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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Deutsche Rheinmündung

genommen sein, auch in seinem weiteren Verlauf sind hochangespannteste
Leistungen von ihnen zu fordern, so daß der, obgleich geminderte Privat¬
güterverkehr, will er nicht ins Stocken geraten, zweckmäßig den Wasserweg ein¬
schlägt.

Ferner ist der Transpoit von Verwundeten und die Errichtung von
beweglichen Lazaretten, wie Magazinen zu berücksichtigen. Besonders hierfür
eignen sich die Wasserstraßen, wie das bereits der Krieg gegen Frankreich, in
welchem der Rhein solchen Zwecken diente, gezeitigt hat, während die Aus¬
nutzung der französischen Wasserstraßen, vornehmlich des Rhein--Marnekanals,
nicht erfolgte, wodurch wir mancher Transportschwierigkeiten enthoben wären.

Dies Unterlassen hat nur ergeben, welche wertvollen Dienste Wasserstraßen
im Kriege zu leisten vermögen. Ihren Ausbau schon in Friedenszeiten, damit
sie den Schienenweg im Ernstfalle ergänzen, zu fördern, und so gleichzeitig für
die Erhaltung der kämpfenden Truppen, worauf die gesamte Kriegsführung
sich stützt, vorzusorgen. muß eine dringende Mahnung an die Gegenwart sein.
Wenn bereits Friedrich der Große, der sich im Schlesischen, wie im sieben¬
jährigen Kriege in ausgiebiger Weise der Elbe wie der Oder bediente, von
letzterer als der "Nährmutter" der Armee sprach, so dürfte dadurch die hohe
Bedeutung, welche den Wasserwegen überhaupt im Ernstfalle beizumessen ist,
in das rechte Licht gerückt sein.

Der Wert der Wasserstraßen für einen Krieg wird sich nun nach ihreni
Lauf, aber auch nach ihrer Lage richten. Es ist daher in erster Reihe nötig, in
solchen Gegenden bestehende Wasserverbindungen auszubauen, oder neue zu
schaffen, für welche schon heute die Vermutung eines künftigen Kriegsschau¬
platzes spricht. Deutschland muß in dieser Beziehung, darüber herrscht wohl
ganz allgemein nur eine Ansicht, auf seine Westgrenze bedacht sein und hier,
wo möglicherweise mit einem künftigen Aufmarsch zu rechnen ist, bereits im
Frieden hinlängliche Verkehrsmittel in Bereitschaft halten.

Für solchen Fall wird sich das Vorhandensein eines Kanals von der
'Emsmündung zum Rhein und damit in das Herz unserer Schwerindustrie
hinein als durchaus zweckmäßig erweisen. Es ist phantastisch sür ihn Dimen¬
sionen zu fordern, die sich denen des Kaiser-Wilhelmskanals nähern, ihn also
zur Befahrung von Kriegsschiffen größten Stils befähigen sollen; phantastisch
aus dem Grunde, weil die Natur einer solchen Ausführung Schranken ent¬
gegensetzt, welche nur durchbrochen werden könnten unter Aufbringung ganz
riesenhafter Mittel, der kein preußischer Minister jemals wird zustimmen. Wohl
aber ist demgegenüber einer Wasserstraße das Wort zu reden, welche sich
Größenmassen anpaßt, wie' sie' mittlere Seedampfer besitzen, beziehungsweise
auch für solche befahrbar ist, die nach ihren Größenverhältnissen geeignet sind
rheinaufwärts zu verkehren.

Eine derartige Wasserstraße möchte auch unserer Marine Dienste erweisen.
Wenn immerhin, wie wohl anzunehmen ist. unsere Marineverwaltung in aus-
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genommen sein, auch in seinem weiteren Verlauf sind hochangespannteste
Leistungen von ihnen zu fordern, so daß der, obgleich geminderte Privat¬
güterverkehr, will er nicht ins Stocken geraten, zweckmäßig den Wasserweg ein¬
schlägt.

Ferner ist der Transpoit von Verwundeten und die Errichtung von
beweglichen Lazaretten, wie Magazinen zu berücksichtigen. Besonders hierfür
eignen sich die Wasserstraßen, wie das bereits der Krieg gegen Frankreich, in
welchem der Rhein solchen Zwecken diente, gezeitigt hat, während die Aus¬
nutzung der französischen Wasserstraßen, vornehmlich des Rhein—Marnekanals,
nicht erfolgte, wodurch wir mancher Transportschwierigkeiten enthoben wären.

Dies Unterlassen hat nur ergeben, welche wertvollen Dienste Wasserstraßen
im Kriege zu leisten vermögen. Ihren Ausbau schon in Friedenszeiten, damit
sie den Schienenweg im Ernstfalle ergänzen, zu fördern, und so gleichzeitig für
die Erhaltung der kämpfenden Truppen, worauf die gesamte Kriegsführung
sich stützt, vorzusorgen. muß eine dringende Mahnung an die Gegenwart sein.
Wenn bereits Friedrich der Große, der sich im Schlesischen, wie im sieben¬
jährigen Kriege in ausgiebiger Weise der Elbe wie der Oder bediente, von
letzterer als der „Nährmutter" der Armee sprach, so dürfte dadurch die hohe
Bedeutung, welche den Wasserwegen überhaupt im Ernstfalle beizumessen ist,
in das rechte Licht gerückt sein.

