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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

daß bei dem steirischen Dichter, und nur bei
ihm, die Götter zu finden sind, nach denen
unsere Zeit verlangt. Aber wir wollen uns
trotzdem nicht des Bekenntnisses schämen, daß
es eine große und herrliche Sache ist, einen
so starken, so aufrechten und vor allen Dingen
so "unliterarischen" Dichter wie Peter Rosegger
unter uns zu wissen. Die Krämpfe, die unsere
mühselige und beladene Gegenwart schütteln,
sind leichter zu ertragen in der Gewißheit,
daß die unbestechlichen Augen eines Peter
Rosegger darüber wachen. In alle Dumpf¬
heit und Niedergeschlagenheit unseres literari¬
schen Lebens fällt der helle und adlige Opti¬
mismus dieses Mannes und seines Werkes
wie ein Hoffnungsstrahl. Wenn irgendeiner
aus dieser Zeit würdig ist, die unsichtbaren
Attribute mystischer Dichterherrlichkeit zu
empfangen, so ist es der Sänger und Herold
der grünen Steiermark.

Darum laßt uns fröhlich sein und den
siebzigjährigen Waldbauernbub mit fröhlicher
Zuversicht grüßen.

Dr. Arthur Westphal
Genalogie

Semigotha. Die nachfolgende Veröffent¬
lichung soll die Reihe der Darlegungen
irrtümlicher Zuschreibungen alter, christlicher
Geschlechter zum Jadentume seitens des
"Semigotha" zum Abschluß bringen. Der
Grund zu der langen Unterbrechung seit
meiner letzten Darlegung über den Gegen¬
stand in dieser Zeitschrift liegt darin, daß
ich den mir seitens der betreffenden Ge¬
schlechter noch zur Verfügung gestellten Stoff
erst einer sorgfältigen Prüfung unterziehen
mußte. Möglichste Kürze erscheint aber nun¬
mehr geboten. Zudem hat der Verlag des
Unternehmens: derKyffhäuserverlag, Zechner
K Co., München 23, im Börsenblatt für den
deutschen Buchhandel von Anfang Juni des
laufenden Jahres angekündigt, daß eine
neue Auflage des Bandes im Herbste 1913
erscheinen werde. Es dürfte somit der
Billigkeit entsprechen, abzuwarten, inwieweit
die Schriftleitung vorgekommene Irrtümer
berichtigen, die von den verschiedensten
Seiten gegebenen Nachweise falscher jüdischer
Zuschreibungen berücksichtigen oder letztere
ihrerseits zu stützen suchen wird.

[Spaltenumbruch]

