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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Der Kampf gegen das Gpium in Lhina

Verkauf von rohem Opium, über Verminderung der Anzahl der Einfuhr- und
Ausfuhrhäfen, sowie über die Kontrolle der vereinbarten Maßregeln. Die
Artikel 6 bis 14 enthalten die Beschlüsse über Ein- und Ausfuhr von Opium¬
präparaten Morphium, Kokain, Heroin), deren chemische Formel genau angegeben
ist, und zwar werden die Vertragsstaaten Maßregeln ergreifen zu einem
allmählichen, aber wirksamen Verbot der Herstellung, des Handels und des
Gebrauchs dieser Präparate, wobei besondere Gesetze die Zulassung für medi¬
zinischen Gebrauch regeln werden. Die Artikel 15 bis 19 regeln den Verkehr
mit China und zwar werden die Staaten, die chinesisches Gebiet gepachtet
haben, dafür sorgen, daß die Gelegenheiten für Opiumraucher verschwinden, wie
anderseits die Staaten, die in China eigene PostVerwaltung haben, die
Beförderung verbotener Sendungen verweigern werden. Die übrigen Artikel
handeln von der Vermittlerrolle, welche vom Niederländischen Ministerium des
Äußern im gegenseitigen Verkehr der Vertragsmächte zu übernehmen ist, und
zwar erfolgen einerseits durch dieses Ministerium alle Mitteilungen über die
von den einzelnen Staaten getroffenen Verwaltungsmaßregeln, während ander¬
seits bei ihm alle statistischen Angaben über Gewinnung, Verkauf und Gebrauch
von Opium gesammelt werden.

Jedenfalls hat die Internationale Konferenz im Haag, welche die Grund¬
züge für das Opiumgeschäft festgelegt hat, eine einzig dastehende Kulturarbeit
geleistet. "Denn auf europäischem Boden -- so führt eine Zuschrift aus dem
Haag an die Kölnische Zeitung (Ur. 124, 1912) treffend aus -- sind die sitt¬
lichen, geistigen und materiellen Interessen eines vor wenigen Jahrzehnten
unserni Wissen und unseren Interessen noch ziemlich fernstehenden asiatischen
Reichs mit einer nach Hunderten von Millionen zählenden Bevölkerung der
Gegenstand langer Verhandlungen gewesen. Sodann haben einzelne Staaten
durch ihren Beitritt zu den Beschlüssen der Konferenz bedeutende finanzielle und
wirtschaftliche Opfer gebracht. Unter den verheerenden Folgen des Opium¬
mißbrauchs hat das große chinesische Reich am allermeisten gelitten, nicht nur
wegen seiner riesigen Bevölkerung, sondern auch, weil es durch politische und
selbst kriegerische Verwicklungen geradezu gezwungen worden ist, in Gestalt ver¬
schiedener "Vertragshäfen" seine Grenzen fremder Habgier und Gewinnsucht zu
öffnen. Es ist also nur eine Sühne des lange an ihm begangenen Unrechts,
wenn jetzt der von der öffentlichen Meinung längst geforderte Wandel eintritt."

Neuerdings beklagt sich England darüber, daß China seinen Verpflichtungen
nicht nachkomme; es hat kürzlich durch Sir John Jordan, den dortigen englischen
Gesandten, der chinesischen Regierung eine Note überreichen lassen, in der erklärt
wird, daß die Haltung der chinesischen Provinzen in der Opiumfrage eine schwere
Verletzung der britisch-chinesischen Verträge bedeute und durchaus ungerechtfertigt
sei. Der Standpunkt der britischen Regierung, die mit sehr scharfen Maßnahmen
droht, wenn China seine Haltung nicht ändere, ist folgender: der Opiumimport
sollte nur staffelweise vermindert werden; tatsächlich häufe sich aber in Indien


Der Kampf gegen das Gpium in Lhina

Verkauf von rohem Opium, über Verminderung der Anzahl der Einfuhr- und
Ausfuhrhäfen, sowie über die Kontrolle der vereinbarten Maßregeln. Die
Artikel 6 bis 14 enthalten die Beschlüsse über Ein- und Ausfuhr von Opium¬
präparaten Morphium, Kokain, Heroin), deren chemische Formel genau angegeben
ist, und zwar werden die Vertragsstaaten Maßregeln ergreifen zu einem
allmählichen, aber wirksamen Verbot der Herstellung, des Handels und des
Gebrauchs dieser Präparate, wobei besondere Gesetze die Zulassung für medi¬
zinischen Gebrauch regeln werden. Die Artikel 15 bis 19 regeln den Verkehr
mit China und zwar werden die Staaten, die chinesisches Gebiet gepachtet
haben, dafür sorgen, daß die Gelegenheiten für Opiumraucher verschwinden, wie
anderseits die Staaten, die in China eigene PostVerwaltung haben, die
Beförderung verbotener Sendungen verweigern werden. Die übrigen Artikel
handeln von der Vermittlerrolle, welche vom Niederländischen Ministerium des
Äußern im gegenseitigen Verkehr der Vertragsmächte zu übernehmen ist, und
zwar erfolgen einerseits durch dieses Ministerium alle Mitteilungen über die
von den einzelnen Staaten getroffenen Verwaltungsmaßregeln, während ander¬
seits bei ihm alle statistischen Angaben über Gewinnung, Verkauf und Gebrauch
von Opium gesammelt werden.

