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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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"l^'Komme mscdine" im zwanzigsten Jahrhundert

und benutzt*). Einer seiner namhaftesten Vertreter, der grundlegend gewirkt
hat, Frederick W. Taylor, ein Mann der aus dem Arbeiterstande hervor¬
gegangen und heute Ehrendoktor der Universität Philadelphia ist. hat dreißig
Jahre lang in enger Fühlung mit der Industrie am arbeitenden Menschen
systematisch geforscht und experimentiert, um Maßstäbe für eine haushälterische
Verwertung der physischen und psychischen Kraft des Menschen zu gewinnen.
Es ist ja eine bekannte und oft genug beklagte Tatsache, daß das Leben mit
den menschlichen Fähigkeiten ebenso verschwenderisch umgeht wie die Natur mit
dem Samen der Erde. Aber mehr denn je zwingt uns die Intensität
des Arbeitsbetriebs die vorhandenen Kräfte zu nutzen, den rechten Mann am
rechten Platz zu sehen, auch dort, wo es sich um einfache Tätigkeiten handelt.

Gesteigerte Produktionsfähigkeit ist das Ziel jeden gesunden Strebens, die
Ökonomie der Arbeit das Geheimnis des Erfolgs. Es ist aber eine Täuschung
zu glauben, so behauptet Taylor in seinem interessanten Werk "Die Grundsätze
wissenschaftlicher Betriebsführung" (Deutsche autorisierte Ausgabe von Dr. jur.
Rudolf Roesler, Diplomingenieur; Verlag von R. Oldenbourg, München und Berlin
1913. Pr. geb. 3.50 M). daß der Arbeiter durch die Praxis von selbst auf die
zweckmäßigsten Arbeitsmethoden geführt wird, sowie daß die innerhalb der ver¬
schiedenen Gewerbe geltenden Überlieferungen bezüglich der Arbeitsregeln und
der Beschaffenheit der Werkzeuge den Niederschlag der besten, nutzbringendsten
Arbeitsmöglichkeiten bedeuten. Tatsächlich scheinen die Erfolge seines "Systems",
das den Arbeiter gleichsam als Maschine wertet und einstellt, indem es von
ihm verlangt, daß er die bis in alle Einzelheiten gehenden Anweisungen der
Betriebsführung peinlichst befolgt, ihm Recht zu geben. Jene Anweisungen sind
freilich das Ergebnis außerordentlich mühevoller Studien, die die Aufgabe
haben, auf Grund eingehender Untersuchungen in möglichst exakter Weise einer¬
seits jedes Teilmoment der zu leistenden Arbeit unter dem Gesichtspunkt, wie
sie am schnellsten und zweckmäßigsten zu erledigen sei, zu fixieren, und ander¬
seits die für die erforderliche Arbeit geeigneten Leute sorgfältig auszuwählen
und zu Schulen. Die gewonnenen Ergebnisse entschädigen aber für die Mühe
und den Aufwand an Zeit und Kraft, wenn wir hören, daß es gelang einen
Roheisenverlader zu veranlassen, durch strenge Befolgung seiner Arbeitsvor¬
schristen, insbesondere auch durch genaue Jnnehaltung der angesetzten Pausen
statt 12^/z Tonnen täglich 47^ Tonnen (1 Tonne 1016 Kilogramm) zu
verladen. In einem anderen Fall waren Maurer, die unter gewöhnlichen Um¬
ständen einhundertundzwanzig Ziegel in der Stunde verlegten, imstande, nach¬
dem die systematische Arbeitsmethode eingeführt war. die gewisse Bewegungen
teils unter Benutzung neuer zweckmäßiger Geräte überflüssig machte oder durch



