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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterfrage in Lidschi

Ansiedlungsfonds" schuf, mit dessen Hilfe Land für diesen Zweck erworben und
hergerichtet wurde. Die Pachtzinsen werden dem Fonds zur weiteren Benutzung
wieder zugeführt. Der Regierungsbericht vom Jahre 1907 besagt, daß die
Inder am besten auf dem Regierungslande gedeihen, doch ziehen einige indische
Ansiedler Eingeborenenland in entlegenen Plätzen vor. In der Nähe der
Hauptplätze der Kolonie wird viel Vieh- und Gemüsewirtschaft getrieben; andere
Inder verdingen sich als Hausdiener oder arbeiten für die Regierung; wieder
andere geben sich dem Detailhandel hin. Das Klima entspricht ja auch ihrer
Konstitution außerordentlich gut.

Wie gut es den Indern in Fidschi ergeht, beweist die Tatsache, daß sie
etwa 16 000 Pfund Sterling jährlich in Depots bei den lokalen Banken an¬
legen, während heute etwa 2500 bis 3500 Pfund Sterling jährlich aus der
Kolonie nach Indien gesandt werden. Außerdem nehmen die Inder jährlich
etwa 10 000 bis 12 500 Pfund Sterling in bar und in Juwelen mit zurück
nach Indien. Der natürliche Zuwachs der Inder in Fidschi ist beträglich. Im
Jahre fanden 1271 Geburtsfälle statt (29.4 per Tausend), während die Todes¬
fälle 634 (14,6 per Tausend) betrugen. Die Kindersterblichkeit ist noch be¬
deutend auf den Plantagen, doch wo ist dies nicht der Fall bei niedrigen
Rassen auf dieser Erde? Missionsschüler nehmen sich der Kinder der
Inder an.

Ist der Inder nun als Arbeiter erwünscht in der britischen Kolonie Fidschi?
Die von der britischen Negierung eingesetzte Kommission zur Untersuchung der
Behandlung von Indern in englischen Kolonien berichtet im Jahre 1910, daß
Fidschi ohne jeden Zweifel bedeutenden Vorteil aus der Einführung von indischen
Kukis in das Land mit dem äußerst fruchtbaren Boden und der sich an Zahl verringern¬
den eingeborenen Bevölkerung zieht. Die Pflanzer erfreuen sich einer regelmäßigen
Zufuhr genügender Arbeitskräfte, ohne die die bedeutende Zucker- und Kopra-
iudustrie nicht aufrecht erhalten werden kann. Die Kolonie gewinnt nur durch
den Zuwachs einer großen Zahl fleißiger und regsamer Arbeiter, die nach Ab¬
lauf ihrer Verpflichtung sich ruhig niederlassen, Viehzucht, Ackerbau und Handel
treiben, und deren Nachkommen sich vermehren werden. Die ganze Ausgabe,
die jährlich dem Fiskus durch die Jndereinfuhr zur Last fällt, ist etwa drei
Pfund Sterling. Eine kleine Summe im Verhältnis zu den großen erlangten
Vorteilen! Die Fidschianer profitieren duich den Inder, der sein Land pachtet;
er steht sich gut mit ihnen.

Abgesehen vom Nassestandpunkt steht die weiße Bevölkerung dem Inder
als freien Ansiedler oft nicht wohlwollend gegenüber. Die jüngeren Europäer
fürchten eine Konkurrenz im kleinen Handel. Doch bei der Eigenart des
Handelsbetriebes in Fidschi, wo wenige bedeutende Firmen das Warengeschäft
in der Kolonie beherrschen, hat diese Konkurrenz im Kleinhandel wenig zu
sagen; man stellt den sich ansiedelnden Inder, soweit es den politischen Status
und die Handelsrechte betrifft, auf gleichen Fuß mit den Weißen. Vom humanen


Die Arbeiterfrage in Lidschi

Ansiedlungsfonds" schuf, mit dessen Hilfe Land für diesen Zweck erworben und
hergerichtet wurde. Die Pachtzinsen werden dem Fonds zur weiteren Benutzung
wieder zugeführt. Der Regierungsbericht vom Jahre 1907 besagt, daß die
Inder am besten auf dem Regierungslande gedeihen, doch ziehen einige indische
Ansiedler Eingeborenenland in entlegenen Plätzen vor. In der Nähe der
Hauptplätze der Kolonie wird viel Vieh- und Gemüsewirtschaft getrieben; andere
Inder verdingen sich als Hausdiener oder arbeiten für die Regierung; wieder
andere geben sich dem Detailhandel hin. Das Klima entspricht ja auch ihrer
Konstitution außerordentlich gut.

Wie gut es den Indern in Fidschi ergeht, beweist die Tatsache, daß sie
etwa 16 000 Pfund Sterling jährlich in Depots bei den lokalen Banken an¬
legen, während heute etwa 2500 bis 3500 Pfund Sterling jährlich aus der
Kolonie nach Indien gesandt werden. Außerdem nehmen die Inder jährlich
etwa 10 000 bis 12 500 Pfund Sterling in bar und in Juwelen mit zurück
nach Indien. Der natürliche Zuwachs der Inder in Fidschi ist beträglich. Im
Jahre fanden 1271 Geburtsfälle statt (29.4 per Tausend), während die Todes¬
fälle 634 (14,6 per Tausend) betrugen. Die Kindersterblichkeit ist noch be¬
deutend auf den Plantagen, doch wo ist dies nicht der Fall bei niedrigen
Rassen auf dieser Erde? Missionsschüler nehmen sich der Kinder der
Inder an.

