Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.Präludien zu einem Ritt in Persien UM sich für ein und zwei Tage mit frischem Proviant zu versehen, sonst aßen Viel Mühe, viele Wege und viel Denken erfordert es, bis endlich die Doch fast hätte ich noch eins, das Allernotwendigste für den Orient ver¬ Präludien zu einem Ritt in Persien UM sich für ein und zwei Tage mit frischem Proviant zu versehen, sonst aßen Viel Mühe, viele Wege und viel Denken erfordert es, bis endlich die Doch fast hätte ich noch eins, das Allernotwendigste für den Orient ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0204" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325724"/> <fw type="header" place="top"> Präludien zu einem Ritt in Persien</fw><lb/> <p xml:id="ID_819" prev="#ID_818"> UM sich für ein und zwei Tage mit frischem Proviant zu versehen, sonst aßen<lb/> wir, was die Eingeborenen uns vorsetzten. Freilich war dies nicht immer sehr<lb/> appetitanregend, und so griff man so manches Mal auf seine Konserven zurück.<lb/> Sie wurden aber als kostbares Gut behütet und für die äußerste Not auf¬<lb/> gespart. Zum Schlüsse sei noch erwähnt, daß man mit einigen bunten Bildern,<lb/> Feuerzeugen und billigen Uhren den Eingeborenen große Freude und sich selbst<lb/> äußerst beliebt machen kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_820"> Viel Mühe, viele Wege und viel Denken erfordert es, bis endlich die<lb/> großen Kisten mit allen Habseligkeiten im Eisenbahnwagen stehen und man sich<lb/> selbst in den Orientexpreß setzt, um dem Lande seiner Träume entgegenzueilen.<lb/> Groß ist aber die Freude, wenn nachher das, was am Schreibtisch durchdacht<lb/> und bearbeitet wurde, draußen wirklich zum Erfolge führt.</p><lb/> <p xml:id="ID_821"> Doch fast hätte ich noch eins, das Allernotwendigste für den Orient ver¬<lb/> gessen: gute Laune, Ruhe und Energie. Ohne sie dürfte man nicht weit<lb/> kommen, selbst wenn die Koffer der Karawane alles enthielten, was man sich<lb/> nur denken und im Notfalle gebrauchen kann. Diese drei bilden den persön¬<lb/> lichen eisernen Bestand, aus dem immer wieder geschöpft werden muß, wenn<lb/> sich Schwierigkeiten einstellen, wenn die Karawanentreiber dem Reisenden ihr<lb/> „Unmöglich", mit dem sie so schnell bei der Hand sind, zurufen, wenn die<lb/> Indolenz der Eingeborenen ihn fast zur Verzweiflung treibt. Besitzt man aber<lb/> diese Eigenschaften, so ist man den Eingeborenen weit überlegen; zu ihnen muß<lb/> sich dann noch eine gewisse fatalistische Gleichgültigkeit gegen Zwischenfälle, an<lb/> denen nichts zu ändern ist, hinzugesellen. Dann ist man gut ausgerüstet und<lb/> kann getrost in dem Gefühl der eigenen Überlegenheit die Reise antreten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0204]
Präludien zu einem Ritt in Persien
UM sich für ein und zwei Tage mit frischem Proviant zu versehen, sonst aßen
wir, was die Eingeborenen uns vorsetzten. Freilich war dies nicht immer sehr
appetitanregend, und so griff man so manches Mal auf seine Konserven zurück.
Sie wurden aber als kostbares Gut behütet und für die äußerste Not auf¬
gespart. Zum Schlüsse sei noch erwähnt, daß man mit einigen bunten Bildern,
Feuerzeugen und billigen Uhren den Eingeborenen große Freude und sich selbst
äußerst beliebt machen kann.
Viel Mühe, viele Wege und viel Denken erfordert es, bis endlich die
großen Kisten mit allen Habseligkeiten im Eisenbahnwagen stehen und man sich
selbst in den Orientexpreß setzt, um dem Lande seiner Träume entgegenzueilen.
Groß ist aber die Freude, wenn nachher das, was am Schreibtisch durchdacht
und bearbeitet wurde, draußen wirklich zum Erfolge führt.
Doch fast hätte ich noch eins, das Allernotwendigste für den Orient ver¬
gessen: gute Laune, Ruhe und Energie. Ohne sie dürfte man nicht weit
kommen, selbst wenn die Koffer der Karawane alles enthielten, was man sich
nur denken und im Notfalle gebrauchen kann. Diese drei bilden den persön¬
lichen eisernen Bestand, aus dem immer wieder geschöpft werden muß, wenn
sich Schwierigkeiten einstellen, wenn die Karawanentreiber dem Reisenden ihr
„Unmöglich", mit dem sie so schnell bei der Hand sind, zurufen, wenn die
Indolenz der Eingeborenen ihn fast zur Verzweiflung treibt. Besitzt man aber
diese Eigenschaften, so ist man den Eingeborenen weit überlegen; zu ihnen muß
sich dann noch eine gewisse fatalistische Gleichgültigkeit gegen Zwischenfälle, an
denen nichts zu ändern ist, hinzugesellen. Dann ist man gut ausgerüstet und
kann getrost in dem Gefühl der eigenen Überlegenheit die Reise antreten.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |