Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.Führung und Verpflegung der Millionenheere Hat nun in einem Zukunftskriege die oberste deutsche Heeresleitung die Die allgemeine politische Lage und die Gestaltung des Kriegsschauplatzes in Wie wird nun die einheitliche Führung dieser getrennten Gruppen, wie die Die moderne Technik gibt zunächst die Mittel an die Hand, die großen Führung und Verpflegung der Millionenheere Hat nun in einem Zukunftskriege die oberste deutsche Heeresleitung die Die allgemeine politische Lage und die Gestaltung des Kriegsschauplatzes in Wie wird nun die einheitliche Führung dieser getrennten Gruppen, wie die Die moderne Technik gibt zunächst die Mittel an die Hand, die großen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0553" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326073"/> <fw type="header" place="top"> Führung und Verpflegung der Millionenheere</fw><lb/> <p xml:id="ID_2565"> Hat nun in einem Zukunftskriege die oberste deutsche Heeresleitung die<lb/> Mittel, um die Schwierigkeiten der Führung überwinden zu können?</p><lb/> <p xml:id="ID_2566"> Die allgemeine politische Lage und die Gestaltung des Kriegsschauplatzes in<lb/> Mitteleuropa führen schon von selbst zu einer gewissen Gliederung und örtlichen<lb/> Trennung. - So werden wir voraussichtlich gezwungen werden, unser Feldheer in<lb/> zwei Gruppen zu zerlegen, von denen die eine im Westen, die andere im Osten<lb/> Verwendung findet. Und sollte außerdem eine feindliche Landung an einer unserer<lb/> Küsten drohen oder zu erwarten sein, so würde sogar die Aufstellung einer dritten<lb/> Gruppe an der gefährdeten Küste erforderlich sein. Aber auch auf jedem der<lb/> Kriegsschauplatze kann infolge örtlicher Verhältnisse oder wegen verschiedener<lb/> Operationsrichtungen und Operationsziele eine Gliederung des ganzen Heeres<lb/> in verschiedene Gruppen erforderlich werden, wie es der Krieg 1870/71 zeigte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2567"> Wie wird nun die einheitliche Führung dieser getrennten Gruppen, wie die<lb/> Führung der einzelnen Armeen gewährleistet?</p><lb/> <p xml:id="ID_2568" next="#ID_2569"> Die moderne Technik gibt zunächst die Mittel an die Hand, die großen<lb/> Räume zu überbrücken, und dem Führerwillen bis in die entferntesten Teile<lb/> Ausdruck zu geben und ihn den unterstellten Truppen zu übermitteln. Diese<lb/> Mittel fehlten Napoleon. Ihm standen nur Adjutanten und Meldereiter zur<lb/> Verfügung. Diese genügten nicht, als mit der Zahl der Truppen die Ent¬<lb/> fernungen wuchsen, auf denen sie operierten. Man denke sich, wie ganz anders<lb/> Napoleon hätte handeln können, wenn er 1813 durch den Telegraph mit dem<lb/> Vizekönig Eugen Beauharnais verbunden gewesen wäre und er dessen Bewegungen<lb/> von Paris aus hätte beeinflussen können, wenn er während des Herbstfeldzugs<lb/> täglich hätte Befehle an Neu schicken können. Die modernen technischen Verbindungs¬<lb/> und Nachrichtenmittel können allerdings gelegentlich versagen. Doch mit solchen<lb/> Zufällen muß im Kriege immer gerechnet werden. Auch ein Adjutant, der mit<lb/> wichtigen Befehlen entsendet wird, kann stürzen und liegen bleiben. Man wird<lb/> sich also nicht mit einem solchen Verbindungsmitrel begnügen dürfen, sondern<lb/> wird möglichst mehrere gleichzeitig verwenden. Die Verbindungsmittel müssen<lb/> aber auch schnell betriebsfähig sein können. Wenn das Armeeoberkommando<lb/> nachmittags in seinem neuen Unterkunftsorte ankommt, muß es sofort mit den<lb/> einzelnen Generalkommandos und mit der vorgeschickten Kavallerie verbunden<lb/> sein, um die Meldungen über den Feind zu erhalten und rechtzeitig die für den<lb/> nächsten Tag notwendigen Befehle ausgeben zu können. Würde die telegraphische<lb/> Leitung erst im Laufe der Nacht fertig werden, so würde dies in den meisten<lb/> Fällen zu spät sein. Um dies zu erreichen, müssen die einzelnen Stellen reichlich<lb/> mit Personal und Material ausgerüstet sein, und ersteres muß zahlreich und<lb/> für seine Aufgabe besonders gut ausgebildet sein. Es muß in dieser Hinsicht<lb/> ein gewisser Überschuß herrschen. Eine übertriebene Sparsamkeit könnte die<lb/> schwerwiegendsten Nachteile mit sich bringen. So ist es sehr richtig, daß die<lb/> letzten Heeresvorlagen und auch die neue eine bedeutende Vermehrung der Ver¬<lb/> kehrstruppen gebracht haben. Auf diesem Gebiete kann nicht leicht zu viel</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0553]
Führung und Verpflegung der Millionenheere
Hat nun in einem Zukunftskriege die oberste deutsche Heeresleitung die
Mittel, um die Schwierigkeiten der Führung überwinden zu können?
