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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Kaiser auf Reisen

auf sämtlichen im Hafen liegenden Kriegsschiffen das Einholen der Flagge
militärisch salutiert worden. Ein eigenes Bild boten dabei die englischen
Kriegsschiffe, auf denen in diesem Moment nach alter Sitte die auf Deck stehenden
Posten in ihren roten Röcken ihre Gewehre abfeuerten.

Auf der "Hohenzollern" hatte unterdessen ein reges Leben begonnen: es
wurden Kohlen eingenommen. Das ganze Schiff war zum Schutz gegen den
Kohlenstaub mit Segeltüchern bedeckt, auf Deck wimmelte es von geschäftigen
Matrosen, und ringsherum lagen die großen schweren Kähne mit dem Kohlen¬
vorrat. Bis 4 Uhr morgens arbeiteten rüstig und unverdrossen die Mann¬
schaften; als aber beim Morgensonnenschein die "Hohenzollern" wieder in See
ging, da sah sie auch schon wieder so schmuck und blank aus, daß selbst das
strenge Auge des ersten Offiziers, Kapitänleutnants Breustng, auf dem ganzen
Schiffe nichts auszusetzen fand, als das Dutzend Landratten, die im Gefolge
des Kaisers reisen und sich noch immer nicht die nötige Rücksicht auf die schöne
gelbe Farbe der Radkästen und Rälings angewöhnen können.




Am nächstfolgenden Morgen, Dienstag, den 0. Juli, früh 8^ Uhr, lichtete
die "Hohenzollern" die Anker und fuhr auf Befehl des Kaisers zunächst um die
englischen Kriegsschiffe herum. Das Geschwader war zusammengesetzt aus den
Panzerschiffen "Northumberland", mit dem Viceadmiral Baird an Bord. "Anson"
mit dem Kontreadmiral D'Aren Jrvine an Bord, "Monarch" und "Iron Duke"
sowie dem "Aviso Curlew". Während drei der Panzerschiffe älterer Konstruktion,
aber doch von stattlichem Bau sind, ist die "Anson" eines der neuesten Schlacht¬
schiffe der englischen Marine mit sehr schwerer Armierung.

Soweit die Schiffe nicht gerade mit Kohleneinnehmen beschäftigt waren,
standen die Mannschaften an Bord derselben, insbesondere an Bord des Admiral¬
schiffes in Paradeausstellung und salutierten vor dem auf der Kommandobrücke
in deutscher Admiralsuniform stehenden Kaiser, obgleich die "Hohenzollern" die
Kaiserstandarte nicht gehißt hatte. Dagegen hatte das Kaiserschiff zu Ehren
des Geburtstages der Königin von Schweden und Norwegen Toppflaggen gesetzt
mit der norwegischen Flagge im Großtopp. Die Kapellen der vier großen
englischen Schiffe spielten abwechselnd das "Heil dir im Siegerkranz" und "Die
Wacht am Rhein". Vor dem Admiralsschiffe tippte die "Hohenzollern" die
Flagge.

Die Fahrt ging von Bergen ab zunächst wieder durch die Schären mit
felsigem, nicht sehr hohem Gestade in nördlicher Richtung bis nach Sognefest.
Hier fuhr die "Hohenzollern" nach Westen in den berühmten Sognefjord, den
schönsten aller norwegischen Fjords, ein. Bei der großartigen Szenerie, die
sich hier dem Auge bietet, wird der Beschauer in Gedanken zugleich zurück¬
versetzt in die Frithjofssage, auf deren Schauplatz er sich hier befindet.

Auch hier treten uns beim Eintritt in den Fjord noch die kahlen ab¬
geschliffenen, vom Meere bespülten Felsen entgegen. Bald öffnen sich rechts


Mit dem Kaiser auf Reisen

auf sämtlichen im Hafen liegenden Kriegsschiffen das Einholen der Flagge
militärisch salutiert worden. Ein eigenes Bild boten dabei die englischen
Kriegsschiffe, auf denen in diesem Moment nach alter Sitte die auf Deck stehenden
Posten in ihren roten Röcken ihre Gewehre abfeuerten.

Auf der „Hohenzollern" hatte unterdessen ein reges Leben begonnen: es
wurden Kohlen eingenommen. Das ganze Schiff war zum Schutz gegen den
Kohlenstaub mit Segeltüchern bedeckt, auf Deck wimmelte es von geschäftigen
Matrosen, und ringsherum lagen die großen schweren Kähne mit dem Kohlen¬
vorrat. Bis 4 Uhr morgens arbeiteten rüstig und unverdrossen die Mann¬
schaften; als aber beim Morgensonnenschein die „Hohenzollern" wieder in See
ging, da sah sie auch schon wieder so schmuck und blank aus, daß selbst das
strenge Auge des ersten Offiziers, Kapitänleutnants Breustng, auf dem ganzen
Schiffe nichts auszusetzen fand, als das Dutzend Landratten, die im Gefolge
des Kaisers reisen und sich noch immer nicht die nötige Rücksicht auf die schöne
gelbe Farbe der Radkästen und Rälings angewöhnen können.




Am nächstfolgenden Morgen, Dienstag, den 0. Juli, früh 8^ Uhr, lichtete
die „Hohenzollern" die Anker und fuhr auf Befehl des Kaisers zunächst um die
englischen Kriegsschiffe herum. Das Geschwader war zusammengesetzt aus den
Panzerschiffen „Northumberland", mit dem Viceadmiral Baird an Bord. „Anson"
mit dem Kontreadmiral D'Aren Jrvine an Bord, „Monarch" und „Iron Duke"
sowie dem „Aviso Curlew". Während drei der Panzerschiffe älterer Konstruktion,
aber doch von stattlichem Bau sind, ist die „Anson" eines der neuesten Schlacht¬
schiffe der englischen Marine mit sehr schwerer Armierung.

