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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Aomint die Aaperei wieder?

Handelsschiffen in Kriegsschiffe aus hoher See gefolgert, und mit nicht zu ver¬
kennenden Pathos zu verstehen gegeben, daß es Großbritannien sei, welches die
Rechte und Ansprüche der Neutralen im Kriege schützen wolle. In den dann
folgenden Verhandlungen der betreffenden Kommission hob die deutsche Dele¬
gation demgegenüber hervor: "Die auf hoher See umgewandelten Schiffe können
keine anderen Rechte ausüben und den Handel nicht anders beschränken, als die
in nationalen Häfen umgewandelten Schiffe." Die legitime Schiffahrt werde
dadurch in ihrer Lage keineswegs verschlechtert. "Mit der Vermehrung der Zahl
der Kriegsschiffe wird allerdings der Kriegführende eher in der Lage sein, den
Konterbandehandel zu überwachen und zu unterdrücken, und ohne Zweifel werden
diejenigen Schiffe, welche diesen unerlaubten Handel treiben, hierunter zu leiden
haben; der friedliche Handel jedoch hat lediglich die Interessen, welche durch die
Haager Übereinkunft über die Umwandlung bereits geschützt sind."

schlagender konnten die angeführten Scheingründe der britischen Stellung
nicht zerstört werden, und diese beschränkte sich in der Folge tenn auch auf
Schlagworte, die, für "Iiome Lonsumption" bestimmt, von der britischen Presse
mit Eifer und Ausdauer benutzt worden sind: man lasse mit dem Rechte der
Umwandlung auf hoher See die durch die Pariser Deklaration 1856 verbotene
Kaperei wieder aufleben, und zwar in schlimmerer und gefährlicherer Form.
"Neutrale Mächte würden sicher gegen die Wegnahme ihrer Schiffe durch der¬
artige Kriegsschiffe Einspruch erheben; aus diese Weise würde also die ernste
Gefahr der Ausdehnung des Kriegstheaters heraufbeschworen werden, eine
Gefahr, welche die beiden Friedenskonferenzen, wie die gegenwärtige Konferenz,
ausdrücklich zu beseitigen bestrebt sind." Die Frage der Zulässigkeit der Um¬
wandlung, heißt es weiter, sei zwar bisher nach einer allgemein anerkannten
internationalen Rechtsnorm nicht entschieden worden, weder nach der einen,
noch nach der anderen Seite, doch "steht die hierfür sich aussprechende Ansicht
im Widerspruche mit den Rechten der Neutralen und mit den Grundsätzen der
internationalen Courtoisie!" -- Wie gesagt, man gelangte zu keiner Einigung
und verständigte sich nur darüber, daß die Frage nach wie vor offen bleibe.
Jede Macht wird hinsichtlich der Umwandlung ihrer zu Hilfskreuzern bestimmten
Dampfer im Kriege also nach eigenem Ermessen handeln.




Soweit die Armierungsfrage von Kauffahrern auf hoher See, losgelöst
von allen anderen Fragen. So isoliert indessen, wie es nach unserer bis¬
herigen Darstellung den Anschein haben mag, steht auch diese Frage nicht und
ihre volle Bedeutung für Deutschland und die anderen Festlandsmächte tritt erst
Zulage, wenn man sich daran erinnert, daß einmal England auf der Haager
Konferenz von 1907 die Schaffung eines internationalen Prisengerichts be¬
antragt hat, und daß dasselbe England die praktische Einführung dieser
Appellationsinstanz bisher verhindert hat.

Auf der Haager Konferenz war bekanntlich auch die Errichtung eines inter¬
nationalen Prisenhofes als einer über die nationalen Prisengerichte hinaus


Aomint die Aaperei wieder?

Handelsschiffen in Kriegsschiffe aus hoher See gefolgert, und mit nicht zu ver¬
kennenden Pathos zu verstehen gegeben, daß es Großbritannien sei, welches die
Rechte und Ansprüche der Neutralen im Kriege schützen wolle. In den dann
folgenden Verhandlungen der betreffenden Kommission hob die deutsche Dele¬
gation demgegenüber hervor: „Die auf hoher See umgewandelten Schiffe können
keine anderen Rechte ausüben und den Handel nicht anders beschränken, als die
in nationalen Häfen umgewandelten Schiffe." Die legitime Schiffahrt werde
dadurch in ihrer Lage keineswegs verschlechtert. „Mit der Vermehrung der Zahl
der Kriegsschiffe wird allerdings der Kriegführende eher in der Lage sein, den
Konterbandehandel zu überwachen und zu unterdrücken, und ohne Zweifel werden
diejenigen Schiffe, welche diesen unerlaubten Handel treiben, hierunter zu leiden
haben; der friedliche Handel jedoch hat lediglich die Interessen, welche durch die
Haager Übereinkunft über die Umwandlung bereits geschützt sind."

