Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Augustus "Äpfel mag ich keine," sagte er verächtlich, und wollte weglaufen. Das Mädchen hielt ihn aber fest und sagte schmeichelnd: "Du. ich habe "Zeig ihn her!" sagte Augustus. Sie zeigte ihm ihren Fingerring her. und er sah ihn genau an, dann zog "Also, dann kannst du ja einen Kuß haben," sagte er obenhin, und gab "Willst du jetzt mit mir spielen kommen?" fragte sie zutraulich, und hing Aber er stieß sie weg und rief heftig: "Laß mich jetzt doch endlich in Während das Mädchen zu weinen begann und vom Hofe schlich, schnitt Seine Mutter aber stand mit der Blumenschere in der Hand und war Aber bald darauf, als Augustus heimkam und sie ihn zur Rede stellte, Indessen gingen dem Jungen seine Übeltäter nicht ohne alle Strafe hin. Jedoch das Feuer im Kamin brannte seltener und seltener, und der Pate Seine Mutter war es längst müde, von allen Leuten das Lob ihres Augustus „Äpfel mag ich keine," sagte er verächtlich, und wollte weglaufen. Das Mädchen hielt ihn aber fest und sagte schmeichelnd: „Du. ich habe „Zeig ihn her!" sagte Augustus. Sie zeigte ihm ihren Fingerring her. und er sah ihn genau an, dann zog „Also, dann kannst du ja einen Kuß haben," sagte er obenhin, und gab „Willst du jetzt mit mir spielen kommen?" fragte sie zutraulich, und hing Aber er stieß sie weg und rief heftig: „Laß mich jetzt doch endlich in Während das Mädchen zu weinen begann und vom Hofe schlich, schnitt Seine Mutter aber stand mit der Blumenschere in der Hand und war Aber bald darauf, als Augustus heimkam und sie ihn zur Rede stellte, Indessen gingen dem Jungen seine Übeltäter nicht ohne alle Strafe hin. Jedoch das Feuer im Kamin brannte seltener und seltener, und der Pate Seine Mutter war es längst müde, von allen Leuten das Lob ihres <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327335"/> <fw type="header" place="top"> Augustus</fw><lb/> <p xml:id="ID_2076"> „Äpfel mag ich keine," sagte er verächtlich, und wollte weglaufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2077"> Das Mädchen hielt ihn aber fest und sagte schmeichelnd: „Du. ich habe<lb/> auch einen schönen Fingerring."</p><lb/> <p xml:id="ID_2078"> „Zeig ihn her!" sagte Augustus.</p><lb/> <p xml:id="ID_2079"> Sie zeigte ihm ihren Fingerring her. und er sah ihn genau an, dann zog<lb/> er ihn von ihrem Finger und tat ihn auf seinen eigenen, hielt ihn ans Licht<lb/> und fand Gefallen daran.</p><lb/> <p xml:id="ID_2080"> „Also, dann kannst du ja einen Kuß haben," sagte er obenhin, und gab<lb/> dem Mädchen einen flüchtigen Kuß auf den Mund.</p><lb/> <p xml:id="ID_2081"> „Willst du jetzt mit mir spielen kommen?" fragte sie zutraulich, und hing<lb/> sich an seinen Arm.</p><lb/> <p xml:id="ID_2082"> Aber er stieß sie weg und rief heftig: „Laß mich jetzt doch endlich in<lb/> Ruhe! 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Augustus
„Äpfel mag ich keine," sagte er verächtlich, und wollte weglaufen.
Das Mädchen hielt ihn aber fest und sagte schmeichelnd: „Du. ich habe
auch einen schönen Fingerring."
„Zeig ihn her!" sagte Augustus.
Sie zeigte ihm ihren Fingerring her. und er sah ihn genau an, dann zog
er ihn von ihrem Finger und tat ihn auf seinen eigenen, hielt ihn ans Licht
und fand Gefallen daran.
„Also, dann kannst du ja einen Kuß haben," sagte er obenhin, und gab
dem Mädchen einen flüchtigen Kuß auf den Mund.
„Willst du jetzt mit mir spielen kommen?" fragte sie zutraulich, und hing
sich an seinen Arm.
Aber er stieß sie weg und rief heftig: „Laß mich jetzt doch endlich in
Ruhe! Ich habe andere Kinder, mit denen ich spielen kann."
Während das Mädchen zu weinen begann und vom Hofe schlich, schnitt
er ein gelangweiltes und ärgerliches Gesicht; dann drehte er seinen Ring um
den Finger und beschaute ihn, und dann fing er an zu pfeifen und ging langsam
davon."
Seine Mutter aber stand mit der Blumenschere in der Hand und war
erschrocken über die Härte und Verächtlichkeit, mit welcher ihr Kind die Liebe
der anderen hinnahm. Sie ließ die Blumen stehen und stand kopfschüttelnd
und sagte immer wieder vor sich hin: „Er ist ja böse, er hat ja gar kein
Herz."
Aber bald darauf, als Augustus heimkam und sie ihn zur Rede stellte,
da schaute er sie lachend aus blauen Augen an und hatte kein Gefühl einer
Schuld, und dann fing er an zu singen und ihr zu schmeicheln und war so
drollig und nett und zärtlich mit ihr, daß sie lachen mußte und wohl sah, man
dürfe bei Kindern nicht alles gleich so ernst nehmen.
Indessen gingen dem Jungen seine Übeltäter nicht ohne alle Strafe hin.
Der Pate Binßwanger war der einzige, vor dem er Ehrfurcht hatte, und wenn
er am Abend zu ihm in die Stube kam und der Pate sagte: „Heute brennt
kein Feuer im Kamin und es gibt keine Musik, die kleinen Engelkinder sind
traurig, weil du so böse warst," dann ging er schweigend hinaus und heim und
warf sich auf sein Bett und weinte, und nachher gab er sich manchen Tag lang
alle Mühe, gut und lieb zu sein.
Jedoch das Feuer im Kamin brannte seltener und seltener, und der Pate
war nicht mit Tränen und nicht mit Liebkosungen zu bestechen. Als Augustus
Zwölf Jahre alt war, da war ihm der zauberische Engelflug in der Patenstube
schon ein ferner Traum geworden, und wenn er ihn einmal in der Nacht ge¬
träumt hatte, dann war er am nächsten Tage doppelt wild und laut und kom¬
mandierte seine vielen Kameraden als Feldherr über alle Hecken weg.
Seine Mutter war es längst müde, von allen Leuten das Lob ihres
Knaben zu hören und wie fein und herzig er sei, sie hatte nur noch Sorgen
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