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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Über den Ursprung des Lebens

erschöpft werden, weil das irdische Sein und Wirken das kosmische niemals
restlos darstellen kann.

In diesem Sinne bedeutungsvoll hat die neuere Himmelsforschung zwei
Ergebnisse aufzuweisen, welche den schwedischen Forscher Soante Arrhenius ver¬
anlaßten, in seinem Buche "Das Werden der Welten" eine die Entstehung des
"Lebens in der Natur" betreffende Hypothese aufzustellen. Es sind dies: die
Erfüllung des Weltraumes mit außerordentlich feinem kosmischen Staub und die
Wirkung des Strahlendruckes als bewegende Kraft.

Die ungeheuren Geschwindigkeiten, welche gewaltige explosive Vorgänge in
den glühenden Weltkörpern, sowie die Strahlungsenergie elektrischer Entladungen
und des Lichtes den von ihnen ergriffenen Substanzen verleihen, sind nicht nur
imstande, diese in unermeßlich kleine Teilchen zu zerreißen, sondern auch die
Schwerkraft zu überwinden, so daß die in den Weltraum geschleuderten Par¬
tikelchen sich hier in feinster Verteilung frei schwebend erhalten, sich mit dem
hier bereits vorhandenen kosmischen Staube vereinigen und zu Nebeln ver¬
dichten, aber auch als zur Ruhe gelangter schwebender Staub in den Bereich
der Anziehung der den Weltraum durcheilenden Körper gelangen und auf diese
fallen können.

Dieser kosmische Staub ergänzt sich immer wieder durch die Zerstörungen
von Weltkörpern, die stattfinden, sobald sie sich in ihren Bahnen einander hin¬
reichend nähern, um sich mit steigender Geschwindigkeit anzuziehen bis zum
endlichen Zusammenstoß. Im kosmischen Staube sind daher auch zahlreiche
minimale Bestandteile erloschener und zerstörter Weltkörper enthalten, auch solche,
die here'rs an der Entstehung des Lebens beteiligt waren und die Fähigkeit in
sich schließen, unter entsprechenden Betätigungsbedingungen Leben zu begründen.
Die Elemente der Lebensbetätigung wären hiernach im Weltraum dauernd und
-in weitester Verbreitung vorhanden. Demgemäß würde es sich gar nicht um die
Entstehung des Lebens handeln, sondern um die Frage: wie vermag das "Leben
-in der Natur" die gewaltigen Katastrophen zu überdauern, welche die Welt¬
körper und Welten svsteme in unermeßlichen Zeiträumen erleiden?

Diese Möglichkeit wird allerdings bestritten; nicht weil die hohen Tempe¬
raturen der aus glühenden Massen bestehenden Weltkörper die Lebensfähigkeit
vernichten müßten, denn es kommen nur Bestandteile dunkler, bereits mit er¬
kalteter äußerer Schicht umgebene Staubmassen, Nebel und Weltkörper in
Betracht. Dagegen wird der außerordentliche Tiefstand der Temperatur im
Weltraume, in welchen: sich der kosmische Staub befindet und bewegt, als Grund
der Unmöglichkeit der Erhaltung des Lebens in der Natur bezeichnet, weil in¬
folge der kaum zu ermessenden Räume, die der Staub zurücklegen muß, um
von Weltkörper zu Weltkörper zu gelangen, die Dauer der Einwirkung der
niederen Temperatur eine sehr große sein würde. Auch bei der größten uns
bekannten Geschwindigkeit würden nicht nur Wochen und Monate, sondern viele
Jahre vergehen, bis die in Betracht kommenden Entfernungen zurückgelegt sind,


Über den Ursprung des Lebens

erschöpft werden, weil das irdische Sein und Wirken das kosmische niemals
restlos darstellen kann.

In diesem Sinne bedeutungsvoll hat die neuere Himmelsforschung zwei
Ergebnisse aufzuweisen, welche den schwedischen Forscher Soante Arrhenius ver¬
anlaßten, in seinem Buche „Das Werden der Welten" eine die Entstehung des
„Lebens in der Natur" betreffende Hypothese aufzustellen. Es sind dies: die
Erfüllung des Weltraumes mit außerordentlich feinem kosmischen Staub und die
Wirkung des Strahlendruckes als bewegende Kraft.

Die ungeheuren Geschwindigkeiten, welche gewaltige explosive Vorgänge in
den glühenden Weltkörpern, sowie die Strahlungsenergie elektrischer Entladungen
und des Lichtes den von ihnen ergriffenen Substanzen verleihen, sind nicht nur
imstande, diese in unermeßlich kleine Teilchen zu zerreißen, sondern auch die
Schwerkraft zu überwinden, so daß die in den Weltraum geschleuderten Par¬
tikelchen sich hier in feinster Verteilung frei schwebend erhalten, sich mit dem
hier bereits vorhandenen kosmischen Staube vereinigen und zu Nebeln ver¬
dichten, aber auch als zur Ruhe gelangter schwebender Staub in den Bereich
der Anziehung der den Weltraum durcheilenden Körper gelangen und auf diese
fallen können.