Ist der Inder nun als Arbeiter erwünscht in der britischen Kolonie Fidschi?
Die von der britischen Negierung eingesetzte Kommission zur Untersuchung der
Behandlung von Indern in englischen Kolonien berichtet im Jahre 1910, daß
Fidschi ohne jeden Zweifel bedeutenden Vorteil aus der Einführung von indischen
Kukis in das Land mit dem äußerst fruchtbaren Boden und der sich an Zahl verringern¬
den eingeborenen Bevölkerung zieht. Die Pflanzer erfreuen sich einer regelmäßigen
Zufuhr genügender Arbeitskräfte, ohne die die bedeutende Zucker- und Kopra-
iudustrie nicht aufrecht erhalten werden kann. Die Kolonie gewinnt nur durch
den Zuwachs einer großen Zahl fleißiger und regsamer Arbeiter, die nach Ab¬
lauf ihrer Verpflichtung sich ruhig niederlassen, Viehzucht, Ackerbau und Handel
treiben, und deren Nachkommen sich vermehren werden. Die ganze Ausgabe,
die jährlich dem Fiskus durch die Jndereinfuhr zur Last fällt, ist etwa drei
Pfund Sterling. Eine kleine Summe im Verhältnis zu den großen erlangten
Vorteilen! Die Fidschianer profitieren duich den Inder, der sein Land pachtet;
er steht sich gut mit ihnen.

Abgesehen vom Nassestandpunkt steht die weiße Bevölkerung dem Inder
als freien Ansiedler oft nicht wohlwollend gegenüber. Die jüngeren Europäer
fürchten eine Konkurrenz im kleinen Handel. Doch bei der Eigenart des
Handelsbetriebes in Fidschi, wo wenige bedeutende Firmen das Warengeschäft
in der Kolonie beherrschen, hat diese Konkurrenz im Kleinhandel wenig zu
sagen; man stellt den sich ansiedelnden Inder, soweit es den politischen Status
und die Handelsrechte betrifft, auf gleichen Fuß mit den Weißen. Vom humanen


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[0469] Die Arbeiterfrage in Lidschi Ansiedlungsfonds" schuf, mit dessen Hilfe Land für diesen Zweck erworben und hergerichtet wurde. Die Pachtzinsen werden dem Fonds zur weiteren Benutzung wieder zugeführt. Der Regierungsbericht vom Jahre 1907 besagt, daß die Inder am besten auf dem Regierungslande gedeihen, doch ziehen einige indische Ansiedler Eingeborenenland in entlegenen Plätzen vor. In der Nähe der Hauptplätze der Kolonie wird viel Vieh- und Gemüsewirtschaft getrieben; andere Inder verdingen sich als Hausdiener oder arbeiten für die Regierung; wieder andere geben sich dem Detailhandel hin. Das Klima entspricht ja auch ihrer Konstitution außerordentlich gut. Wie gut es den Indern in Fidschi ergeht, beweist die Tatsache, daß sie etwa 16 000 Pfund Sterling jährlich in Depots bei den lokalen Banken an¬ legen, während heute etwa 2500 bis 3500 Pfund Sterling jährlich aus der Kolonie nach Indien gesandt werden. Außerdem nehmen die Inder jährlich etwa 10 000 bis 12 500 Pfund Sterling in bar und in Juwelen mit zurück nach Indien. Der natürliche Zuwachs der Inder in Fidschi ist beträglich. Im Jahre fanden 1271 Geburtsfälle statt (29.4 per Tausend), während die Todes¬ fälle 634 (14,6 per Tausend) betrugen. Die Kindersterblichkeit ist noch be¬ deutend auf den Plantagen, doch wo ist dies nicht der Fall bei niedrigen Rassen auf dieser Erde? Missionsschüler nehmen sich der Kinder der Inder an. Ist der Inder nun als Arbeiter erwünscht in der britischen Kolonie Fidschi? Die von der britischen Negierung eingesetzte Kommission zur Untersuchung der Behandlung von Indern in englischen Kolonien berichtet im Jahre 1910, daß Fidschi ohne jeden Zweifel bedeutenden Vorteil aus der Einführung von indischen Kukis in das Land mit dem äußerst fruchtbaren Boden und der sich an Zahl verringern¬ den eingeborenen Bevölkerung zieht. Die Pflanzer erfreuen sich einer regelmäßigen Zufuhr genügender Arbeitskräfte, ohne die die bedeutende Zucker- und Kopra- iudustrie nicht aufrecht erhalten werden kann. Die Kolonie gewinnt nur durch den Zuwachs einer großen Zahl fleißiger und regsamer Arbeiter, die nach Ab¬ lauf ihrer Verpflichtung sich ruhig niederlassen, Viehzucht, Ackerbau und Handel treiben, und deren Nachkommen sich vermehren werden. Die ganze Ausgabe, die jährlich dem Fiskus durch die Jndereinfuhr zur Last fällt, ist etwa drei Pfund Sterling. Eine kleine Summe im Verhältnis zu den großen erlangten Vorteilen! Die Fidschianer profitieren duich den Inder, der sein Land pachtet; er steht sich gut mit ihnen. Abgesehen vom Nassestandpunkt steht die weiße Bevölkerung dem Inder als freien Ansiedler oft nicht wohlwollend gegenüber. Die jüngeren Europäer fürchten eine Konkurrenz im kleinen Handel. Doch bei der Eigenart des Handelsbetriebes in Fidschi, wo wenige bedeutende Firmen das Warengeschäft in der Kolonie beherrschen, hat diese Konkurrenz im Kleinhandel wenig zu sagen; man stellt den sich ansiedelnden Inder, soweit es den politischen Status und die Handelsrechte betrifft, auf gleichen Fuß mit den Weißen. Vom humanen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/469>, abgerufen am 05.07.2024.