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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Aaiscr auf Reisen

vom hohen Firnrücken des Svatisen sich bis weit gegen die Meeresfläche hinab¬
ziehen. Am Ende des Fjords hielt die "Hohenzollern" und Se. Majestät be-
gab sich mit der Reisegesellschaft an Land, um in nicht ganz 15 Minuten
Weges, der durch ebene und mit reicher Vegetation bedeckte Wiesen führte, an
die Moräne des größeren der beiden Gletscher zu gelangen. In langen Zacken
und tiefen Spalten schickt hier der Gletscher seine äußersten Ausläufer vor sich
her und der Blick schweift hinauf über eines der größten Schnee- und Eismeere,
die überhaupt existieren. Nach etwa einstündiger Abwesenheit kehrte Se. Majestät
an Bord zurück. Die Fahrt ging nun zurück nach Bergen, an den schon von
der Hinfahrt bekannten Inseln Rödö und Hestmansö vorbei über den Polarkreis,
der nachts ^12 Uhr bei 14 Grad Reaumur passiert wurde.

Am nächsten Tage brachte der "Greif" nachmittags 3 Uhr abermals die
Post aus Drontheim, die diesmal wegen der langsamen Verbindung zwischen
Drontheim und Bodo besonders viel Neues und viel Arbeit brachte. Hier
las man an Bord zum erstenmal die anscheinend aus einem norwegischen
Lokalblatte auch in die deutschen Zeitungen übergegangene Nachricht von dem
"Auffahren" der "Hohenzollern" bei Eide. Der Artikel wurde zur allgemeinen
Heiterkeit bei Tische vorgelesen. Abends 8 Uhr wurde ein kurzer Halt behufs
Austausch von Telegrammen in Christiansund gemacht, das aus drei Inseln
aufgebaut ein Bild von eigentümlichem Reiz gewährt. Hier fielen wiederum
ebenso wie in Stavanger die vielen hübschen Mädchen auf, welche sich in den
zahlreichen Booten befanden, von denen die "Hohenzollern" umkreist wurde.
Auch ein kleiner, über und über voller Dampfer befand sich in der Nähe der
kaiserlichen Jacht.

Den Vormittag des 24. brachte Se. Majestät mit Arbeiten zu. Behufs
Entgegennahme der allein 3^/-, Stunden in Anspruch nehmenden Vorträge
wurde das zweite Frühstück auf eine spätere Stunde verlegt. Um 5 Uhr fuhr
die Jacht bei leichtem Regen in Bergen ein. Se. Majestät begab sich den
Abend nicht mehr an Land. Wegen der späteren Stunde des zweiten Früh¬
stücks wurde die sonst um 6 Uhr abgehaltene Abendtafel erst um 9 Uhr ein¬
genommen. Se. Majestät brachte Allerhöchstselbst das Wohl der Erbprinzessin
von Meiningen aus, deren Geburtstag auf diesen Tag fiel.

Am nächsten Tage, den 25., unternahm Se. Majestät am Nachmittag
einen längeren Ausflug an Land. Zunächst wurde zu Fuß eine kleine Anhöhe
bestiegen, dann fuhr Se. Majestät durch die Stadt nach einem herrlichen Aus¬
sichtspunkt und nahm bei dem deutschen Konsul Mohr, einem der größten Ge¬
treidehändler Norwegens, in dessen geschmackvoll eingerichteter und prachtvoll
gelegener Villa eine Tasse Tee. Nachdem Se. Majestät etwa eine Stunde da"
selbst verweilt, wurde die Rückkehr durch die Villenvorstadt um Bergen herum
zu Wagen angetreten. Da Se. Majestät nur mit zwei Herren des Gefolges
fuhr und kein weiterer Wagen folgte, so wurde Allerhöchstderselbe auf der Hin-
nnd Rückfahrt nur wenig erkannt, und zwar meist erst, nachdem Allerhöchst-