Einige solcher irrtümlichenZuschreibnugen
hat die Schriftleitung des Semigotha in¬
zwischen bereits als solche anerkannt, so
durch Schreiben vom 3. Dezember 1912
(Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung, Ur. 127
vom 16. März 1913) diejenige der durch
Erhebung vom 6. Juli 1863 in den Sachsen-
Cobura und Gothaischen Adel- und Frei¬
herrenstand gelangten Freiherren von Lach-
mrnm-Falkenilu. Karl (Christian Richard)
Lachmann, geboren 1814 zu Greiffenberg,
Herr auf Sponsberg und Wingendorf, Fidei-
kommitzherr auf Falkenau im Kr. Grottkau,
war es, der nichtnur diesen Guatemale, sondern,
im November 1864, auch die Preußische Ge¬
nehmigung zur Führung des Freiherrntitels
erhielt. Die Behauptung des Semigotha:
"Aschkenases, nun evang.; konvertiert um
1800" ist rein willkürlich und stützt sich
anscheinend ausschließlich auf die allerdings
unleugbare Tatsache, daß der selige Herzog
Ernst der Zweite von Sachsen-Coburg und
Gotha, der Erteiler des vorstehenden Di¬
plomes, während seiner langen Regierungs¬
zeit Standeserhebungen und Gnadenakte in
reicher Zahl, darunter auch an viele wohl¬
habende Juden over Nachkommen von solchen,
ausgeteilt hat, die in ihrem Heimatsstaate
zu einem Adels- oder gar einem Freiherrn¬
briefe kaum hätten gelangen können. In
Wahrheit sind die hier in Rede stehenden
Lachmann ein angesehenes Geschlecht der
Stadt Greiffenberg in Schlesien und dort
als Mitglieder des Rates und Inhaber
öffentlicher Ehrenämter seit Jahrhunderten
nachweisbar, d. i. bis in eine Zeit, in der
Juden noch keine Familiennamen führten,
geschweige denn dort Bürgerrechte erlangen
.konnten. Die Stammreihe des Karl (Christian
Richard) Lachmann beginnt mit einem
Christoph Lachmann, Ratsgeschworenen und
Zunftältesten zu Greiffenberg, geboren 1662,
gestorben 1723, und ergibt, daß auch durch
Verschwägerungen kein jüdisches Blut ein¬
gedrungen ist. Ich bin im vorstehenden
absichtlich, um ganz unparteiisch zu sein,
dem Wortlaute der, für die neue Auflage
des Semigotha zwischen den Beteiligten ver¬
einbarten, Berichtigung im wesentlichen ge¬
folgt, möchte aber besonders betonen, daß
ich den mir zur Verfügung gestellten Stoff

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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daß bei dem steirischen Dichter, und nur bei
ihm, die Götter zu finden sind, nach denen
unsere Zeit verlangt. Aber wir wollen uns
trotzdem nicht des Bekenntnisses schämen, daß
es eine große und herrliche Sache ist, einen
so starken, so aufrechten und vor allen Dingen
so „unliterarischen" Dichter wie Peter Rosegger
unter uns zu wissen. Die Krämpfe, die unsere
mühselige und beladene Gegenwart schütteln,
sind leichter zu ertragen in der Gewißheit,
daß die unbestechlichen Augen eines Peter
Rosegger darüber wachen. In alle Dumpf¬
heit und Niedergeschlagenheit unseres literari¬
schen Lebens fällt der helle und adlige Opti¬
mismus dieses Mannes und seines Werkes
wie ein Hoffnungsstrahl. Wenn irgendeiner
aus dieser Zeit würdig ist, die unsichtbaren
Attribute mystischer Dichterherrlichkeit zu
empfangen, so ist es der Sänger und Herold
der grünen Steiermark.

Darum laßt uns fröhlich sein und den
siebzigjährigen Waldbauernbub mit fröhlicher
Zuversicht grüßen.

Dr. Arthur Westphal
Genalogie

Semigotha. Die nachfolgende Veröffent¬
lichung soll die Reihe der Darlegungen
irrtümlicher Zuschreibungen alter, christlicher
Geschlechter zum Jadentume seitens des
„Semigotha" zum Abschluß bringen. Der
Grund zu der langen Unterbrechung seit
meiner letzten Darlegung über den Gegen¬
stand in dieser Zeitschrift liegt darin, daß
ich den mir seitens der betreffenden Ge¬
schlechter noch zur Verfügung gestellten Stoff
erst einer sorgfältigen Prüfung unterziehen
mußte. Möglichste Kürze erscheint aber nun¬
mehr geboten. Zudem hat der Verlag des
Unternehmens: derKyffhäuserverlag, Zechner
K Co., München 23, im Börsenblatt für den
deutschen Buchhandel von Anfang Juni des
laufenden Jahres angekündigt, daß eine
neue Auflage des Bandes im Herbste 1913
erscheinen werde. Es dürfte somit der
Billigkeit entsprechen, abzuwarten, inwieweit
die Schriftleitung vorgekommene Irrtümer
berichtigen, die von den verschiedensten
Seiten gegebenen Nachweise falscher jüdischer
Zuschreibungen berücksichtigen oder letztere
ihrerseits zu stützen suchen wird.

