Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.Fürstliche Gegner Bismarcks Bismarck an König Wilhelm.*) Berlin, den 7. April 186";. Eure Majestät bitte ich alleruntertänigst um Verzeihung, wenn ich durch die Artikel über die Es hatte mir geschienen, daß Eure Majestät selbst über die Unaufrichtigkeit *) Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen I, 133 ff.
Fürstliche Gegner Bismarcks Bismarck an König Wilhelm.*) Berlin, den 7. April 186«;. Eure Majestät bitte ich alleruntertänigst um Verzeihung, wenn ich durch die Artikel über die Es hatte mir geschienen, daß Eure Majestät selbst über die Unaufrichtigkeit *) Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen I, 133 ff.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325561"/> <fw type="header" place="top"> Fürstliche Gegner Bismarcks</fw><lb/> <p xml:id="ID_183"> Bismarck an König Wilhelm.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_184"> Berlin, den 7. April 186«;.</p><lb/> <note type="salute"> Eure Majestät</note><lb/> <p xml:id="ID_185"> bitte ich alleruntertänigst um Verzeihung, wenn ich durch die Artikel über die<lb/> Vermittlung des Herzogs von Koburg, welche sich nicht an den Brief desselben,<lb/> sondern an eine Reihe anderer Zeitungsartikel über diese Vermittlung an¬<lb/> schließen, Allerhöchstdero Unzufriedenheit mir zugezogen habe. Ich würde es<lb/> niemals wagen, Eure Majestät zu täuschen, und gestehe offen, daß ich diese<lb/> Artikel in der Hauptsache selbst veranlaßt habe, da ich, wie jeder andre meiner<lb/> Kollegen, zwar nicht den Einfluß auf die Kreuzzeitung habe, aus ihr fernzu¬<lb/> halten, was ich will, aber doch so viel, daß sie aufnimmt, was ihrer Tendenz<lb/> nicht gerade widerspricht; dasselbe Verhältnis findet mit der Spenerschen, der<lb/> Nationalzeitung und vielen andern statt, und glaube ich auch nicht, diese Art<lb/> Einfluß jemals in Abrede gestellt zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_186" next="#ID_187"> Es hatte mir geschienen, daß Eure Majestät selbst über die Unaufrichtigkeit<lb/> in dem Verfahren des Herzogs und des Grafen Mensdorff entrüstet waren;<lb/> Eure Majestät verzeihen aber großmütig den Mangel an Ehrerbietung, der in<lb/> einem solchen Verfahren liegt, wie die früheren Feindseligkeiten des Herzogs,<lb/> der Eurer Majestät und dem preußischen Staate durch Begünstigung der<lb/> Demokratie, durch Störung des Verhältnisses zu England mehr Schaden getan<lb/> hat, als er jemals durch eine Militärkonoention wieder gut machen kann, und<lb/> der seine wahren Gesinnungen gegen Eure Majestät zur Zeit des Frankfurter<lb/> Fürstentags gezeigt hat. Eure Majestät werden an meiner Hingebung und an<lb/> meinem Gehorsam keinen Zweifel haben, erwarten Allerhöchstdieselben aber<lb/> nicht das Uebermenschliche von mir, daß ich ruhigen Blutes jederzeit bleibe,<lb/> wenn ich sehen muß, wie mir der schwere, ich darf wohl sagen aufreibende<lb/> Dienst, der mir obliegt, absichtlich erschwert wird durch die Ungnade solcher<lb/> hochgestellten Persönlichkeiten, denen das Gelingen preußischer Politik, denen<lb/> der Ruhm Eurer Majestät und des Königlichen Hauses nach menschlicher Er¬<lb/> wartung mehr als Allen am Herzen liegen sollte. Und weshalb trifft mich<lb/> diese unversöhnliche Ungnade, dieser Kampf gegen mächtige Einflüsse, den ich<lb/> auf jedem Schritte der mühevollen Bahn zu bestehen habe? Nur weil ich<lb/> mich nicht dazu verstehe, zweien Herren zu dienen, andere Politik als die<lb/> Eurer Majestät zu machen, anderen Einflüssen als den Befehlen Eurer Majestät<lb/> Rechnung zu tragen. Mein Vergehen ist daß ich bereit war, Eurer Majestät<lb/> mit Ihrem Willen zu dienen, als andere es sich versagten, daß ich nicht An¬<lb/> stand nahm, Eurer Majestät zu gehorchen, auf die Gefahr hin, mir die Ungnade<lb/> derer zuzuziehen, die Eurer Majestät am nächsten stehn. Ich könnte Frieden<lb/> haben, wenn ich. wie manche meiner Vorgänger, mich dazu verstehen wollte,<lb/> das. was mir von anderer Seite aufgetragen wird, bei Eurer Majestät als</p><lb/> <note xml:id="FID_7" place="foot"> *) Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen I, 133 ff.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
Fürstliche Gegner Bismarcks
Bismarck an König Wilhelm.*)
Berlin, den 7. April 186«;.
