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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neu-San Francisco und die Panama-Pacific-Exposition
Wie wart ihr klein und wie verachtet
Als die "gelehrten" Deutschen bloß. --
Als ihr euch 70 mausig machtet,
Da wart ihr Plötzlich riesengroß.
Recht hattet ihr so dreinzuschlagcn;
Und jenes Sedan. blutig groß,
Hat als gewaltig hingetragen
Euch in der Ewigkeiten Schoß.

Das stimmt auffallend, auch wenn man es auf uns amerikanische Deutsche
anwendet. Mehr als unsere eigenen Verdienste sind uns die Errungenschaften
des alten Vaterlandes angerechnet worden, und von der Sonne des Ruhms,
die auf Germania herniederstrahlte, fiel auch ein beträchtliches Strahlenbündel
auf uns Deutsch-Amerikaner. Als nun aber das alte Vaterland gar einen
so mächtigen wirtschaftlichen Aufschwung nahm, daß sogar England eisersüchtig
wurde, da wurde hier unsere Stellung besser und immer besser. Wir waren
nicht mehr Abkömmlinge einer minderwertigen, armseligen Nation, sondern die
Kinder eines Landes, dessen Reichtum und Ansehen im stetigen Wachsen
begriffen ist. dessen "stanclarä ok living'" immer höher wird.

Gar bald hatte das alte Vaterland Gelegenheit seine Größe, seinen
grandiosen Fortschritt zu zsigen. Noch in Philadelphia waren wir "billig und
schlecht", aber später in Chikago und Se. Louis bildete die deutsche Ausstellung
den Mittelpunkt, den Glanzpunkt des Ganzen. Man hatte sich also drüben
endlich und sogar mit überraschender Schnelligkeit auch auf den Gebieten
friedlicher Künste derartig "mausig gemacht", daß der ja doch meist gerecht¬
denkende Amerikaner mit seiner offenen Bewunderung nicht zurückhielt; -- und
wir Deutschen, die wir hier leben, und die wir noch vor kurzem ein gewisses
Gefühl von Verkanntsein nicht ganz unterdrücken konnten, wurden mit dem
großen deutschen Vaterlande identifiziert. Man betrachtete uns mit Rücksicht
auf die Herrlichkeit des neuen deutschen Reiches etwas näher und fand, daß
wir doch ganz brauchbare und gute Menschen sind. Und nun kommt diese
Enttäuschung, dieses Verpassen einer neuen Gelegenheit, uns abermals im
rechten Lichte erscheinen zu lassen! -- So viel davon, wie es in unseren,
Herzen aussieht I

Es dürfte wohl zu einer "offiziellen" Beteiligung Deutschlands an der
Panama-Pacific-Exposition nicht kommen, hoffen wir also mit unseren eingeborenen
Mitbürgern auf eine möglichst lebhafte "individuelle" Beteiligung!




Neu-San Francisco und die Panama-Pacific-Exposition
Wie wart ihr klein und wie verachtet
Als die „gelehrten" Deutschen bloß. —
Als ihr euch 70 mausig machtet,
Da wart ihr Plötzlich riesengroß.
Recht hattet ihr so dreinzuschlagcn;
Und jenes Sedan. blutig groß,
Hat als gewaltig hingetragen
Euch in der Ewigkeiten Schoß.

Das stimmt auffallend, auch wenn man es auf uns amerikanische Deutsche
anwendet. Mehr als unsere eigenen Verdienste sind uns die Errungenschaften
des alten Vaterlandes angerechnet worden, und von der Sonne des Ruhms,
die auf Germania herniederstrahlte, fiel auch ein beträchtliches Strahlenbündel
auf uns Deutsch-Amerikaner. Als nun aber das alte Vaterland gar einen
so mächtigen wirtschaftlichen Aufschwung nahm, daß sogar England eisersüchtig
wurde, da wurde hier unsere Stellung besser und immer besser. Wir waren
nicht mehr Abkömmlinge einer minderwertigen, armseligen Nation, sondern die
Kinder eines Landes, dessen Reichtum und Ansehen im stetigen Wachsen
begriffen ist. dessen „stanclarä ok living'" immer höher wird.

Gar bald hatte das alte Vaterland Gelegenheit seine Größe, seinen
grandiosen Fortschritt zu zsigen. Noch in Philadelphia waren wir „billig und
schlecht", aber später in Chikago und Se. Louis bildete die deutsche Ausstellung
den Mittelpunkt, den Glanzpunkt des Ganzen. Man hatte sich also drüben
endlich und sogar mit überraschender Schnelligkeit auch auf den Gebieten
friedlicher Künste derartig „mausig gemacht", daß der ja doch meist gerecht¬
denkende Amerikaner mit seiner offenen Bewunderung nicht zurückhielt; — und
wir Deutschen, die wir hier leben, und die wir noch vor kurzem ein gewisses
Gefühl von Verkanntsein nicht ganz unterdrücken konnten, wurden mit dem
großen deutschen Vaterlande identifiziert. Man betrachtete uns mit Rücksicht
auf die Herrlichkeit des neuen deutschen Reiches etwas näher und fand, daß
wir doch ganz brauchbare und gute Menschen sind. Und nun kommt diese
Enttäuschung, dieses Verpassen einer neuen Gelegenheit, uns abermals im
rechten Lichte erscheinen zu lassen! — So viel davon, wie es in unseren,
Herzen aussieht I

Es dürfte wohl zu einer „offiziellen" Beteiligung Deutschlands an der
Panama-Pacific-Exposition nicht kommen, hoffen wir also mit unseren eingeborenen
Mitbürgern auf eine möglichst lebhafte „individuelle" Beteiligung!




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[0287] Neu-San Francisco und die Panama-Pacific-Exposition Wie wart ihr klein und wie verachtet Als die „gelehrten" Deutschen bloß. — Als ihr euch 70 mausig machtet, Da wart ihr Plötzlich riesengroß. Recht hattet ihr so dreinzuschlagcn; Und jenes Sedan. blutig groß, Hat als gewaltig hingetragen Euch in der Ewigkeiten Schoß. Das stimmt auffallend, auch wenn man es auf uns amerikanische Deutsche anwendet. Mehr als unsere eigenen Verdienste sind uns die Errungenschaften des alten Vaterlandes angerechnet worden, und von der Sonne des Ruhms, die auf Germania herniederstrahlte, fiel auch ein beträchtliches Strahlenbündel auf uns Deutsch-Amerikaner. Als nun aber das alte Vaterland gar einen so mächtigen wirtschaftlichen Aufschwung nahm, daß sogar England eisersüchtig wurde, da wurde hier unsere Stellung besser und immer besser. Wir waren nicht mehr Abkömmlinge einer minderwertigen, armseligen Nation, sondern die Kinder eines Landes, dessen Reichtum und Ansehen im stetigen Wachsen begriffen ist. dessen „stanclarä ok living'" immer höher wird. Gar bald hatte das alte Vaterland Gelegenheit seine Größe, seinen grandiosen Fortschritt zu zsigen. Noch in Philadelphia waren wir „billig und schlecht", aber später in Chikago und Se. Louis bildete die deutsche Ausstellung den Mittelpunkt, den Glanzpunkt des Ganzen. Man hatte sich also drüben endlich und sogar mit überraschender Schnelligkeit auch auf den Gebieten friedlicher Künste derartig „mausig gemacht", daß der ja doch meist gerecht¬ denkende Amerikaner mit seiner offenen Bewunderung nicht zurückhielt; — und wir Deutschen, die wir hier leben, und die wir noch vor kurzem ein gewisses Gefühl von Verkanntsein nicht ganz unterdrücken konnten, wurden mit dem großen deutschen Vaterlande identifiziert. Man betrachtete uns mit Rücksicht auf die Herrlichkeit des neuen deutschen Reiches etwas näher und fand, daß wir doch ganz brauchbare und gute Menschen sind. Und nun kommt diese Enttäuschung, dieses Verpassen einer neuen Gelegenheit, uns abermals im rechten Lichte erscheinen zu lassen! — So viel davon, wie es in unseren, Herzen aussieht I Es dürfte wohl zu einer „offiziellen" Beteiligung Deutschlands an der Panama-Pacific-Exposition nicht kommen, hoffen wir also mit unseren eingeborenen Mitbürgern auf eine möglichst lebhafte „individuelle" Beteiligung!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/287>, abgerufen am 05.07.2024.