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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Aämpfe unserer Lehrerschaft

le in Heft 13 dieses Jahres veröffentlichte Artikelserie hat uns eine
Reihe von Erwiderungen eingetragen, denen wir nach dem Grund¬
satz "aucliatur et altera pai'8" im folgenden Raum gewähren.
Zweifellos stehen wie bei der ersten Veröffentlichung auch jetzt
hinter den geehrten Verfassern weite Kreise. Auch diesmal will
die Schriftleitung nicht Partei ergreifen, sondern lediglich zur Klärung der
Ansichten beitragen, indem sie im Lehrberuf stehenden Männern zur freien Aus¬
s Die Schriftleituug prache verhilft.

Zulassung der Volksschullehrer zum Universitätsstudium

In dieser Zeitschrift (Ur. 13) hat der Geheime Regierungsrat Professor
Dr. PauI Cauer in Münster die Zulassung der Volksschullehrer zum Universitäts¬
studium verneint. Für ihre Fortbildung scheint ihm die Ausgestaltung der in
Berlin, Posen und Münster bestehenden Seminarlehrerkurse als der geeignete
Weg. Von der Berechtigung der Volksschullehrer zum akademischen Studium
befürchtet er eine Überflutung der Universitäten und eine dadurch bedingte innere
und äußere Umgestaltung der philosophischen Fakultät. Er bezweifelt auch die
Reife der Volksschullehrer für das Studium und hält es für fraglich, ob das
Seminar neben der sachlichen Bildung auch die allgemeine Bildung der Schüler
bis zur Universitätsreife führen könne. Er findet in der Bildung der Abiturienten
einer Oberrealschule und eines Oberlyzeums gegenüber der Bildung, die auf
einem Schullehrerseminar erworben wird, einen beträchtlichen Unterschied. Endlich
befürchtet er, daß durch die Universitätsbildung in die Volksschule "gelehrter
Unterricht" gebracht werden könnte, der dem Volksleben und seinen Erfordernissen
fremd gegenüber stände. Den Seminarlehrerkursen aber rühmt er nach, daß sie die
Universität vor Übernahme einer fremdartigen Aufgabe bewahren, und daß sie
ihren praktischen Zielen besonders zweckmäßig dienten. In den Kreisen der
Volksschullehrer werden diese Ansichten nicht geteilt. Die folgenden Zeilen wollen
die Stellung ihrer überwiegenden Mehrheit zu dieser Frage und ihre Gründe
darlegen.

Es handelt sich hier zunächst nur um die Lehrerfortbildung. Nach den
bestehenden Bestimmungen war der bisherige Weg zu den Prüfungen für Mittel¬
schule hrer und Rektoren grundsätzlich autodidaktisch, und er ist es für die große




Aämpfe unserer Lehrerschaft

le in Heft 13 dieses Jahres veröffentlichte Artikelserie hat uns eine
Reihe von Erwiderungen eingetragen, denen wir nach dem Grund¬
satz „aucliatur et altera pai'8" im folgenden Raum gewähren.
Zweifellos stehen wie bei der ersten Veröffentlichung auch jetzt
hinter den geehrten Verfassern weite Kreise. Auch diesmal will
die Schriftleitung nicht Partei ergreifen, sondern lediglich zur Klärung der
Ansichten beitragen, indem sie im Lehrberuf stehenden Männern zur freien Aus¬
s Die Schriftleituug prache verhilft.

