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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Fürstliche Gegner Bisnuircks

vielleicht schon in kurzem das friedliche Deutschland in ein Schlachtfeld zu ver¬
wandeln.

Wir sind uns vollkommen klar darüber, daß mit dem ersten vergossenen
Tropfen Bruderblutes die Kriegsfurien in all ihrer alten Leidenschaft ent¬
fesselt sein werden und daß es dann in keines Macht und Willen mehr liegt,
sie ik Grenzen zu bannen und die unausbleibliche Einmischung des Auslandes
auszuschließen.

Und wie sollte solch ein Krieg enden?

Doch das sind alles wenig festliche Betrachtungen, die mir wie Schatten
über die Freude des feierlichen Tages hinwegflogen. Mögen sie zerfließen vor
dem Glänze Deiner Gerechtigkeit!

In dieser Hoffnung lasse mich die wärmsten Glückwünsche wiederholen, mit
denen ich in aufrichtiger Verehrung bin. allergnädigster König.


Dein treu ergebener Freund und Diener Ernst.

Konzept.

Ernst der Zweite an Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen.

Gotha. 21. März 66.


Lieber Fritz.

Ich schicke Dir Schleinitz mit einem Gratulationsbrief an den König und
habe darin zugleich meine großen Bedenken ausgesprochen über die Wege, die
man zu tun im Begriff scheint. -- Du kannst Dir meine Ansichten über einen
Bruderkrieg denken, und wie wenig ich in Eurem eigenen Interesse wünschen
kann, Preußen in Deutschland durch das Schwert vergrößert zu sehen. Welche
Gefahren laufen wir nicht und lauft Ihr nicht selbst. -- Ich beauftragte Schleinitz
mit mündlichen Äußerungen, da man schriftlich ein mümoire füllen könnte;
hoffentlich bringt er günstigere Nachrichten. Sollte es wirklich zum äußersten
kommen, so müßte ich schon wegen der eigenen Stellung nach Berlin eilen. Jetzt
halte ich es wirklich für schädlich . . .


Ernst.

Die Antwort des Königs lautet wie folgt:

König Wilhelm an Herzog Ernst.

Berlin. 26. März 1866.

Empfange meinen besten Dank für Deine freundlichen Wünsche zum 22.
Gewiß, ich kann es dem Himmel nicht genug danken, daß, da er mich einmal
dies hohe Alter erreichen lassen will, er mir auch die geistigen und körperlichen
Kräfte noch erhält -- mich nicht zum Kinderspott werden ließ! Doch wie lange
dies so gehen wird, weiß auch der Himmel nur allein.



*) Tempeltey, Herzog Ernst von Koburg und das Jahr 1866. S. 19 ff.
Fürstliche Gegner Bisnuircks

vielleicht schon in kurzem das friedliche Deutschland in ein Schlachtfeld zu ver¬
wandeln.

Wir sind uns vollkommen klar darüber, daß mit dem ersten vergossenen
Tropfen Bruderblutes die Kriegsfurien in all ihrer alten Leidenschaft ent¬
fesselt sein werden und daß es dann in keines Macht und Willen mehr liegt,
sie ik Grenzen zu bannen und die unausbleibliche Einmischung des Auslandes
auszuschließen.

Und wie sollte solch ein Krieg enden?

Doch das sind alles wenig festliche Betrachtungen, die mir wie Schatten
über die Freude des feierlichen Tages hinwegflogen. Mögen sie zerfließen vor
dem Glänze Deiner Gerechtigkeit!

In dieser Hoffnung lasse mich die wärmsten Glückwünsche wiederholen, mit
denen ich in aufrichtiger Verehrung bin. allergnädigster König.


Dein treu ergebener Freund und Diener Ernst.

Konzept.

Ernst der Zweite an Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen.

Gotha. 21. März 66.


Lieber Fritz.

