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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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auf das Sorgfältigste nachgeprüft und die
vorstehenden Angaben der "Berichtigung"
durchweg als zutreffend gefunden habe. Der
Name Lachmann ist in dem Städtchen Greiffen¬
berg und seiner Umgebung noch jetzt als
Bürger- und Bauernname sehr verbreitet.
Die Stammreihe läszt sich über den erwähnten
Christoph hinaus lediglich deshalb nicht mit
Bestimmtheit Weiler zurückführen, weil die
Kirchenbücher für die Mitte jenes Jahr¬
hunderts eine Lücke enthalten. Indessen
kommt vor dieser Lücke der Name Lachmann
in den ältesten Kirchenbüchern von Greiffen-
berg (1620 bis 1654) bereits neunzigmal,
davon für die Stadt Greiffenberg selbst
siebenundfünfzigmal, vor, ebenso in den
Kirchenbüchern des benachbarten Friedersdorf
(1654 bis 1690) hundertundachtundachtzig-
mal. Die unmittelbaren Vorfahren des
ersten Freiherrn von Lnchmann haben an
dem Aufschwünge der Leinenmanufaktur in
den schlesischen Gebirgen einen erheblichen
Anteil, Einer von ihnen, Karl Christian,
geboren 1740, gestorben 1815, der von
Friedrich dem Großen zumKönigl. Konferenz¬
rat ernannt wurde und 1791 die für Nicht¬
Edelleute seltene Erlaubnis zum Erwerb
eines Rittergutes erhielt, bewirkte durch seinen
Opfermut noch als Greis die Befreiung
Grciffenbergs von der auf die Stadt ge¬
legten, für sie unerschwinglichen Kriegskontri¬
bution. Ihm gegenüber, als dem Führer einer
Dankesabordnung der Stadt an Friedrich den
Großen für den Aufbau des 1782 abge¬
brannten Greiffenberg, sind übrigens des
Königs berühmte Worte gefallen: "Ihr habt
nicht nötig, Euch bei mir zu bedanken. Es ist
meine Schuldigkeit, meinen verunglückten
Untertanen r.uszuhelfen: dafür bin ich da."
Das Geschlecht ist mit dem ErWerber des
Freiherrnstandes im Jahre 1882 im Mannes¬
stamme bereits wieder erloschen, da der
einzige Sohn auf dem Schlachtfelde von
Mais-la-Tour bereits gefallen war. Es
leben aber noch zwei Töchter, die in sehr
vornehme, titulierte Uradelsgeschlechter Schle¬
siens hineingeheiratet haben, ebenso wie die
Verbindungen des Geschlechtes schon in den
früheren Geschlechtsfolgen bis zum Jahre
1790 hinauf fast ausschließlich in Allianzen
mit angesehenen, altadligen Geschlechtern

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(v. Uchtritz, v. Fischer, v. Wrochem, Frhr.
v. Roth, v. Osten, Gf. v. Schlippenbach,
Pauncefote a. d. H. der Lords Pauncefote
of Preston) bestehen.

Ein weiteres Geschlecht, dem der Semi-
gotha mit der Behauptung jüdischer Ab¬
stammung sicherlich unrecht tut, ist dasjenige
des 1888 vom Kaiser Friedrich dem Dritten
durch den Adel und Freiherrenstand aus¬
gezeichneten Staatsministers, vormals Mi¬
nisters für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten, Robert Lucius Freiherrn von Balk¬
hausen, der den mit dem Freiherrentitel
verbundenen Beinamen "von Balkhausen"
zugleich mit dem obigen Gnadenakte nach
seinem Gute Groß- und Klein-Balkhausen
bei Straußfurt erhielt und ursprünglich Ro¬
bert Lucius hieß. Der Semigotha führt
unter der Überschrift: "(Hecht) Lucius von
Balkhausen aus dem Stamme Levi" aus,
das Geschlecht sei "vielleicht eine von Samuel
Gelhäuser zum Hecht 1550 abstammende
Fortsetzung der alten Rabifamilie Epstein
(1392) zu Frankfurt a. M.", "Lucius" sei eine
Übersetzung von "Hecht" und Robert Lucius
sei ein Sohn des "Fuldaschcn Händlers
Hecht mosaischen Glaubens" und als solcher
am 20. Dezember 1835 zu Erfurt geboren.
Richtig ist, daß das lateinische Wort "lucius"
eine Fischart und, nach Ansicht mancher Ge¬
währsmänner, den Hecht bedeutet. Das
gewöhnlichere Wort scheint aber "ssox" zu
sein. Die Schriftleitung des Semigotha ist
also anscheinend durch die Bedeutung des
lateinischen Wortes "lucius" zu der An¬
nahme von der jüdischen Abstammung des
Geschlechtes gelangt. "Lucius" ist aber auch
ein weit verbreiteter lateinischer Name ge¬
wesen (z. B. "Lucius Sulla" I> und bedeutet
als solcher soviel wie: "am Tage geboren"
(abgeleitet von lux Licht; Gegensatz zu:
"in der Nacht geboren"). Ein Familien¬
name "Lucius" braucht also keineswegs not¬
wendig eine Berlateinung von "Hecht" zu
sein, ganz abgesehen davon, daß der Fa¬
milienname "Hecht" durchaus kein aus¬
schließlich jüdischer ist. Tatsache ist auch,
daß dem Staatsminister usw. Freiherrn Ro¬
bert Lucius von Balkhausen schon wieder¬
holt zur Last gelegt worden ist, jüdischer
Abstammung zu sein, und zwar sowohl im

