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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Führung und Verpflegung der Millionenheere

Es ist zu bedauern, daß eine derartige Lage bisher noch nicht einmal praktisch
in kriegsstarken Verbänden während mehrerer Tage unter Zuteilung von Trains
und Kolonnen gelegentlich der Kaisermanöver hat durchgeführt werden können.
Man würde dabei wertvolle Erfahrungen sammeln können.

Was die Verpflegung der Massenheere anbetrifft, so hat man den Grundsatz
des Lebens vom Lande, den Napoleon eingeführt hatte und der ihm die große
Beweglichkeit seines Heeres ermöglichte, wieder aufgeben müssen. Die modernen
Heere sind so groß und werden auf so engem Raume versammelt, daß das
Land nicht mehr genügende Verpflegungsmittel für sie besitzt. Zwar wird
immer noch danach gestrebt, in erster Linie die Hilfskräfte des Landes aus¬
zunutzen, doch werden diese nicht ausreichen. Man ist deshalb notgedrungen
wieder zur Magazinverpflegung zurückgekehrt, wenn sich diese auch in anderen
Formen vollzieht, als es früher der Fall war. Damit ist der Führung eine
schwere Fessel auferlegt und die Verpflegungsrücksichten spielen bei allen Ope¬
rationen eine wichtige Rolle. Es ist wohl der Fall denkbar, daß eine Vorwärts¬
bewegung eingestellt oder verlangsamt werden muß, wenn es nicht gelingt, der
Armee rechtzeitig Verpflegung nachzuführen. Man hat berechnet, daß bei einem
auf einer Straße marschierenden Korps, das lediglich aus den Vorräten der
Verpflegungsfahrzeuge leben muß, die von der Etappe vorzuschiebenden Ma¬
gazine, aus denen sich die geleerten Kolonnen des Armeekorps wieder füllen,
höchstens einen Tagemarsch hinter dem Armeekorps liegen dürfen, wenn
die regelmäßige Zufuhr sichergestellt sein soll. Ob dies immer möglich sein
wird, wird sich nicht mit Sicherheit sagen lassen. Auch dann noch müssen
den Kolonnen Doppel- und Nachtmärsche zugemutet werden. Aber auch auf
diesem Gebiete hat die Technik Mittel und Wege gewiesen, um die Verpflegung
zu erleichtern. Dabei sind besonders die Lastselbstfahrer zu erwähnen, die
nicht nur ein größeres Fassungsvermögen besitzen, sondern auch infolge
ihrer größeren Schnelligkeit und ihres größeren Leistungsvermögens besser
ausgenutzt werden können. Ein weiterer Vorteil ist, daß sie zur Bedienung
nur wenig Personal beanspruchen und keine Selbstverpflegung mit sich zu führen
brauchen. Namentlich wenn mehrere Korps auf einer Straße marschieren,
bilden diese die einzige Möglichkeit, um der vorhandenen Schwierigkeiten Herr
zu werden. Von sonstigen Einrichtungen, die die Verpflegung erleichtern, sei
noch der fahrbaren Feldküchen und Feldbacköfen, sowie der Konserven gedacht.

Ernste Bedenken muß die Verpflegung der weit vor der Front der Armee
befindlichen Kavalleriedivisionen erregen. Der Mann wird ja in der Regel
das vorfinden, was er zu seinem Lebensunterhalt braucht, seltener aber die
Pferde. Dabei entbehren die Kavalleriedivisionen eigener Haferkolonnen. Es ist
fraglich, ob es den nachfolgenden Armeekorps, auf die sie bezüglich der Ver¬
pflegung angewiesen sind, immer gelingen wird, ihnen rechtzeitig Kolonnen
nachzuschieben. Es ist deshalb auch schon verschiedentlich gefordert worden,
die Kavalleriedivisionen mit eigenen leicht beweglichen Haferkolonnen auszurüsten.


Führung und Verpflegung der Millionenheere

Es ist zu bedauern, daß eine derartige Lage bisher noch nicht einmal praktisch
in kriegsstarken Verbänden während mehrerer Tage unter Zuteilung von Trains
und Kolonnen gelegentlich der Kaisermanöver hat durchgeführt werden können.
Man würde dabei wertvolle Erfahrungen sammeln können.

Was die Verpflegung der Massenheere anbetrifft, so hat man den Grundsatz
des Lebens vom Lande, den Napoleon eingeführt hatte und der ihm die große
Beweglichkeit seines Heeres ermöglichte, wieder aufgeben müssen. Die modernen
Heere sind so groß und werden auf so engem Raume versammelt, daß das
Land nicht mehr genügende Verpflegungsmittel für sie besitzt. Zwar wird
immer noch danach gestrebt, in erster Linie die Hilfskräfte des Landes aus¬
zunutzen, doch werden diese nicht ausreichen. Man ist deshalb notgedrungen
wieder zur Magazinverpflegung zurückgekehrt, wenn sich diese auch in anderen
Formen vollzieht, als es früher der Fall war. Damit ist der Führung eine
schwere Fessel auferlegt und die Verpflegungsrücksichten spielen bei allen Ope¬
rationen eine wichtige Rolle. Es ist wohl der Fall denkbar, daß eine Vorwärts¬
bewegung eingestellt oder verlangsamt werden muß, wenn es nicht gelingt, der
Armee rechtzeitig Verpflegung nachzuführen. Man hat berechnet, daß bei einem
auf einer Straße marschierenden Korps, das lediglich aus den Vorräten der
Verpflegungsfahrzeuge leben muß, die von der Etappe vorzuschiebenden Ma¬
gazine, aus denen sich die geleerten Kolonnen des Armeekorps wieder füllen,
höchstens einen Tagemarsch hinter dem Armeekorps liegen dürfen, wenn
die regelmäßige Zufuhr sichergestellt sein soll. Ob dies immer möglich sein
wird, wird sich nicht mit Sicherheit sagen lassen. Auch dann noch müssen
den Kolonnen Doppel- und Nachtmärsche zugemutet werden. Aber auch auf
diesem Gebiete hat die Technik Mittel und Wege gewiesen, um die Verpflegung
zu erleichtern. Dabei sind besonders die Lastselbstfahrer zu erwähnen, die
nicht nur ein größeres Fassungsvermögen besitzen, sondern auch infolge
ihrer größeren Schnelligkeit und ihres größeren Leistungsvermögens besser
ausgenutzt werden können. Ein weiterer Vorteil ist, daß sie zur Bedienung
nur wenig Personal beanspruchen und keine Selbstverpflegung mit sich zu führen
brauchen. Namentlich wenn mehrere Korps auf einer Straße marschieren,
bilden diese die einzige Möglichkeit, um der vorhandenen Schwierigkeiten Herr
zu werden. Von sonstigen Einrichtungen, die die Verpflegung erleichtern, sei
noch der fahrbaren Feldküchen und Feldbacköfen, sowie der Konserven gedacht.