Die allgemeine politische Lage und die Gestaltung des Kriegsschauplatzes in
Mitteleuropa führen schon von selbst zu einer gewissen Gliederung und örtlichen
Trennung. - So werden wir voraussichtlich gezwungen werden, unser Feldheer in
zwei Gruppen zu zerlegen, von denen die eine im Westen, die andere im Osten
Verwendung findet. Und sollte außerdem eine feindliche Landung an einer unserer
Küsten drohen oder zu erwarten sein, so würde sogar die Aufstellung einer dritten
Gruppe an der gefährdeten Küste erforderlich sein. Aber auch auf jedem der
Kriegsschauplatze kann infolge örtlicher Verhältnisse oder wegen verschiedener
Operationsrichtungen und Operationsziele eine Gliederung des ganzen Heeres
in verschiedene Gruppen erforderlich werden, wie es der Krieg 1870/71 zeigte.
Wie wird nun die einheitliche Führung dieser getrennten Gruppen, wie die
Führung der einzelnen Armeen gewährleistet?
Die moderne Technik gibt zunächst die Mittel an die Hand, die großen
Räume zu überbrücken, und dem Führerwillen bis in die entferntesten Teile
Ausdruck zu geben und ihn den unterstellten Truppen zu übermitteln. Diese
Mittel fehlten Napoleon. Ihm standen nur Adjutanten und Meldereiter zur
Verfügung. Diese genügten nicht, als mit der Zahl der Truppen die Ent¬
fernungen wuchsen, auf denen sie operierten. Man denke sich, wie ganz anders
Napoleon hätte handeln können, wenn er 1813 durch den Telegraph mit dem
Vizekönig Eugen Beauharnais verbunden gewesen wäre und er dessen Bewegungen
von Paris aus hätte beeinflussen können, wenn er während des Herbstfeldzugs
täglich hätte Befehle an Neu schicken können. Die modernen technischen Verbindungs¬
und Nachrichtenmittel können allerdings gelegentlich versagen. Doch mit solchen
Zufällen muß im Kriege immer gerechnet werden. Auch ein Adjutant, der mit
wichtigen Befehlen entsendet wird, kann stürzen und liegen bleiben. Man wird
sich also nicht mit einem solchen Verbindungsmitrel begnügen dürfen, sondern
wird möglichst mehrere gleichzeitig verwenden. Die Verbindungsmittel müssen
aber auch schnell betriebsfähig sein können. Wenn das Armeeoberkommando
nachmittags in seinem neuen Unterkunftsorte ankommt, muß es sofort mit den
einzelnen Generalkommandos und mit der vorgeschickten Kavallerie verbunden
sein, um die Meldungen über den Feind zu erhalten und rechtzeitig die für den
nächsten Tag notwendigen Befehle ausgeben zu können. Würde die telegraphische
Leitung erst im Laufe der Nacht fertig werden, so würde dies in den meisten
Fällen zu spät sein. Um dies zu erreichen, müssen die einzelnen Stellen reichlich
mit Personal und Material ausgerüstet sein, und ersteres muß zahlreich und
für seine Aufgabe besonders gut ausgebildet sein. Es muß in dieser Hinsicht
ein gewisser Überschuß herrschen. Eine übertriebene Sparsamkeit könnte die
schwerwiegendsten Nachteile mit sich bringen. So ist es sehr richtig, daß die
letzten Heeresvorlagen und auch die neue eine bedeutende Vermehrung der Ver¬
kehrstruppen gebracht haben. Auf diesem Gebiete kann nicht leicht zu viel
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