[Spaltenumbruch]

Einige solcher irrtümlichenZuschreibnugen
hat die Schriftleitung des Semigotha in¬
zwischen bereits als solche anerkannt, so
durch Schreiben vom 3. Dezember 1912
(Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung, Ur. 127
vom 16. März 1913) diejenige der durch
Erhebung vom 6. Juli 1863 in den Sachsen-
Cobura und Gothaischen Adel- und Frei¬
herrenstand gelangten Freiherren von Lach-
mrnm-Falkenilu. Karl (Christian Richard)
Lachmann, geboren 1814 zu Greiffenberg,
Herr auf Sponsberg und Wingendorf, Fidei-
kommitzherr auf Falkenau im Kr. Grottkau,
war es, der nichtnur diesen Guatemale, sondern,
im November 1864, auch die Preußische Ge¬
nehmigung zur Führung des Freiherrntitels
erhielt. Die Behauptung des Semigotha:
„Aschkenases, nun evang.; konvertiert um
1800" ist rein willkürlich und stützt sich
anscheinend ausschließlich auf die allerdings
unleugbare Tatsache, daß der selige Herzog
Ernst der Zweite von Sachsen-Coburg und
Gotha, der Erteiler des vorstehenden Di¬
plomes, während seiner langen Regierungs¬
zeit Standeserhebungen und Gnadenakte in
reicher Zahl, darunter auch an viele wohl¬
habende Juden over Nachkommen von solchen,
ausgeteilt hat, die in ihrem Heimatsstaate
zu einem Adels- oder gar einem Freiherrn¬
briefe kaum hätten gelangen können. In
Wahrheit sind die hier in Rede stehenden
Lachmann ein angesehenes Geschlecht der
Stadt Greiffenberg in Schlesien und dort
als Mitglieder des Rates und Inhaber
öffentlicher Ehrenämter seit Jahrhunderten
nachweisbar, d. i. bis in eine Zeit, in der
Juden noch keine Familiennamen führten,
geschweige denn dort Bürgerrechte erlangen
.konnten. Die Stammreihe des Karl (Christian
Richard) Lachmann beginnt mit einem
Christoph Lachmann, Ratsgeschworenen und
Zunftältesten zu Greiffenberg, geboren 1662,
gestorben 1723, und ergibt, daß auch durch
Verschwägerungen kein jüdisches Blut ein¬
gedrungen ist. Ich bin im vorstehenden
absichtlich, um ganz unparteiisch zu sein,
dem Wortlaute der, für die neue Auflage
des Semigotha zwischen den Beteiligten ver¬
einbarten, Berichtigung im wesentlichen ge¬
folgt, möchte aber besonders betonen, daß
ich den mir zur Verfügung gestellten Stoff