Der Wert der Wasserstraßen für einen Krieg wird sich nun nach ihreni
Lauf, aber auch nach ihrer Lage richten. Es ist daher in erster Reihe nötig, in
solchen Gegenden bestehende Wasserverbindungen auszubauen, oder neue zu
schaffen, für welche schon heute die Vermutung eines künftigen Kriegsschau¬
platzes spricht. Deutschland muß in dieser Beziehung, darüber herrscht wohl
ganz allgemein nur eine Ansicht, auf seine Westgrenze bedacht sein und hier,
wo möglicherweise mit einem künftigen Aufmarsch zu rechnen ist, bereits im
Frieden hinlängliche Verkehrsmittel in Bereitschaft halten.

Für solchen Fall wird sich das Vorhandensein eines Kanals von der
'Emsmündung zum Rhein und damit in das Herz unserer Schwerindustrie
hinein als durchaus zweckmäßig erweisen. Es ist phantastisch sür ihn Dimen¬
sionen zu fordern, die sich denen des Kaiser-Wilhelmskanals nähern, ihn also
zur Befahrung von Kriegsschiffen größten Stils befähigen sollen; phantastisch
aus dem Grunde, weil die Natur einer solchen Ausführung Schranken ent¬
gegensetzt, welche nur durchbrochen werden könnten unter Aufbringung ganz
riesenhafter Mittel, der kein preußischer Minister jemals wird zustimmen. Wohl
aber ist demgegenüber einer Wasserstraße das Wort zu reden, welche sich
Größenmassen anpaßt, wie' sie' mittlere Seedampfer besitzen, beziehungsweise
auch für solche befahrbar ist, die nach ihren Größenverhältnissen geeignet sind
rheinaufwärts zu verkehren.

Eine derartige Wasserstraße möchte auch unserer Marine Dienste erweisen.
Wenn immerhin, wie wohl anzunehmen ist. unsere Marineverwaltung in aus-
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[0159] Deutsche Rheinmündung genommen sein, auch in seinem weiteren Verlauf sind hochangespannteste Leistungen von ihnen zu fordern, so daß der, obgleich geminderte Privat¬ güterverkehr, will er nicht ins Stocken geraten, zweckmäßig den Wasserweg ein¬ schlägt. Ferner ist der Transpoit von Verwundeten und die Errichtung von beweglichen Lazaretten, wie Magazinen zu berücksichtigen. Besonders hierfür eignen sich die Wasserstraßen, wie das bereits der Krieg gegen Frankreich, in welchem der Rhein solchen Zwecken diente, gezeitigt hat, während die Aus¬ nutzung der französischen Wasserstraßen, vornehmlich des Rhein—Marnekanals, nicht erfolgte, wodurch wir mancher Transportschwierigkeiten enthoben wären. Dies Unterlassen hat nur ergeben, welche wertvollen Dienste Wasserstraßen im Kriege zu leisten vermögen. Ihren Ausbau schon in Friedenszeiten, damit sie den Schienenweg im Ernstfalle ergänzen, zu fördern, und so gleichzeitig für die Erhaltung der kämpfenden Truppen, worauf die gesamte Kriegsführung sich stützt, vorzusorgen. muß eine dringende Mahnung an die Gegenwart sein. Wenn bereits Friedrich der Große, der sich im Schlesischen, wie im sieben¬ jährigen Kriege in ausgiebiger Weise der Elbe wie der Oder bediente, von letzterer als der „Nährmutter" der Armee sprach, so dürfte dadurch die hohe Bedeutung, welche den Wasserwegen überhaupt im Ernstfalle beizumessen ist, in das rechte Licht gerückt sein. Der Wert der Wasserstraßen für einen Krieg wird sich nun nach ihreni Lauf, aber auch nach ihrer Lage richten. Es ist daher in erster Reihe nötig, in solchen Gegenden bestehende Wasserverbindungen auszubauen, oder neue zu schaffen, für welche schon heute die Vermutung eines künftigen Kriegsschau¬ platzes spricht. Deutschland muß in dieser Beziehung, darüber herrscht wohl ganz allgemein nur eine Ansicht, auf seine Westgrenze bedacht sein und hier, wo möglicherweise mit einem künftigen Aufmarsch zu rechnen ist, bereits im Frieden hinlängliche Verkehrsmittel in Bereitschaft halten. Für solchen Fall wird sich das Vorhandensein eines Kanals von der 'Emsmündung zum Rhein und damit in das Herz unserer Schwerindustrie hinein als durchaus zweckmäßig erweisen. Es ist phantastisch sür ihn Dimen¬ sionen zu fordern, die sich denen des Kaiser-Wilhelmskanals nähern, ihn also zur Befahrung von Kriegsschiffen größten Stils befähigen sollen; phantastisch aus dem Grunde, weil die Natur einer solchen Ausführung Schranken ent¬ gegensetzt, welche nur durchbrochen werden könnten unter Aufbringung ganz riesenhafter Mittel, der kein preußischer Minister jemals wird zustimmen. Wohl aber ist demgegenüber einer Wasserstraße das Wort zu reden, welche sich Größenmassen anpaßt, wie' sie' mittlere Seedampfer besitzen, beziehungsweise auch für solche befahrbar ist, die nach ihren Größenverhältnissen geeignet sind rheinaufwärts zu verkehren. Eine derartige Wasserstraße möchte auch unserer Marine Dienste erweisen. Wenn immerhin, wie wohl anzunehmen ist. unsere Marineverwaltung in aus- * 10

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/159>, abgerufen am 28.07.2024.