Ich schicke Dir Schleinitz mit einem Gratulationsbrief an den König und
habe darin zugleich meine großen Bedenken ausgesprochen über die Wege, die
man zu tun im Begriff scheint. — Du kannst Dir meine Ansichten über einen
Bruderkrieg denken, und wie wenig ich in Eurem eigenen Interesse wünschen
kann, Preußen in Deutschland durch das Schwert vergrößert zu sehen. Welche
Gefahren laufen wir nicht und lauft Ihr nicht selbst. — Ich beauftragte Schleinitz
mit mündlichen Äußerungen, da man schriftlich ein mümoire füllen könnte;
hoffentlich bringt er günstigere Nachrichten. Sollte es wirklich zum äußersten
kommen, so müßte ich schon wegen der eigenen Stellung nach Berlin eilen. Jetzt
halte ich es wirklich für schädlich . . .


Ernst.

Die Antwort des Königs lautet wie folgt:

König Wilhelm an Herzog Ernst.

Berlin. 26. März 1866.

Empfange meinen besten Dank für Deine freundlichen Wünsche zum 22.
Gewiß, ich kann es dem Himmel nicht genug danken, daß, da er mich einmal
dies hohe Alter erreichen lassen will, er mir auch die geistigen und körperlichen
Kräfte noch erhält — mich nicht zum Kinderspott werden ließ! Doch wie lange
dies so gehen wird, weiß auch der Himmel nur allein.



*) Tempeltey, Herzog Ernst von Koburg und das Jahr 1866. S. 19 ff.
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[0025] Fürstliche Gegner Bisnuircks vielleicht schon in kurzem das friedliche Deutschland in ein Schlachtfeld zu ver¬ wandeln. Wir sind uns vollkommen klar darüber, daß mit dem ersten vergossenen Tropfen Bruderblutes die Kriegsfurien in all ihrer alten Leidenschaft ent¬ fesselt sein werden und daß es dann in keines Macht und Willen mehr liegt, sie ik Grenzen zu bannen und die unausbleibliche Einmischung des Auslandes auszuschließen. Und wie sollte solch ein Krieg enden? Doch das sind alles wenig festliche Betrachtungen, die mir wie Schatten über die Freude des feierlichen Tages hinwegflogen. Mögen sie zerfließen vor dem Glänze Deiner Gerechtigkeit! In dieser Hoffnung lasse mich die wärmsten Glückwünsche wiederholen, mit denen ich in aufrichtiger Verehrung bin. allergnädigster König. Dein treu ergebener Freund und Diener Ernst. Konzept. Ernst der Zweite an Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen. Gotha. 21. März 66. Lieber Fritz. Ich schicke Dir Schleinitz mit einem Gratulationsbrief an den König und habe darin zugleich meine großen Bedenken ausgesprochen über die Wege, die man zu tun im Begriff scheint. — Du kannst Dir meine Ansichten über einen Bruderkrieg denken, und wie wenig ich in Eurem eigenen Interesse wünschen kann, Preußen in Deutschland durch das Schwert vergrößert zu sehen. Welche Gefahren laufen wir nicht und lauft Ihr nicht selbst. — Ich beauftragte Schleinitz mit mündlichen Äußerungen, da man schriftlich ein mümoire füllen könnte; hoffentlich bringt er günstigere Nachrichten. Sollte es wirklich zum äußersten kommen, so müßte ich schon wegen der eigenen Stellung nach Berlin eilen. Jetzt halte ich es wirklich für schädlich . . . Ernst. Die Antwort des Königs lautet wie folgt: König Wilhelm an Herzog Ernst. Berlin. 26. März 1866. Empfange meinen besten Dank für Deine freundlichen Wünsche zum 22. Gewiß, ich kann es dem Himmel nicht genug danken, daß, da er mich einmal dies hohe Alter erreichen lassen will, er mir auch die geistigen und körperlichen Kräfte noch erhält — mich nicht zum Kinderspott werden ließ! Doch wie lange dies so gehen wird, weiß auch der Himmel nur allein. *) Tempeltey, Herzog Ernst von Koburg und das Jahr 1866. S. 19 ff.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/25>, abgerufen am 21.12.2024.