Mit dem Aaiscr auf Reisen

vom hohen Firnrücken des Svatisen sich bis weit gegen die Meeresfläche hinab¬
ziehen. Am Ende des Fjords hielt die „Hohenzollern" und Se. Majestät be-
gab sich mit der Reisegesellschaft an Land, um in nicht ganz 15 Minuten
Weges, der durch ebene und mit reicher Vegetation bedeckte Wiesen führte, an
die Moräne des größeren der beiden Gletscher zu gelangen. In langen Zacken
und tiefen Spalten schickt hier der Gletscher seine äußersten Ausläufer vor sich
her und der Blick schweift hinauf über eines der größten Schnee- und Eismeere,
die überhaupt existieren. Nach etwa einstündiger Abwesenheit kehrte Se. Majestät
an Bord zurück. Die Fahrt ging nun zurück nach Bergen, an den schon von
der Hinfahrt bekannten Inseln Rödö und Hestmansö vorbei über den Polarkreis,
der nachts ^12 Uhr bei 14 Grad Reaumur passiert wurde.

Am nächsten Tage brachte der „Greif" nachmittags 3 Uhr abermals die
Post aus Drontheim, die diesmal wegen der langsamen Verbindung zwischen
Drontheim und Bodo besonders viel Neues und viel Arbeit brachte. Hier
las man an Bord zum erstenmal die anscheinend aus einem norwegischen
Lokalblatte auch in die deutschen Zeitungen übergegangene Nachricht von dem
„Auffahren" der „Hohenzollern" bei Eide. Der Artikel wurde zur allgemeinen
Heiterkeit bei Tische vorgelesen. Abends 8 Uhr wurde ein kurzer Halt behufs
Austausch von Telegrammen in Christiansund gemacht, das aus drei Inseln
aufgebaut ein Bild von eigentümlichem Reiz gewährt. Hier fielen wiederum
ebenso wie in Stavanger die vielen hübschen Mädchen auf, welche sich in den
zahlreichen Booten befanden, von denen die „Hohenzollern" umkreist wurde.
Auch ein kleiner, über und über voller Dampfer befand sich in der Nähe der
kaiserlichen Jacht.

Den Vormittag des 24. brachte Se. Majestät mit Arbeiten zu. Behufs
Entgegennahme der allein 3^/-, Stunden in Anspruch nehmenden Vorträge
wurde das zweite Frühstück auf eine spätere Stunde verlegt. Um 5 Uhr fuhr
die Jacht bei leichtem Regen in Bergen ein. Se. Majestät begab sich den
Abend nicht mehr an Land. Wegen der späteren Stunde des zweiten Früh¬
stücks wurde die sonst um 6 Uhr abgehaltene Abendtafel erst um 9 Uhr ein¬
genommen. Se. Majestät brachte Allerhöchstselbst das Wohl der Erbprinzessin
von Meiningen aus, deren Geburtstag auf diesen Tag fiel.

Am nächsten Tage, den 25., unternahm Se. Majestät am Nachmittag
einen längeren Ausflug an Land. Zunächst wurde zu Fuß eine kleine Anhöhe
bestiegen, dann fuhr Se. Majestät durch die Stadt nach einem herrlichen Aus¬
sichtspunkt und nahm bei dem deutschen Konsul Mohr, einem der größten Ge¬
treidehändler Norwegens, in dessen geschmackvoll eingerichteter und prachtvoll
gelegener Villa eine Tasse Tee. Nachdem Se. Majestät etwa eine Stunde da«
selbst verweilt, wurde die Rückkehr durch die Villenvorstadt um Bergen herum
zu Wagen angetreten. Da Se. Majestät nur mit zwei Herren des Gefolges
fuhr und kein weiterer Wagen folgte, so wurde Allerhöchstderselbe auf der Hin-
nnd Rückfahrt nur wenig erkannt, und zwar meist erst, nachdem Allerhöchst-