schlagender konnten die angeführten Scheingründe der britischen Stellung
nicht zerstört werden, und diese beschränkte sich in der Folge tenn auch auf
Schlagworte, die, für „Iiome Lonsumption" bestimmt, von der britischen Presse
mit Eifer und Ausdauer benutzt worden sind: man lasse mit dem Rechte der
Umwandlung auf hoher See die durch die Pariser Deklaration 1856 verbotene
Kaperei wieder aufleben, und zwar in schlimmerer und gefährlicherer Form.
„Neutrale Mächte würden sicher gegen die Wegnahme ihrer Schiffe durch der¬
artige Kriegsschiffe Einspruch erheben; aus diese Weise würde also die ernste
Gefahr der Ausdehnung des Kriegstheaters heraufbeschworen werden, eine
Gefahr, welche die beiden Friedenskonferenzen, wie die gegenwärtige Konferenz,
ausdrücklich zu beseitigen bestrebt sind." Die Frage der Zulässigkeit der Um¬
wandlung, heißt es weiter, sei zwar bisher nach einer allgemein anerkannten
internationalen Rechtsnorm nicht entschieden worden, weder nach der einen,
noch nach der anderen Seite, doch „steht die hierfür sich aussprechende Ansicht
im Widerspruche mit den Rechten der Neutralen und mit den Grundsätzen der
internationalen Courtoisie!" — Wie gesagt, man gelangte zu keiner Einigung
und verständigte sich nur darüber, daß die Frage nach wie vor offen bleibe.
Jede Macht wird hinsichtlich der Umwandlung ihrer zu Hilfskreuzern bestimmten
Dampfer im Kriege also nach eigenem Ermessen handeln.




Soweit die Armierungsfrage von Kauffahrern auf hoher See, losgelöst
von allen anderen Fragen. So isoliert indessen, wie es nach unserer bis¬
herigen Darstellung den Anschein haben mag, steht auch diese Frage nicht und
ihre volle Bedeutung für Deutschland und die anderen Festlandsmächte tritt erst
Zulage, wenn man sich daran erinnert, daß einmal England auf der Haager
Konferenz von 1907 die Schaffung eines internationalen Prisengerichts be¬
antragt hat, und daß dasselbe England die praktische Einführung dieser
Appellationsinstanz bisher verhindert hat.

Auf der Haager Konferenz war bekanntlich auch die Errichtung eines inter¬
nationalen Prisenhofes als einer über die nationalen Prisengerichte hinaus


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[0257] Aomint die Aaperei wieder? Handelsschiffen in Kriegsschiffe aus hoher See gefolgert, und mit nicht zu ver¬ kennenden Pathos zu verstehen gegeben, daß es Großbritannien sei, welches die Rechte und Ansprüche der Neutralen im Kriege schützen wolle. In den dann folgenden Verhandlungen der betreffenden Kommission hob die deutsche Dele¬ gation demgegenüber hervor: „Die auf hoher See umgewandelten Schiffe können keine anderen Rechte ausüben und den Handel nicht anders beschränken, als die in nationalen Häfen umgewandelten Schiffe." Die legitime Schiffahrt werde dadurch in ihrer Lage keineswegs verschlechtert. „Mit der Vermehrung der Zahl der Kriegsschiffe wird allerdings der Kriegführende eher in der Lage sein, den Konterbandehandel zu überwachen und zu unterdrücken, und ohne Zweifel werden diejenigen Schiffe, welche diesen unerlaubten Handel treiben, hierunter zu leiden haben; der friedliche Handel jedoch hat lediglich die Interessen, welche durch die Haager Übereinkunft über die Umwandlung bereits geschützt sind." schlagender konnten die angeführten Scheingründe der britischen Stellung nicht zerstört werden, und diese beschränkte sich in der Folge tenn auch auf Schlagworte, die, für „Iiome Lonsumption" bestimmt, von der britischen Presse mit Eifer und Ausdauer benutzt worden sind: man lasse mit dem Rechte der Umwandlung auf hoher See die durch die Pariser Deklaration 1856 verbotene Kaperei wieder aufleben, und zwar in schlimmerer und gefährlicherer Form. „Neutrale Mächte würden sicher gegen die Wegnahme ihrer Schiffe durch der¬ artige Kriegsschiffe Einspruch erheben; aus diese Weise würde also die ernste Gefahr der Ausdehnung des Kriegstheaters heraufbeschworen werden, eine Gefahr, welche die beiden Friedenskonferenzen, wie die gegenwärtige Konferenz, ausdrücklich zu beseitigen bestrebt sind." Die Frage der Zulässigkeit der Um¬ wandlung, heißt es weiter, sei zwar bisher nach einer allgemein anerkannten internationalen Rechtsnorm nicht entschieden worden, weder nach der einen, noch nach der anderen Seite, doch „steht die hierfür sich aussprechende Ansicht im Widerspruche mit den Rechten der Neutralen und mit den Grundsätzen der internationalen Courtoisie!" — Wie gesagt, man gelangte zu keiner Einigung und verständigte sich nur darüber, daß die Frage nach wie vor offen bleibe. Jede Macht wird hinsichtlich der Umwandlung ihrer zu Hilfskreuzern bestimmten Dampfer im Kriege also nach eigenem Ermessen handeln. Soweit die Armierungsfrage von Kauffahrern auf hoher See, losgelöst von allen anderen Fragen. So isoliert indessen, wie es nach unserer bis¬ herigen Darstellung den Anschein haben mag, steht auch diese Frage nicht und ihre volle Bedeutung für Deutschland und die anderen Festlandsmächte tritt erst Zulage, wenn man sich daran erinnert, daß einmal England auf der Haager Konferenz von 1907 die Schaffung eines internationalen Prisengerichts be¬ antragt hat, und daß dasselbe England die praktische Einführung dieser Appellationsinstanz bisher verhindert hat. Auf der Haager Konferenz war bekanntlich auch die Errichtung eines inter¬ nationalen Prisenhofes als einer über die nationalen Prisengerichte hinaus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/257>, abgerufen am 19.10.2024.