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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auf das Sorgfältigste nachgeprüft und die
vorstehenden Angaben der „Berichtigung"
durchweg als zutreffend gefunden habe. Der
Name Lachmann ist in dem Städtchen Greiffen¬
berg und seiner Umgebung noch jetzt als
Bürger- und Bauernname sehr verbreitet.
Die Stammreihe läszt sich über den erwähnten
Christoph hinaus lediglich deshalb nicht mit
Bestimmtheit Weiler zurückführen, weil die
Kirchenbücher für die Mitte jenes Jahr¬
hunderts eine Lücke enthalten. Indessen
kommt vor dieser Lücke der Name Lachmann
in den ältesten Kirchenbüchern von Greiffen-
berg (1620 bis 1654) bereits neunzigmal,
davon für die Stadt Greiffenberg selbst
siebenundfünfzigmal, vor, ebenso in den
Kirchenbüchern des benachbarten Friedersdorf
(1654 bis 1690) hundertundachtundachtzig-
mal. Die unmittelbaren Vorfahren des
ersten Freiherrn von Lnchmann haben an
dem Aufschwünge der Leinenmanufaktur in
den schlesischen Gebirgen einen erheblichen
Anteil, Einer von ihnen, Karl Christian,
geboren 1740, gestorben 1815, der von
Friedrich dem Großen zumKönigl. Konferenz¬
rat ernannt wurde und 1791 die für Nicht¬
Edelleute seltene Erlaubnis zum Erwerb
eines Rittergutes erhielt, bewirkte durch seinen
Opfermut noch als Greis die Befreiung
Grciffenbergs von der auf die Stadt ge¬
legten, für sie unerschwinglichen Kriegskontri¬
bution. Ihm gegenüber, als dem Führer einer
Dankesabordnung der Stadt an Friedrich den
Großen für den Aufbau des 1782 abge¬
brannten Greiffenberg, sind übrigens des
Königs berühmte Worte gefallen: „Ihr habt
nicht nötig, Euch bei mir zu bedanken. Es ist
meine Schuldigkeit, meinen verunglückten
Untertanen r.uszuhelfen: dafür bin ich da."
Das Geschlecht ist mit dem ErWerber des
Freiherrnstandes im Jahre 1882 im Mannes¬
stamme bereits wieder erloschen, da der
einzige Sohn auf dem Schlachtfelde von
Mais-la-Tour bereits gefallen war. Es
leben aber noch zwei Töchter, die in sehr
vornehme, titulierte Uradelsgeschlechter Schle¬
siens hineingeheiratet haben, ebenso wie die
Verbindungen des Geschlechtes schon in den
früheren Geschlechtsfolgen bis zum Jahre
1790 hinauf fast ausschließlich in Allianzen
mit angesehenen, altadligen Geschlechtern

[Spaltenumbruch]

(v. Uchtritz, v. Fischer, v. Wrochem, Frhr.
v. Roth, v. Osten, Gf. v. Schlippenbach,
Pauncefote a. d. H. der Lords Pauncefote
of Preston) bestehen.

Ein weiteres Geschlecht, dem der Semi-
gotha mit der Behauptung jüdischer Ab¬
stammung sicherlich unrecht tut, ist dasjenige
des 1888 vom Kaiser Friedrich dem Dritten
durch den Adel und Freiherrenstand aus¬
gezeichneten Staatsministers, vormals Mi¬
nisters für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten, Robert Lucius Freiherrn von Balk¬
hausen, der den mit dem Freiherrentitel
verbundenen Beinamen „von Balkhausen"
zugleich mit dem obigen Gnadenakte nach
seinem Gute Groß- und Klein-Balkhausen
bei Straußfurt erhielt und ursprünglich Ro¬
bert Lucius hieß. Der Semigotha führt
unter der Überschrift: „(Hecht) Lucius von
Balkhausen aus dem Stamme Levi" aus,
das Geschlecht sei „vielleicht eine von Samuel
Gelhäuser zum Hecht 1550 abstammende
Fortsetzung der alten Rabifamilie Epstein
(1392) zu Frankfurt a. M.", „Lucius" sei eine
Übersetzung von „Hecht" und Robert Lucius
sei ein Sohn des „Fuldaschcn Händlers
Hecht mosaischen Glaubens" und als solcher
am 20. Dezember 1835 zu Erfurt geboren.
Richtig ist, daß das lateinische Wort „lucius"
eine Fischart und, nach Ansicht mancher Ge¬
währsmänner, den Hecht bedeutet. Das
gewöhnlichere Wort scheint aber „ssox" zu
sein. Die Schriftleitung des Semigotha ist
also anscheinend durch die Bedeutung des
lateinischen Wortes „lucius" zu der An¬
nahme von der jüdischen Abstammung des
Geschlechtes gelangt. „Lucius" ist aber auch
ein weit verbreiteter lateinischer Name ge¬
wesen (z. B. „Lucius Sulla" I> und bedeutet
als solcher soviel wie: „am Tage geboren"
(abgeleitet von lux Licht; Gegensatz zu:
„in der Nacht geboren"). Ein Familien¬
name „Lucius" braucht also keineswegs not¬
wendig eine Berlateinung von „Hecht" zu
sein, ganz abgesehen davon, daß der Fa¬
milienname „Hecht" durchaus kein aus¬
schließlich jüdischer ist. Tatsache ist auch,
daß dem Staatsminister usw. Freiherrn Ro¬
bert Lucius von Balkhausen schon wieder¬
holt zur Last gelegt worden ist, jüdischer
Abstammung zu sein, und zwar sowohl im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/246>, abgerufen am 19.10.2024.