Jedenfalls hat die Internationale Konferenz im Haag, welche die Grund¬
züge für das Opiumgeschäft festgelegt hat, eine einzig dastehende Kulturarbeit
geleistet. „Denn auf europäischem Boden — so führt eine Zuschrift aus dem
Haag an die Kölnische Zeitung (Ur. 124, 1912) treffend aus — sind die sitt¬
lichen, geistigen und materiellen Interessen eines vor wenigen Jahrzehnten
unserni Wissen und unseren Interessen noch ziemlich fernstehenden asiatischen
Reichs mit einer nach Hunderten von Millionen zählenden Bevölkerung der
Gegenstand langer Verhandlungen gewesen. Sodann haben einzelne Staaten
durch ihren Beitritt zu den Beschlüssen der Konferenz bedeutende finanzielle und
wirtschaftliche Opfer gebracht. Unter den verheerenden Folgen des Opium¬
mißbrauchs hat das große chinesische Reich am allermeisten gelitten, nicht nur
wegen seiner riesigen Bevölkerung, sondern auch, weil es durch politische und
selbst kriegerische Verwicklungen geradezu gezwungen worden ist, in Gestalt ver¬
schiedener „Vertragshäfen" seine Grenzen fremder Habgier und Gewinnsucht zu
öffnen. Es ist also nur eine Sühne des lange an ihm begangenen Unrechts,
wenn jetzt der von der öffentlichen Meinung längst geforderte Wandel eintritt."

Neuerdings beklagt sich England darüber, daß China seinen Verpflichtungen
nicht nachkomme; es hat kürzlich durch Sir John Jordan, den dortigen englischen
Gesandten, der chinesischen Regierung eine Note überreichen lassen, in der erklärt
wird, daß die Haltung der chinesischen Provinzen in der Opiumfrage eine schwere
Verletzung der britisch-chinesischen Verträge bedeute und durchaus ungerechtfertigt
sei. Der Standpunkt der britischen Regierung, die mit sehr scharfen Maßnahmen
droht, wenn China seine Haltung nicht ändere, ist folgender: der Opiumimport
sollte nur staffelweise vermindert werden; tatsächlich häufe sich aber in Indien


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[0304] Der Kampf gegen das Gpium in Lhina Verkauf von rohem Opium, über Verminderung der Anzahl der Einfuhr- und Ausfuhrhäfen, sowie über die Kontrolle der vereinbarten Maßregeln. Die Artikel 6 bis 14 enthalten die Beschlüsse über Ein- und Ausfuhr von Opium¬ präparaten Morphium, Kokain, Heroin), deren chemische Formel genau angegeben ist, und zwar werden die Vertragsstaaten Maßregeln ergreifen zu einem allmählichen, aber wirksamen Verbot der Herstellung, des Handels und des Gebrauchs dieser Präparate, wobei besondere Gesetze die Zulassung für medi¬ zinischen Gebrauch regeln werden. Die Artikel 15 bis 19 regeln den Verkehr mit China und zwar werden die Staaten, die chinesisches Gebiet gepachtet haben, dafür sorgen, daß die Gelegenheiten für Opiumraucher verschwinden, wie anderseits die Staaten, die in China eigene PostVerwaltung haben, die Beförderung verbotener Sendungen verweigern werden. Die übrigen Artikel handeln von der Vermittlerrolle, welche vom Niederländischen Ministerium des Äußern im gegenseitigen Verkehr der Vertragsmächte zu übernehmen ist, und zwar erfolgen einerseits durch dieses Ministerium alle Mitteilungen über die von den einzelnen Staaten getroffenen Verwaltungsmaßregeln, während ander¬ seits bei ihm alle statistischen Angaben über Gewinnung, Verkauf und Gebrauch von Opium gesammelt werden. Jedenfalls hat die Internationale Konferenz im Haag, welche die Grund¬ züge für das Opiumgeschäft festgelegt hat, eine einzig dastehende Kulturarbeit geleistet. „Denn auf europäischem Boden — so führt eine Zuschrift aus dem Haag an die Kölnische Zeitung (Ur. 124, 1912) treffend aus — sind die sitt¬ lichen, geistigen und materiellen Interessen eines vor wenigen Jahrzehnten unserni Wissen und unseren Interessen noch ziemlich fernstehenden asiatischen Reichs mit einer nach Hunderten von Millionen zählenden Bevölkerung der Gegenstand langer Verhandlungen gewesen. Sodann haben einzelne Staaten durch ihren Beitritt zu den Beschlüssen der Konferenz bedeutende finanzielle und wirtschaftliche Opfer gebracht. Unter den verheerenden Folgen des Opium¬ mißbrauchs hat das große chinesische Reich am allermeisten gelitten, nicht nur wegen seiner riesigen Bevölkerung, sondern auch, weil es durch politische und selbst kriegerische Verwicklungen geradezu gezwungen worden ist, in Gestalt ver¬ schiedener „Vertragshäfen" seine Grenzen fremder Habgier und Gewinnsucht zu öffnen. Es ist also nur eine Sühne des lange an ihm begangenen Unrechts, wenn jetzt der von der öffentlichen Meinung längst geforderte Wandel eintritt." Neuerdings beklagt sich England darüber, daß China seinen Verpflichtungen nicht nachkomme; es hat kürzlich durch Sir John Jordan, den dortigen englischen Gesandten, der chinesischen Regierung eine Note überreichen lassen, in der erklärt wird, daß die Haltung der chinesischen Provinzen in der Opiumfrage eine schwere Verletzung der britisch-chinesischen Verträge bedeute und durchaus ungerechtfertigt sei. Der Standpunkt der britischen Regierung, die mit sehr scharfen Maßnahmen droht, wenn China seine Haltung nicht ändere, ist folgender: der Opiumimport sollte nur staffelweise vermindert werden; tatsächlich häufe sich aber in Indien

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/304>, abgerufen am 27.07.2024.