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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Kaiser auf Reisen

Möwen mit der Büchse. Die Mitternachtssonne, die in der vorhergehenden
Nacht durch die Anhöhe hinter Tromsö verdeckt war, bot diese Nacht ein pracht¬
volles Schauspiel; die Felsen und Schneefelder lagen blutrot beleuchtet und
boten einen dem Alpenglühen ähnlichen Anblick dar. Es wurde dann die Fahrt
um Amts durch die Lofoten fortgesetzt.

Am nächsten Morgen, Sonntag, den 21. Juli, hielt Se. Majestät wiederum
Gottesdienst ab, nach demselben brachte der "Greif" die Post, und die Zeit
bis zu der um 12 Uhr erfolgenden Ankunft in Diggermulen ebenso wie ein
Teil des Nachmittags war der Erledigung von Regierungsgeschäften gewidmet.
Am späteren Nachmittag unternahm Se. Majestät nebst Gefolge einen Ausflug
auf die bei Diggermulen aufsteigende Anhöhe, von welcher das Berliner Nord¬
landspanorama größtenteils aufgenommen worden ist. Der steile, etwa
450 Meter hohe, felsige Berg wurde in siebenviertelstündigem, zum Teil an¬
gestrengten Steigen erreicht. Zum Andenken der Anwesenheit des hohen Reisenden
wurde auch hier ein Steinmann errichtet, unter dem eine Flasche mit den Namen
der anwesenden Personen vergraben wurde. Als abends die "Hohenzollern"
Diggermulen, verließ, wurde von unter der Steinmann sichtbar. Beim Ab¬
stieg von dem Berge begegnete die Reisegesellschaft dem Düsseldorfer Maler
Schweizer, welcher seit längerer Zeit auf diesem verlassenen Flecken Erde weilte,
um sich künstlerischen Studien hinzugeben. Derselbe klagte seinem Kollegen
Salzmann sein Leid, daß er sich seit Wochen von nichts als schlechtem Brot
und Hafergrütze nährte; Se. Majestät, dem dies gemeldet wurde, befahl sofort,
den Künstler von den an Bord befindlichen Konserven für die Dauer seines
noch etwa auf vier Wochen projektierten Aufenthalts sowie mit 25 Flaschen
Wein zu versehen. Trotz der anstrengenden Partie arbeitete Se. Majestät noch
abends nach der etwa um 7 Uhr erfolgten Rückkehr an Erledigung des Kuriers,
der am nächsten Tage abgehen sollte. Um 10 Uhr gab Se. Majestät Befehl
zur Weiterfahrt.

Die Fahrt ging südwärts durch den Westfjord und am frühen Morgen
des 22. (Montag) wurde Bodo erreicht, wo ein Austausch der angekommenen
und abgehenden Telegramme stattfand. Hier mag ein Wort zum Lobe der
norwegischen Telegraphenbeamten Platz finden. Schweden und Norwegen sind
bekannt durch die Ausdehnung, welche der Telegraphen- und Telephondienst
dort gefunden hat. Obgleich nicht immer die Stunde genau vorauszubestimmen
war, zu der die "Hohenzollern" an den einzelnen Stationen anlegen würde,
fanden sich stets die oft noch nach anderen Stationen dirigierten Depeschen
rechtzeitig an Bord ein, und auch in den kleinsten Orten waren dank dem
liebenswürdigen Entgegenkommen der norwegischen Regierung im Interesse des
kaiserlichen Dienstes die Bureaus auch nachts bei Ankunft der kaiserlichen Jacht
geöffnet. Um ^11 Uhr morgens verließ die "Hohenzollern" Bodo wieder,
umschiffte gegen 2 Uhr das weithin sichtbare Kummer-Vorgebirge und fuhr gegen
4 Uhr durch den Skarsfjord in den Holandsfjord, wo zwei bedeutende Gletscher


Mit dem Kaiser auf Reisen

Möwen mit der Büchse. Die Mitternachtssonne, die in der vorhergehenden
Nacht durch die Anhöhe hinter Tromsö verdeckt war, bot diese Nacht ein pracht¬
volles Schauspiel; die Felsen und Schneefelder lagen blutrot beleuchtet und
boten einen dem Alpenglühen ähnlichen Anblick dar. Es wurde dann die Fahrt
um Amts durch die Lofoten fortgesetzt.