Soweit die Schiffe nicht gerade mit Kohleneinnehmen beschäftigt waren,
standen die Mannschaften an Bord derselben, insbesondere an Bord des Admiral¬
schiffes in Paradeausstellung und salutierten vor dem auf der Kommandobrücke
in deutscher Admiralsuniform stehenden Kaiser, obgleich die „Hohenzollern" die
Kaiserstandarte nicht gehißt hatte. Dagegen hatte das Kaiserschiff zu Ehren
des Geburtstages der Königin von Schweden und Norwegen Toppflaggen gesetzt
mit der norwegischen Flagge im Großtopp. Die Kapellen der vier großen
englischen Schiffe spielten abwechselnd das „Heil dir im Siegerkranz" und „Die
Wacht am Rhein". Vor dem Admiralsschiffe tippte die „Hohenzollern" die
Flagge.

Die Fahrt ging von Bergen ab zunächst wieder durch die Schären mit
felsigem, nicht sehr hohem Gestade in nördlicher Richtung bis nach Sognefest.
Hier fuhr die „Hohenzollern" nach Westen in den berühmten Sognefjord, den
schönsten aller norwegischen Fjords, ein. Bei der großartigen Szenerie, die
sich hier dem Auge bietet, wird der Beschauer in Gedanken zugleich zurück¬
versetzt in die Frithjofssage, auf deren Schauplatz er sich hier befindet.

Auch hier treten uns beim Eintritt in den Fjord noch die kahlen ab¬
geschliffenen, vom Meere bespülten Felsen entgegen. Bald öffnen sich rechts


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[0574] Mit dem Kaiser auf Reisen auf sämtlichen im Hafen liegenden Kriegsschiffen das Einholen der Flagge militärisch salutiert worden. Ein eigenes Bild boten dabei die englischen Kriegsschiffe, auf denen in diesem Moment nach alter Sitte die auf Deck stehenden Posten in ihren roten Röcken ihre Gewehre abfeuerten. Auf der „Hohenzollern" hatte unterdessen ein reges Leben begonnen: es wurden Kohlen eingenommen. Das ganze Schiff war zum Schutz gegen den Kohlenstaub mit Segeltüchern bedeckt, auf Deck wimmelte es von geschäftigen Matrosen, und ringsherum lagen die großen schweren Kähne mit dem Kohlen¬ vorrat. Bis 4 Uhr morgens arbeiteten rüstig und unverdrossen die Mann¬ schaften; als aber beim Morgensonnenschein die „Hohenzollern" wieder in See ging, da sah sie auch schon wieder so schmuck und blank aus, daß selbst das strenge Auge des ersten Offiziers, Kapitänleutnants Breustng, auf dem ganzen Schiffe nichts auszusetzen fand, als das Dutzend Landratten, die im Gefolge des Kaisers reisen und sich noch immer nicht die nötige Rücksicht auf die schöne gelbe Farbe der Radkästen und Rälings angewöhnen können. Am nächstfolgenden Morgen, Dienstag, den 0. Juli, früh 8^ Uhr, lichtete die „Hohenzollern" die Anker und fuhr auf Befehl des Kaisers zunächst um die englischen Kriegsschiffe herum. Das Geschwader war zusammengesetzt aus den Panzerschiffen „Northumberland", mit dem Viceadmiral Baird an Bord. „Anson" mit dem Kontreadmiral D'Aren Jrvine an Bord, „Monarch" und „Iron Duke" sowie dem „Aviso Curlew". Während drei der Panzerschiffe älterer Konstruktion, aber doch von stattlichem Bau sind, ist die „Anson" eines der neuesten Schlacht¬ schiffe der englischen Marine mit sehr schwerer Armierung. Soweit die Schiffe nicht gerade mit Kohleneinnehmen beschäftigt waren, standen die Mannschaften an Bord derselben, insbesondere an Bord des Admiral¬ schiffes in Paradeausstellung und salutierten vor dem auf der Kommandobrücke in deutscher Admiralsuniform stehenden Kaiser, obgleich die „Hohenzollern" die Kaiserstandarte nicht gehißt hatte. Dagegen hatte das Kaiserschiff zu Ehren des Geburtstages der Königin von Schweden und Norwegen Toppflaggen gesetzt mit der norwegischen Flagge im Großtopp. Die Kapellen der vier großen englischen Schiffe spielten abwechselnd das „Heil dir im Siegerkranz" und „Die Wacht am Rhein". Vor dem Admiralsschiffe tippte die „Hohenzollern" die Flagge. Die Fahrt ging von Bergen ab zunächst wieder durch die Schären mit felsigem, nicht sehr hohem Gestade in nördlicher Richtung bis nach Sognefest. Hier fuhr die „Hohenzollern" nach Westen in den berühmten Sognefjord, den schönsten aller norwegischen Fjords, ein. Bei der großartigen Szenerie, die sich hier dem Auge bietet, wird der Beschauer in Gedanken zugleich zurück¬ versetzt in die Frithjofssage, auf deren Schauplatz er sich hier befindet. Auch hier treten uns beim Eintritt in den Fjord noch die kahlen ab¬ geschliffenen, vom Meere bespülten Felsen entgegen. Bald öffnen sich rechts

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/574>, abgerufen am 28.07.2024.