Eure Majestät
bitte ich alleruntertänigst um Verzeihung, wenn ich durch die Artikel über die
Vermittlung des Herzogs von Koburg, welche sich nicht an den Brief desselben,
sondern an eine Reihe anderer Zeitungsartikel über diese Vermittlung an¬
schließen, Allerhöchstdero Unzufriedenheit mir zugezogen habe. Ich würde es
niemals wagen, Eure Majestät zu täuschen, und gestehe offen, daß ich diese
Artikel in der Hauptsache selbst veranlaßt habe, da ich, wie jeder andre meiner
Kollegen, zwar nicht den Einfluß auf die Kreuzzeitung habe, aus ihr fernzu¬
halten, was ich will, aber doch so viel, daß sie aufnimmt, was ihrer Tendenz
nicht gerade widerspricht; dasselbe Verhältnis findet mit der Spenerschen, der
Nationalzeitung und vielen andern statt, und glaube ich auch nicht, diese Art
Einfluß jemals in Abrede gestellt zu haben.
Es hatte mir geschienen, daß Eure Majestät selbst über die Unaufrichtigkeit
in dem Verfahren des Herzogs und des Grafen Mensdorff entrüstet waren;
Eure Majestät verzeihen aber großmütig den Mangel an Ehrerbietung, der in
einem solchen Verfahren liegt, wie die früheren Feindseligkeiten des Herzogs,
der Eurer Majestät und dem preußischen Staate durch Begünstigung der
Demokratie, durch Störung des Verhältnisses zu England mehr Schaden getan
hat, als er jemals durch eine Militärkonoention wieder gut machen kann, und
der seine wahren Gesinnungen gegen Eure Majestät zur Zeit des Frankfurter
Fürstentags gezeigt hat. Eure Majestät werden an meiner Hingebung und an
meinem Gehorsam keinen Zweifel haben, erwarten Allerhöchstdieselben aber
nicht das Uebermenschliche von mir, daß ich ruhigen Blutes jederzeit bleibe,
wenn ich sehen muß, wie mir der schwere, ich darf wohl sagen aufreibende
Dienst, der mir obliegt, absichtlich erschwert wird durch die Ungnade solcher
hochgestellten Persönlichkeiten, denen das Gelingen preußischer Politik, denen
der Ruhm Eurer Majestät und des Königlichen Hauses nach menschlicher Er¬
wartung mehr als Allen am Herzen liegen sollte. Und weshalb trifft mich
diese unversöhnliche Ungnade, dieser Kampf gegen mächtige Einflüsse, den ich
auf jedem Schritte der mühevollen Bahn zu bestehen habe? Nur weil ich
mich nicht dazu verstehe, zweien Herren zu dienen, andere Politik als die
Eurer Majestät zu machen, anderen Einflüssen als den Befehlen Eurer Majestät
Rechnung zu tragen. Mein Vergehen ist daß ich bereit war, Eurer Majestät
mit Ihrem Willen zu dienen, als andere es sich versagten, daß ich nicht An¬
stand nahm, Eurer Majestät zu gehorchen, auf die Gefahr hin, mir die Ungnade
derer zuzuziehen, die Eurer Majestät am nächsten stehn. Ich könnte Frieden
haben, wenn ich. wie manche meiner Vorgänger, mich dazu verstehen wollte,
das. was mir von anderer Seite aufgetragen wird, bei Eurer Majestät als
*) Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen I, 133 ff.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |