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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neu-San Francisco und die Panama-Pacific-Exposition

Schäfte zu machen, das; das große deutsche Volk, das bei den Aus¬
stellungen in Chikago und Se. Louis glorreichen Angedenkens seinen enormen
Fortschritt sichtbar vor Augen geführt habe, sich von San Francisco doch nicht
gänzlich fernhalten werde. Da es mit der "offiziellen" Beteiligung nichts zu
werden scheint, rechnet man noch immer mit Bestimmtheit auf eine desto größere
"individuelle" Beteiligung. Kurz, wir guten Deutschen stehen wieder einmal am
Orte geplanter Großtaten, für die man unsere Mitwirkung beansprucht, im Vorder¬
grunde des Interesses, und es werden namentlich diejenigen deutschen Vereine,
die die Sache fördernde Beschlüsse fassen, mit Lob förmlich überschüttet.
Selbstverständlich ist ein solches Lob vollkommen verdient und den "Hermanns¬
söhnen" und anderen deutschen Vereinigungen sowie dem "Deutschen Verband",
die sich der Angelegenheit so eifrig annehmen, gebührt ein von ganzem Herzen
kommender warmer Händedruck. Ob sich aber die deutsche Regierung dadurch
wird umstimmen lassen, ist freilich wohl keine Frage mehr. Drüben heißt
es eben auch: "Das Geschäft ist die Hauptsache, und wo wir nicht Geld ver¬
dienen zu können glauben, bleiben wir eben fort," und es ist überflüssig, auf
die bekannten deutschen Gründe für das Fernbleiben von der Ausstellung hier
nochmals einzugehen. Daß sich das alte Vaterland uns hier ansässigen Deutschen
zuliebe aus rein sentimentalen Gründen an der Ausstellung beteiligen müßte,
das wäre denn doch eigentlich von unserer Seite ein ziemlich merkwürdiges Ver¬
langen.

Wenn in eingeborenen Kreisen von Deutschen die Rede ist, so weiß man
immer noch nicht so recht, was eigentlich zu unseren Gunsten vorzubringen
wäre. Man erwähnt wohl unsere Leistungen auf dem Gebiete der Musik und
gibt vielleicht zu, daß wir diesem Lande den Wagner, das größte musikalische
Genie aller Zeiten und Nationen, geschenkt haben. Damit hat aber das Rühmen
ein Ende erreicht. Man schweigt gewöhnlich über das, was wir berechtigterweise
hören wollen, nämlich darüber, was wir Deutschen zu der Entwicklung des
Landes unserer Wahl beigetragen haben, auch über die Ströme deutschen Bluts
die in dem Befreiungs- und Bürgerkriege amerikanischen Boden tränkten. Noch
vor, sagen wir, fünfzig Jahren hat der Deutsche hier durchaus keine angenehme
Stellung gehabt. Das hat sich gewaltig geändert, und wir nehmen gegenwärtig
in der großen Republik den uns gebührenden Platz ein. Verdanken wir dies
ausschließlich den eigenen Verdiensten? Die waren doch schon vorher und
immer da! Ist der "Dutchmcm" auf der amerikanischen Bühne heute ein
erträglicher Kerl, weil wir uns vorteilhaft geändert, weil von drüben etwa
bessere Elemente hinübergekommen sind? -- Sicherlich nicht.

Seit dem großen Kriege mit Frankreich hat sich in den Gemarkungen
unseres alten Vaterlandes ein ganz wunderbarer Wechsel vollzogen. Da fällt
mir bei der Gelegenheit ein kleines Gedicht ein, das ich, bereits auf amerikanischen!
Boden, als noch sehr junger Mann und in wohlgemeinter Begeisterung an
einem Sedantage verfaßt habe. Zwei Strophen daraus lauten wie folgt:


Neu-San Francisco und die Panama-Pacific-Exposition

Schäfte zu machen, das; das große deutsche Volk, das bei den Aus¬
stellungen in Chikago und Se. Louis glorreichen Angedenkens seinen enormen
Fortschritt sichtbar vor Augen geführt habe, sich von San Francisco doch nicht
gänzlich fernhalten werde. Da es mit der „offiziellen" Beteiligung nichts zu
werden scheint, rechnet man noch immer mit Bestimmtheit auf eine desto größere
„individuelle" Beteiligung. Kurz, wir guten Deutschen stehen wieder einmal am
Orte geplanter Großtaten, für die man unsere Mitwirkung beansprucht, im Vorder¬
grunde des Interesses, und es werden namentlich diejenigen deutschen Vereine,
die die Sache fördernde Beschlüsse fassen, mit Lob förmlich überschüttet.
Selbstverständlich ist ein solches Lob vollkommen verdient und den „Hermanns¬
söhnen" und anderen deutschen Vereinigungen sowie dem „Deutschen Verband",
die sich der Angelegenheit so eifrig annehmen, gebührt ein von ganzem Herzen
kommender warmer Händedruck. Ob sich aber die deutsche Regierung dadurch
wird umstimmen lassen, ist freilich wohl keine Frage mehr. Drüben heißt
es eben auch: „Das Geschäft ist die Hauptsache, und wo wir nicht Geld ver¬
dienen zu können glauben, bleiben wir eben fort," und es ist überflüssig, auf
die bekannten deutschen Gründe für das Fernbleiben von der Ausstellung hier
nochmals einzugehen. Daß sich das alte Vaterland uns hier ansässigen Deutschen
zuliebe aus rein sentimentalen Gründen an der Ausstellung beteiligen müßte,
das wäre denn doch eigentlich von unserer Seite ein ziemlich merkwürdiges Ver¬
langen.

Wenn in eingeborenen Kreisen von Deutschen die Rede ist, so weiß man
immer noch nicht so recht, was eigentlich zu unseren Gunsten vorzubringen
wäre. Man erwähnt wohl unsere Leistungen auf dem Gebiete der Musik und
gibt vielleicht zu, daß wir diesem Lande den Wagner, das größte musikalische
Genie aller Zeiten und Nationen, geschenkt haben. Damit hat aber das Rühmen
ein Ende erreicht. Man schweigt gewöhnlich über das, was wir berechtigterweise
hören wollen, nämlich darüber, was wir Deutschen zu der Entwicklung des
Landes unserer Wahl beigetragen haben, auch über die Ströme deutschen Bluts
die in dem Befreiungs- und Bürgerkriege amerikanischen Boden tränkten. Noch
vor, sagen wir, fünfzig Jahren hat der Deutsche hier durchaus keine angenehme
Stellung gehabt. Das hat sich gewaltig geändert, und wir nehmen gegenwärtig
in der großen Republik den uns gebührenden Platz ein. Verdanken wir dies
ausschließlich den eigenen Verdiensten? Die waren doch schon vorher und
immer da! Ist der „Dutchmcm" auf der amerikanischen Bühne heute ein
erträglicher Kerl, weil wir uns vorteilhaft geändert, weil von drüben etwa
bessere Elemente hinübergekommen sind? — Sicherlich nicht.

Seit dem großen Kriege mit Frankreich hat sich in den Gemarkungen
unseres alten Vaterlandes ein ganz wunderbarer Wechsel vollzogen. Da fällt
mir bei der Gelegenheit ein kleines Gedicht ein, das ich, bereits auf amerikanischen!
Boden, als noch sehr junger Mann und in wohlgemeinter Begeisterung an
einem Sedantage verfaßt habe. Zwei Strophen daraus lauten wie folgt:


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[0286] Neu-San Francisco und die Panama-Pacific-Exposition Schäfte zu machen, das; das große deutsche Volk, das bei den Aus¬ stellungen in Chikago und Se. Louis glorreichen Angedenkens seinen enormen Fortschritt sichtbar vor Augen geführt habe, sich von San Francisco doch nicht gänzlich fernhalten werde. Da es mit der „offiziellen" Beteiligung nichts zu werden scheint, rechnet man noch immer mit Bestimmtheit auf eine desto größere „individuelle" Beteiligung. Kurz, wir guten Deutschen stehen wieder einmal am Orte geplanter Großtaten, für die man unsere Mitwirkung beansprucht, im Vorder¬ grunde des Interesses, und es werden namentlich diejenigen deutschen Vereine, die die Sache fördernde Beschlüsse fassen, mit Lob förmlich überschüttet. Selbstverständlich ist ein solches Lob vollkommen verdient und den „Hermanns¬ söhnen" und anderen deutschen Vereinigungen sowie dem „Deutschen Verband", die sich der Angelegenheit so eifrig annehmen, gebührt ein von ganzem Herzen kommender warmer Händedruck. Ob sich aber die deutsche Regierung dadurch wird umstimmen lassen, ist freilich wohl keine Frage mehr. Drüben heißt es eben auch: „Das Geschäft ist die Hauptsache, und wo wir nicht Geld ver¬ dienen zu können glauben, bleiben wir eben fort," und es ist überflüssig, auf die bekannten deutschen Gründe für das Fernbleiben von der Ausstellung hier nochmals einzugehen. Daß sich das alte Vaterland uns hier ansässigen Deutschen zuliebe aus rein sentimentalen Gründen an der Ausstellung beteiligen müßte, das wäre denn doch eigentlich von unserer Seite ein ziemlich merkwürdiges Ver¬ langen. Wenn in eingeborenen Kreisen von Deutschen die Rede ist, so weiß man immer noch nicht so recht, was eigentlich zu unseren Gunsten vorzubringen wäre. Man erwähnt wohl unsere Leistungen auf dem Gebiete der Musik und gibt vielleicht zu, daß wir diesem Lande den Wagner, das größte musikalische Genie aller Zeiten und Nationen, geschenkt haben. Damit hat aber das Rühmen ein Ende erreicht. Man schweigt gewöhnlich über das, was wir berechtigterweise hören wollen, nämlich darüber, was wir Deutschen zu der Entwicklung des Landes unserer Wahl beigetragen haben, auch über die Ströme deutschen Bluts die in dem Befreiungs- und Bürgerkriege amerikanischen Boden tränkten. Noch vor, sagen wir, fünfzig Jahren hat der Deutsche hier durchaus keine angenehme Stellung gehabt. Das hat sich gewaltig geändert, und wir nehmen gegenwärtig in der großen Republik den uns gebührenden Platz ein. Verdanken wir dies ausschließlich den eigenen Verdiensten? Die waren doch schon vorher und immer da! Ist der „Dutchmcm" auf der amerikanischen Bühne heute ein erträglicher Kerl, weil wir uns vorteilhaft geändert, weil von drüben etwa bessere Elemente hinübergekommen sind? — Sicherlich nicht. Seit dem großen Kriege mit Frankreich hat sich in den Gemarkungen unseres alten Vaterlandes ein ganz wunderbarer Wechsel vollzogen. Da fällt mir bei der Gelegenheit ein kleines Gedicht ein, das ich, bereits auf amerikanischen! Boden, als noch sehr junger Mann und in wohlgemeinter Begeisterung an einem Sedantage verfaßt habe. Zwei Strophen daraus lauten wie folgt:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/286>, abgerufen am 27.07.2024.