*) Die amerikanische Literatur über die Bewegung der wissenschaftlichen Betriebsführung
ist bereits sehr umfangreich, aber zum Teil schwer zugänglich. Die diesjährige Hauptver¬
sammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Leipzig hat sich eingehend mit diesem Gegen¬
stand befaßt.
„l^'Komme mscdine" im zwanzigsten Jahrhundert

und benutzt*). Einer seiner namhaftesten Vertreter, der grundlegend gewirkt
hat, Frederick W. Taylor, ein Mann der aus dem Arbeiterstande hervor¬
gegangen und heute Ehrendoktor der Universität Philadelphia ist. hat dreißig
Jahre lang in enger Fühlung mit der Industrie am arbeitenden Menschen
systematisch geforscht und experimentiert, um Maßstäbe für eine haushälterische
Verwertung der physischen und psychischen Kraft des Menschen zu gewinnen.
Es ist ja eine bekannte und oft genug beklagte Tatsache, daß das Leben mit
den menschlichen Fähigkeiten ebenso verschwenderisch umgeht wie die Natur mit
dem Samen der Erde. Aber mehr denn je zwingt uns die Intensität
des Arbeitsbetriebs die vorhandenen Kräfte zu nutzen, den rechten Mann am
rechten Platz zu sehen, auch dort, wo es sich um einfache Tätigkeiten handelt.

Gesteigerte Produktionsfähigkeit ist das Ziel jeden gesunden Strebens, die
Ökonomie der Arbeit das Geheimnis des Erfolgs. Es ist aber eine Täuschung
zu glauben, so behauptet Taylor in seinem interessanten Werk „Die Grundsätze
wissenschaftlicher Betriebsführung" (Deutsche autorisierte Ausgabe von Dr. jur.
Rudolf Roesler, Diplomingenieur; Verlag von R. Oldenbourg, München und Berlin
1913. Pr. geb. 3.50 M). daß der Arbeiter durch die Praxis von selbst auf die
zweckmäßigsten Arbeitsmethoden geführt wird, sowie daß die innerhalb der ver¬
schiedenen Gewerbe geltenden Überlieferungen bezüglich der Arbeitsregeln und
der Beschaffenheit der Werkzeuge den Niederschlag der besten, nutzbringendsten
Arbeitsmöglichkeiten bedeuten. Tatsächlich scheinen die Erfolge seines „Systems",
das den Arbeiter gleichsam als Maschine wertet und einstellt, indem es von
ihm verlangt, daß er die bis in alle Einzelheiten gehenden Anweisungen der
Betriebsführung peinlichst befolgt, ihm Recht zu geben. Jene Anweisungen sind
freilich das Ergebnis außerordentlich mühevoller Studien, die die Aufgabe
haben, auf Grund eingehender Untersuchungen in möglichst exakter Weise einer¬
seits jedes Teilmoment der zu leistenden Arbeit unter dem Gesichtspunkt, wie
sie am schnellsten und zweckmäßigsten zu erledigen sei, zu fixieren, und ander¬
seits die für die erforderliche Arbeit geeigneten Leute sorgfältig auszuwählen
und zu Schulen. Die gewonnenen Ergebnisse entschädigen aber für die Mühe
und den Aufwand an Zeit und Kraft, wenn wir hören, daß es gelang einen
Roheisenverlader zu veranlassen, durch strenge Befolgung seiner Arbeitsvor¬
schristen, insbesondere auch durch genaue Jnnehaltung der angesetzten Pausen
statt 12^/z Tonnen täglich 47^ Tonnen (1 Tonne 1016 Kilogramm) zu
verladen. In einem anderen Fall waren Maurer, die unter gewöhnlichen Um¬
ständen einhundertundzwanzig Ziegel in der Stunde verlegten, imstande, nach¬
dem die systematische Arbeitsmethode eingeführt war. die gewisse Bewegungen
teils unter Benutzung neuer zweckmäßiger Geräte überflüssig machte oder durch



*) Die amerikanische Literatur über die Bewegung der wissenschaftlichen Betriebsführung
ist bereits sehr umfangreich, aber zum Teil schwer zugänglich. Die diesjährige Hauptver¬
sammlung des Vereins deutscher Ingenieure in Leipzig hat sich eingehend mit diesem Gegen¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/181>, abgerufen am 28.12.2024.