Ernste Bedenken muß die Verpflegung der weit vor der Front der Armee
befindlichen Kavalleriedivisionen erregen. Der Mann wird ja in der Regel
das vorfinden, was er zu seinem Lebensunterhalt braucht, seltener aber die
Pferde. Dabei entbehren die Kavalleriedivisionen eigener Haferkolonnen. Es ist
fraglich, ob es den nachfolgenden Armeekorps, auf die sie bezüglich der Ver¬
pflegung angewiesen sind, immer gelingen wird, ihnen rechtzeitig Kolonnen
nachzuschieben. Es ist deshalb auch schon verschiedentlich gefordert worden,
die Kavalleriedivisionen mit eigenen leicht beweglichen Haferkolonnen auszurüsten.


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[0561] Führung und Verpflegung der Millionenheere Es ist zu bedauern, daß eine derartige Lage bisher noch nicht einmal praktisch in kriegsstarken Verbänden während mehrerer Tage unter Zuteilung von Trains und Kolonnen gelegentlich der Kaisermanöver hat durchgeführt werden können. Man würde dabei wertvolle Erfahrungen sammeln können. Was die Verpflegung der Massenheere anbetrifft, so hat man den Grundsatz des Lebens vom Lande, den Napoleon eingeführt hatte und der ihm die große Beweglichkeit seines Heeres ermöglichte, wieder aufgeben müssen. Die modernen Heere sind so groß und werden auf so engem Raume versammelt, daß das Land nicht mehr genügende Verpflegungsmittel für sie besitzt. Zwar wird immer noch danach gestrebt, in erster Linie die Hilfskräfte des Landes aus¬ zunutzen, doch werden diese nicht ausreichen. Man ist deshalb notgedrungen wieder zur Magazinverpflegung zurückgekehrt, wenn sich diese auch in anderen Formen vollzieht, als es früher der Fall war. Damit ist der Führung eine schwere Fessel auferlegt und die Verpflegungsrücksichten spielen bei allen Ope¬ rationen eine wichtige Rolle. Es ist wohl der Fall denkbar, daß eine Vorwärts¬ bewegung eingestellt oder verlangsamt werden muß, wenn es nicht gelingt, der Armee rechtzeitig Verpflegung nachzuführen. Man hat berechnet, daß bei einem auf einer Straße marschierenden Korps, das lediglich aus den Vorräten der Verpflegungsfahrzeuge leben muß, die von der Etappe vorzuschiebenden Ma¬ gazine, aus denen sich die geleerten Kolonnen des Armeekorps wieder füllen, höchstens einen Tagemarsch hinter dem Armeekorps liegen dürfen, wenn die regelmäßige Zufuhr sichergestellt sein soll. Ob dies immer möglich sein wird, wird sich nicht mit Sicherheit sagen lassen. Auch dann noch müssen den Kolonnen Doppel- und Nachtmärsche zugemutet werden. Aber auch auf diesem Gebiete hat die Technik Mittel und Wege gewiesen, um die Verpflegung zu erleichtern. Dabei sind besonders die Lastselbstfahrer zu erwähnen, die nicht nur ein größeres Fassungsvermögen besitzen, sondern auch infolge ihrer größeren Schnelligkeit und ihres größeren Leistungsvermögens besser ausgenutzt werden können. Ein weiterer Vorteil ist, daß sie zur Bedienung nur wenig Personal beanspruchen und keine Selbstverpflegung mit sich zu führen brauchen. Namentlich wenn mehrere Korps auf einer Straße marschieren, bilden diese die einzige Möglichkeit, um der vorhandenen Schwierigkeiten Herr zu werden. Von sonstigen Einrichtungen, die die Verpflegung erleichtern, sei noch der fahrbaren Feldküchen und Feldbacköfen, sowie der Konserven gedacht. Ernste Bedenken muß die Verpflegung der weit vor der Front der Armee befindlichen Kavalleriedivisionen erregen. Der Mann wird ja in der Regel das vorfinden, was er zu seinem Lebensunterhalt braucht, seltener aber die Pferde. Dabei entbehren die Kavalleriedivisionen eigener Haferkolonnen. Es ist fraglich, ob es den nachfolgenden Armeekorps, auf die sie bezüglich der Ver¬ pflegung angewiesen sind, immer gelingen wird, ihnen rechtzeitig Kolonnen nachzuschieben. Es ist deshalb auch schon verschiedentlich gefordert worden, die Kavalleriedivisionen mit eigenen leicht beweglichen Haferkolonnen auszurüsten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/561>, abgerufen am 22.12.2024.