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[0619] Mit dem Aaiscr auf Reisen vom hohen Firnrücken des Svatisen sich bis weit gegen die Meeresfläche hinab¬ ziehen. Am Ende des Fjords hielt die „Hohenzollern" und Se. Majestät be- gab sich mit der Reisegesellschaft an Land, um in nicht ganz 15 Minuten Weges, der durch ebene und mit reicher Vegetation bedeckte Wiesen führte, an die Moräne des größeren der beiden Gletscher zu gelangen. In langen Zacken und tiefen Spalten schickt hier der Gletscher seine äußersten Ausläufer vor sich her und der Blick schweift hinauf über eines der größten Schnee- und Eismeere, die überhaupt existieren. Nach etwa einstündiger Abwesenheit kehrte Se. Majestät an Bord zurück. Die Fahrt ging nun zurück nach Bergen, an den schon von der Hinfahrt bekannten Inseln Rödö und Hestmansö vorbei über den Polarkreis, der nachts ^12 Uhr bei 14 Grad Reaumur passiert wurde. Am nächsten Tage brachte der „Greif" nachmittags 3 Uhr abermals die Post aus Drontheim, die diesmal wegen der langsamen Verbindung zwischen Drontheim und Bodo besonders viel Neues und viel Arbeit brachte. Hier las man an Bord zum erstenmal die anscheinend aus einem norwegischen Lokalblatte auch in die deutschen Zeitungen übergegangene Nachricht von dem „Auffahren" der „Hohenzollern" bei Eide. Der Artikel wurde zur allgemeinen Heiterkeit bei Tische vorgelesen. Abends 8 Uhr wurde ein kurzer Halt behufs Austausch von Telegrammen in Christiansund gemacht, das aus drei Inseln aufgebaut ein Bild von eigentümlichem Reiz gewährt. Hier fielen wiederum ebenso wie in Stavanger die vielen hübschen Mädchen auf, welche sich in den zahlreichen Booten befanden, von denen die „Hohenzollern" umkreist wurde. Auch ein kleiner, über und über voller Dampfer befand sich in der Nähe der kaiserlichen Jacht. Den Vormittag des 24. brachte Se. Majestät mit Arbeiten zu. Behufs Entgegennahme der allein 3^/-, Stunden in Anspruch nehmenden Vorträge wurde das zweite Frühstück auf eine spätere Stunde verlegt. Um 5 Uhr fuhr die Jacht bei leichtem Regen in Bergen ein. Se. Majestät begab sich den Abend nicht mehr an Land. Wegen der späteren Stunde des zweiten Früh¬ stücks wurde die sonst um 6 Uhr abgehaltene Abendtafel erst um 9 Uhr ein¬ genommen. Se. Majestät brachte Allerhöchstselbst das Wohl der Erbprinzessin von Meiningen aus, deren Geburtstag auf diesen Tag fiel. Am nächsten Tage, den 25., unternahm Se. Majestät am Nachmittag einen längeren Ausflug an Land. Zunächst wurde zu Fuß eine kleine Anhöhe bestiegen, dann fuhr Se. Majestät durch die Stadt nach einem herrlichen Aus¬ sichtspunkt und nahm bei dem deutschen Konsul Mohr, einem der größten Ge¬ treidehändler Norwegens, in dessen geschmackvoll eingerichteter und prachtvoll gelegener Villa eine Tasse Tee. Nachdem Se. Majestät etwa eine Stunde da« selbst verweilt, wurde die Rückkehr durch die Villenvorstadt um Bergen herum zu Wagen angetreten. Da Se. Majestät nur mit zwei Herren des Gefolges fuhr und kein weiterer Wagen folgte, so wurde Allerhöchstderselbe auf der Hin- nnd Rückfahrt nur wenig erkannt, und zwar meist erst, nachdem Allerhöchst-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/619>, abgerufen am 27.07.2024.