1 Millionen Mark. Die Kosten der Saarkanalisierung stellen sich auf rund 27 Millionen Mark und die Gesamtkosten der Mosel- und Saarkanalisierung demnach auf 102,1 Millionen Mark. Nach der Länge der Flußstrecken verteilt, würden davon auf Preußen 79 742 740 Mark, auf Elsaß-Lothringen 18 100 000 Mark und auf Luxemburg 4 257 260 Mark entfallen. Die außerordentliche Entwicklung der deutschen Eisenindustrie ist wesentlich dem Absätze zu verdanken, den sie nach dem Auslande erfahren hat. Mit seiner stattlichen Ausfuhr von 8406393 Tonnen im Jahre 1912 ist Deutschland zum größten Eisenexporteur der Welt geworden. Für den Südwesten, für Lothringen- Luxemburg und das Saargebiet, ergibt sich aus der Steigerung der Produktion (1912 7015718 Tonnen) besonders dringlich die wachsende Notwendigkeit der Ausfuhr. Im Nordwesten, wo die Natur den billigsten aller Verkehrswege im Rheinstrom geschaffen hat und wo ein Absatzgebiet von dreiundzwanzig Millionen Menschen sozusagen vor der Tür liegt, neigt man freilich dazu, die doppelt günstige Absatzlage zum Binnenmarkte und zum Weltmarkte gering zu schätzen. Für den Südwesten ist aber in der Tat die Frage des Wettbewerbes mit den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/611>, abgerufen am 22.07.2024.