Am nächsten Morgen, Sonntag, den 21. Juli, hielt Se. Majestät wiederum
Gottesdienst ab, nach demselben brachte der „Greif" die Post, und die Zeit
bis zu der um 12 Uhr erfolgenden Ankunft in Diggermulen ebenso wie ein
Teil des Nachmittags war der Erledigung von Regierungsgeschäften gewidmet.
Am späteren Nachmittag unternahm Se. Majestät nebst Gefolge einen Ausflug
auf die bei Diggermulen aufsteigende Anhöhe, von welcher das Berliner Nord¬
landspanorama größtenteils aufgenommen worden ist. Der steile, etwa
450 Meter hohe, felsige Berg wurde in siebenviertelstündigem, zum Teil an¬
gestrengten Steigen erreicht. Zum Andenken der Anwesenheit des hohen Reisenden
wurde auch hier ein Steinmann errichtet, unter dem eine Flasche mit den Namen
der anwesenden Personen vergraben wurde. Als abends die „Hohenzollern"
Diggermulen, verließ, wurde von unter der Steinmann sichtbar. Beim Ab¬
stieg von dem Berge begegnete die Reisegesellschaft dem Düsseldorfer Maler
Schweizer, welcher seit längerer Zeit auf diesem verlassenen Flecken Erde weilte,
um sich künstlerischen Studien hinzugeben. Derselbe klagte seinem Kollegen
Salzmann sein Leid, daß er sich seit Wochen von nichts als schlechtem Brot
und Hafergrütze nährte; Se. Majestät, dem dies gemeldet wurde, befahl sofort,
den Künstler von den an Bord befindlichen Konserven für die Dauer seines
noch etwa auf vier Wochen projektierten Aufenthalts sowie mit 25 Flaschen
Wein zu versehen. Trotz der anstrengenden Partie arbeitete Se. Majestät noch
abends nach der etwa um 7 Uhr erfolgten Rückkehr an Erledigung des Kuriers,
der am nächsten Tage abgehen sollte. Um 10 Uhr gab Se. Majestät Befehl
zur Weiterfahrt.

Die Fahrt ging südwärts durch den Westfjord und am frühen Morgen
des 22. (Montag) wurde Bodo erreicht, wo ein Austausch der angekommenen
und abgehenden Telegramme stattfand. Hier mag ein Wort zum Lobe der
norwegischen Telegraphenbeamten Platz finden. Schweden und Norwegen sind
bekannt durch die Ausdehnung, welche der Telegraphen- und Telephondienst
dort gefunden hat. Obgleich nicht immer die Stunde genau vorauszubestimmen
war, zu der die „Hohenzollern" an den einzelnen Stationen anlegen würde,
fanden sich stets die oft noch nach anderen Stationen dirigierten Depeschen
rechtzeitig an Bord ein, und auch in den kleinsten Orten waren dank dem
liebenswürdigen Entgegenkommen der norwegischen Regierung im Interesse des
kaiserlichen Dienstes die Bureaus auch nachts bei Ankunft der kaiserlichen Jacht
geöffnet. Um ^11 Uhr morgens verließ die „Hohenzollern" Bodo wieder,
umschiffte gegen 2 Uhr das weithin sichtbare Kummer-Vorgebirge und fuhr gegen
4 Uhr durch den Skarsfjord in den Holandsfjord, wo zwei bedeutende Gletscher


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/618>, abgerufen am 27.07.2024.