Dieser kosmische Staub ergänzt sich immer wieder durch die Zerstörungen
von Weltkörpern, die stattfinden, sobald sie sich in ihren Bahnen einander hin¬
reichend nähern, um sich mit steigender Geschwindigkeit anzuziehen bis zum
endlichen Zusammenstoß. Im kosmischen Staube sind daher auch zahlreiche
minimale Bestandteile erloschener und zerstörter Weltkörper enthalten, auch solche,
die here'rs an der Entstehung des Lebens beteiligt waren und die Fähigkeit in
sich schließen, unter entsprechenden Betätigungsbedingungen Leben zu begründen.
Die Elemente der Lebensbetätigung wären hiernach im Weltraum dauernd und
-in weitester Verbreitung vorhanden. Demgemäß würde es sich gar nicht um die
Entstehung des Lebens handeln, sondern um die Frage: wie vermag das „Leben
-in der Natur" die gewaltigen Katastrophen zu überdauern, welche die Welt¬
körper und Welten svsteme in unermeßlichen Zeiträumen erleiden?

Diese Möglichkeit wird allerdings bestritten; nicht weil die hohen Tempe¬
raturen der aus glühenden Massen bestehenden Weltkörper die Lebensfähigkeit
vernichten müßten, denn es kommen nur Bestandteile dunkler, bereits mit er¬
kalteter äußerer Schicht umgebene Staubmassen, Nebel und Weltkörper in
Betracht. Dagegen wird der außerordentliche Tiefstand der Temperatur im
Weltraume, in welchen: sich der kosmische Staub befindet und bewegt, als Grund
der Unmöglichkeit der Erhaltung des Lebens in der Natur bezeichnet, weil in¬
folge der kaum zu ermessenden Räume, die der Staub zurücklegen muß, um
von Weltkörper zu Weltkörper zu gelangen, die Dauer der Einwirkung der
niederen Temperatur eine sehr große sein würde. Auch bei der größten uns
bekannten Geschwindigkeit würden nicht nur Wochen und Monate, sondern viele
Jahre vergehen, bis die in Betracht kommenden Entfernungen zurückgelegt sind,


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[0508] Über den Ursprung des Lebens erschöpft werden, weil das irdische Sein und Wirken das kosmische niemals restlos darstellen kann. In diesem Sinne bedeutungsvoll hat die neuere Himmelsforschung zwei Ergebnisse aufzuweisen, welche den schwedischen Forscher Soante Arrhenius ver¬ anlaßten, in seinem Buche „Das Werden der Welten" eine die Entstehung des „Lebens in der Natur" betreffende Hypothese aufzustellen. Es sind dies: die Erfüllung des Weltraumes mit außerordentlich feinem kosmischen Staub und die Wirkung des Strahlendruckes als bewegende Kraft. Die ungeheuren Geschwindigkeiten, welche gewaltige explosive Vorgänge in den glühenden Weltkörpern, sowie die Strahlungsenergie elektrischer Entladungen und des Lichtes den von ihnen ergriffenen Substanzen verleihen, sind nicht nur imstande, diese in unermeßlich kleine Teilchen zu zerreißen, sondern auch die Schwerkraft zu überwinden, so daß die in den Weltraum geschleuderten Par¬ tikelchen sich hier in feinster Verteilung frei schwebend erhalten, sich mit dem hier bereits vorhandenen kosmischen Staube vereinigen und zu Nebeln ver¬ dichten, aber auch als zur Ruhe gelangter schwebender Staub in den Bereich der Anziehung der den Weltraum durcheilenden Körper gelangen und auf diese fallen können. Dieser kosmische Staub ergänzt sich immer wieder durch die Zerstörungen von Weltkörpern, die stattfinden, sobald sie sich in ihren Bahnen einander hin¬ reichend nähern, um sich mit steigender Geschwindigkeit anzuziehen bis zum endlichen Zusammenstoß. Im kosmischen Staube sind daher auch zahlreiche minimale Bestandteile erloschener und zerstörter Weltkörper enthalten, auch solche, die here'rs an der Entstehung des Lebens beteiligt waren und die Fähigkeit in sich schließen, unter entsprechenden Betätigungsbedingungen Leben zu begründen. Die Elemente der Lebensbetätigung wären hiernach im Weltraum dauernd und -in weitester Verbreitung vorhanden. Demgemäß würde es sich gar nicht um die Entstehung des Lebens handeln, sondern um die Frage: wie vermag das „Leben -in der Natur" die gewaltigen Katastrophen zu überdauern, welche die Welt¬ körper und Welten svsteme in unermeßlichen Zeiträumen erleiden? Diese Möglichkeit wird allerdings bestritten; nicht weil die hohen Tempe¬ raturen der aus glühenden Massen bestehenden Weltkörper die Lebensfähigkeit vernichten müßten, denn es kommen nur Bestandteile dunkler, bereits mit er¬ kalteter äußerer Schicht umgebene Staubmassen, Nebel und Weltkörper in Betracht. Dagegen wird der außerordentliche Tiefstand der Temperatur im Weltraume, in welchen: sich der kosmische Staub befindet und bewegt, als Grund der Unmöglichkeit der Erhaltung des Lebens in der Natur bezeichnet, weil in¬ folge der kaum zu ermessenden Räume, die der Staub zurücklegen muß, um von Weltkörper zu Weltkörper zu gelangen, die Dauer der Einwirkung der niederen Temperatur eine sehr große sein würde. Auch bei der größten uns bekannten Geschwindigkeit würden nicht nur Wochen und Monate, sondern viele Jahre vergehen, bis die in Betracht kommenden Entfernungen zurückgelegt sind,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/508>, abgerufen am 19.10.2024.