Zulassung der Volksschullehrer zum Universitätsstudium

In dieser Zeitschrift (Ur. 13) hat der Geheime Regierungsrat Professor
Dr. PauI Cauer in Münster die Zulassung der Volksschullehrer zum Universitäts¬
studium verneint. Für ihre Fortbildung scheint ihm die Ausgestaltung der in
Berlin, Posen und Münster bestehenden Seminarlehrerkurse als der geeignete
Weg. Von der Berechtigung der Volksschullehrer zum akademischen Studium
befürchtet er eine Überflutung der Universitäten und eine dadurch bedingte innere
und äußere Umgestaltung der philosophischen Fakultät. Er bezweifelt auch die
Reife der Volksschullehrer für das Studium und hält es für fraglich, ob das
Seminar neben der sachlichen Bildung auch die allgemeine Bildung der Schüler
bis zur Universitätsreife führen könne. Er findet in der Bildung der Abiturienten
einer Oberrealschule und eines Oberlyzeums gegenüber der Bildung, die auf
einem Schullehrerseminar erworben wird, einen beträchtlichen Unterschied. Endlich
befürchtet er, daß durch die Universitätsbildung in die Volksschule „gelehrter
Unterricht" gebracht werden könnte, der dem Volksleben und seinen Erfordernissen
fremd gegenüber stände. Den Seminarlehrerkursen aber rühmt er nach, daß sie die
Universität vor Übernahme einer fremdartigen Aufgabe bewahren, und daß sie
ihren praktischen Zielen besonders zweckmäßig dienten. In den Kreisen der
Volksschullehrer werden diese Ansichten nicht geteilt. Die folgenden Zeilen wollen
die Stellung ihrer überwiegenden Mehrheit zu dieser Frage und ihre Gründe
darlegen.

Es handelt sich hier zunächst nur um die Lehrerfortbildung. Nach den
bestehenden Bestimmungen war der bisherige Weg zu den Prüfungen für Mittel¬
schule hrer und Rektoren grundsätzlich autodidaktisch, und er ist es für die große


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[0163] [Abbildung] Aämpfe unserer Lehrerschaft le in Heft 13 dieses Jahres veröffentlichte Artikelserie hat uns eine Reihe von Erwiderungen eingetragen, denen wir nach dem Grund¬ satz „aucliatur et altera pai'8" im folgenden Raum gewähren. Zweifellos stehen wie bei der ersten Veröffentlichung auch jetzt hinter den geehrten Verfassern weite Kreise. Auch diesmal will die Schriftleitung nicht Partei ergreifen, sondern lediglich zur Klärung der Ansichten beitragen, indem sie im Lehrberuf stehenden Männern zur freien Aus¬ s Die Schriftleituug prache verhilft. Zulassung der Volksschullehrer zum Universitätsstudium In dieser Zeitschrift (Ur. 13) hat der Geheime Regierungsrat Professor Dr. PauI Cauer in Münster die Zulassung der Volksschullehrer zum Universitäts¬ studium verneint. Für ihre Fortbildung scheint ihm die Ausgestaltung der in Berlin, Posen und Münster bestehenden Seminarlehrerkurse als der geeignete Weg. Von der Berechtigung der Volksschullehrer zum akademischen Studium befürchtet er eine Überflutung der Universitäten und eine dadurch bedingte innere und äußere Umgestaltung der philosophischen Fakultät. Er bezweifelt auch die Reife der Volksschullehrer für das Studium und hält es für fraglich, ob das Seminar neben der sachlichen Bildung auch die allgemeine Bildung der Schüler bis zur Universitätsreife führen könne. Er findet in der Bildung der Abiturienten einer Oberrealschule und eines Oberlyzeums gegenüber der Bildung, die auf einem Schullehrerseminar erworben wird, einen beträchtlichen Unterschied. Endlich befürchtet er, daß durch die Universitätsbildung in die Volksschule „gelehrter Unterricht" gebracht werden könnte, der dem Volksleben und seinen Erfordernissen fremd gegenüber stände. Den Seminarlehrerkursen aber rühmt er nach, daß sie die Universität vor Übernahme einer fremdartigen Aufgabe bewahren, und daß sie ihren praktischen Zielen besonders zweckmäßig dienten. In den Kreisen der Volksschullehrer werden diese Ansichten nicht geteilt. Die folgenden Zeilen wollen die Stellung ihrer überwiegenden Mehrheit zu dieser Frage und ihre Gründe darlegen. Es handelt sich hier zunächst nur um die Lehrerfortbildung. Nach den bestehenden Bestimmungen war der bisherige Weg zu den Prüfungen für Mittel¬ schule hrer und Rektoren grundsätzlich autodidaktisch, und er ist es für die große

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/163>, abgerufen am 19.10.2024.