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[0245] Maßgebliches und Unmaßgebliches daß bei dem steirischen Dichter, und nur bei ihm, die Götter zu finden sind, nach denen unsere Zeit verlangt. Aber wir wollen uns trotzdem nicht des Bekenntnisses schämen, daß es eine große und herrliche Sache ist, einen so starken, so aufrechten und vor allen Dingen so „unliterarischen" Dichter wie Peter Rosegger unter uns zu wissen. Die Krämpfe, die unsere mühselige und beladene Gegenwart schütteln, sind leichter zu ertragen in der Gewißheit, daß die unbestechlichen Augen eines Peter Rosegger darüber wachen. In alle Dumpf¬ heit und Niedergeschlagenheit unseres literari¬ schen Lebens fällt der helle und adlige Opti¬ mismus dieses Mannes und seines Werkes wie ein Hoffnungsstrahl. Wenn irgendeiner aus dieser Zeit würdig ist, die unsichtbaren Attribute mystischer Dichterherrlichkeit zu empfangen, so ist es der Sänger und Herold der grünen Steiermark. Darum laßt uns fröhlich sein und den siebzigjährigen Waldbauernbub mit fröhlicher Zuversicht grüßen. Dr. Arthur Westphal Genalogie Semigotha. Die nachfolgende Veröffent¬ lichung soll die Reihe der Darlegungen irrtümlicher Zuschreibungen alter, christlicher Geschlechter zum Jadentume seitens des „Semigotha" zum Abschluß bringen. Der Grund zu der langen Unterbrechung seit meiner letzten Darlegung über den Gegen¬ stand in dieser Zeitschrift liegt darin, daß ich den mir seitens der betreffenden Ge¬ schlechter noch zur Verfügung gestellten Stoff erst einer sorgfältigen Prüfung unterziehen mußte. Möglichste Kürze erscheint aber nun¬ mehr geboten. Zudem hat der Verlag des Unternehmens: derKyffhäuserverlag, Zechner K Co., München 23, im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel von Anfang Juni des laufenden Jahres angekündigt, daß eine neue Auflage des Bandes im Herbste 1913 erscheinen werde. Es dürfte somit der Billigkeit entsprechen, abzuwarten, inwieweit die Schriftleitung vorgekommene Irrtümer berichtigen, die von den verschiedensten Seiten gegebenen Nachweise falscher jüdischer Zuschreibungen berücksichtigen oder letztere ihrerseits zu stützen suchen wird. Einige solcher irrtümlichenZuschreibnugen hat die Schriftleitung des Semigotha in¬ zwischen bereits als solche anerkannt, so durch Schreiben vom 3. Dezember 1912 (Neue Preußische (Kreuz-)Zeitung, Ur. 127 vom 16. März 1913) diejenige der durch Erhebung vom 6. Juli 1863 in den Sachsen- Cobura und Gothaischen Adel- und Frei¬ herrenstand gelangten Freiherren von Lach- mrnm-Falkenilu. Karl (Christian Richard) Lachmann, geboren 1814 zu Greiffenberg, Herr auf Sponsberg und Wingendorf, Fidei- kommitzherr auf Falkenau im Kr. Grottkau, war es, der nichtnur diesen Guatemale, sondern, im November 1864, auch die Preußische Ge¬ nehmigung zur Führung des Freiherrntitels erhielt. Die Behauptung des Semigotha: „Aschkenases, nun evang.; konvertiert um 1800" ist rein willkürlich und stützt sich anscheinend ausschließlich auf die allerdings unleugbare Tatsache, daß der selige Herzog Ernst der Zweite von Sachsen-Coburg und Gotha, der Erteiler des vorstehenden Di¬ plomes, während seiner langen Regierungs¬ zeit Standeserhebungen und Gnadenakte in reicher Zahl, darunter auch an viele wohl¬ habende Juden over Nachkommen von solchen, ausgeteilt hat, die in ihrem Heimatsstaate zu einem Adels- oder gar einem Freiherrn¬ briefe kaum hätten gelangen können. In Wahrheit sind die hier in Rede stehenden Lachmann ein angesehenes Geschlecht der Stadt Greiffenberg in Schlesien und dort als Mitglieder des Rates und Inhaber öffentlicher Ehrenämter seit Jahrhunderten nachweisbar, d. i. bis in eine Zeit, in der Juden noch keine Familiennamen führten, geschweige denn dort Bürgerrechte erlangen .konnten. Die Stammreihe des Karl (Christian Richard) Lachmann beginnt mit einem Christoph Lachmann, Ratsgeschworenen und Zunftältesten zu Greiffenberg, geboren 1662, gestorben 1723, und ergibt, daß auch durch Verschwägerungen kein jüdisches Blut ein¬ gedrungen ist. Ich bin im vorstehenden absichtlich, um ganz unparteiisch zu sein, dem Wortlaute der, für die neue Auflage des Semigotha zwischen den Beteiligten ver¬ einbarten, Berichtigung im wesentlichen ge¬ folgt, möchte aber besonders betonen, daß ich den mir zur Verfügung gestellten Stoff

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/245>, abgerufen am 27.12.2024.