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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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An der Wiege des Königreichs Rumänien

wäre, sie durch den Minister selbst veranlaßt worden sei usw., und die beiden
Beamten kamen so sehr aneinander, daß ich der Szene nur dadurch ein Ende
machen konnte, daß ich sie beide mit der Bemerkung verabschiedete, daß ich der¬
gleichen in meiner Gegenwart höchst unangenehm fände, und übrigens auch
die Insinuationen des Ministers, welche die Kommissäre, meine Kollegen,
indirekt der Aufregung des Volkes beschuldigten, gar nicht anhören wolle
und dürfe.

Dieser Minister ist, wahrscheinlich wegen seiner Unbesonnenheit, und weil
er auf eine plumpe Weise das System des Kaimakams exekutierte, eben abgesetzt
und durch einen wegen seines unmoralischen Wandels berüchtigten, aber klügeren
Bojaren, Basil Ghyka ersetzt worden.

Der Postelnik (Minister der auswärtigen Angelegenheiten) Paul Balsche,
den ich aus meiner früheren Wirksamkeit Hierselbst kenne, stellte die Bitte an
mich, ihm zu sagen, ob ich glaubte, daß die Union unter einem fremden erb¬
lichen Fürsten eine Möglichkeit sei? Ich konnte hierauf nur erwidern, daß in
dieser Hinsicht alles auf die Diwans ankommen werde, vor deren Zusammen¬
tritt sich hierüber nichts sagen ließe. Aber wenn die Diwans sich dafür aus¬
sprechen, was glauben Sie denn? fragte er weiter. Ich konnte ihm nur eine
evasive Antwort geben, und er erwiderte darauf, daß ihm einige Kommissäre
ganz bestimmt gesagt haben, die Union mit einem fremden Fürsten sei eine
Chimäre, und es werde daraus nichts, und da die anderen ihm nur eoasiv
antworten, so halte er dafür, daß die Sache keine Chancen habe, und da dies
der Fall sei, so halte er die Haltung der Regierung dem erfolglosen Bestreben
der Union gegenüber nicht nur gerechtfertigt, sondern selbst geboten.

Die übrigen Minister des Kaimakams nahmen im allgemeinen eine schüchterne,
und in keiner Weise prononcierte Haltung ein, und vermieden es sichtlich, auf
die politische Frage näher einzugehen.

Wie es übrigens mit dem moralischen Werte des Ministeriums des Kaimakams
steht, dafür brauche ich nur ein kleines Beispiel anzuführen. Als ich bei Madame
Balsche, der Gattin des gedachten Postelniks, ebenfalls einer alten Bekanntschaft
von früher, meinen Besuch machte, kam sie mir mit den Worten entgegen: "Ich
bin wahrlich beschämt, Sie hier, als die Frau eines Ministers begrüßen zu
müssen, unter einer Regierung, die aus Räubern, Dieben, Fälschern und noto¬
rischen Vaterlandsverrätern besteht, und von denen sich mein Mann schon längst
losgesagt hätte, wenn er nicht glaubte, durch sein Verbleiben dem Treiben
dieser Leute wenigstens einigen Damm entgegensetzen zu können." Als ich hierzu
ungläubig lächelte, und ihre Äußerung für einen Scherz erklärte, ging sie auf
eine Begründung ihrer Behauptung ein und führte genau an, wo dieser oder
jener Minister geraubt, geplündert und gestohlen habe und einige moldauische
Stabsoffiziere in Uniform, darunter Adjutanten des Fürsten selbst bestätigten
und vermehrten die ckronique scanäalsuZö, die diese Dame von den Kollegen
ihres Mannes gab____


An der Wiege des Königreichs Rumänien

wäre, sie durch den Minister selbst veranlaßt worden sei usw., und die beiden
Beamten kamen so sehr aneinander, daß ich der Szene nur dadurch ein Ende
machen konnte, daß ich sie beide mit der Bemerkung verabschiedete, daß ich der¬
gleichen in meiner Gegenwart höchst unangenehm fände, und übrigens auch
die Insinuationen des Ministers, welche die Kommissäre, meine Kollegen,
indirekt der Aufregung des Volkes beschuldigten, gar nicht anhören wolle
und dürfe.

Dieser Minister ist, wahrscheinlich wegen seiner Unbesonnenheit, und weil
er auf eine plumpe Weise das System des Kaimakams exekutierte, eben abgesetzt
und durch einen wegen seines unmoralischen Wandels berüchtigten, aber klügeren
Bojaren, Basil Ghyka ersetzt worden.

Der Postelnik (Minister der auswärtigen Angelegenheiten) Paul Balsche,
den ich aus meiner früheren Wirksamkeit Hierselbst kenne, stellte die Bitte an
mich, ihm zu sagen, ob ich glaubte, daß die Union unter einem fremden erb¬
lichen Fürsten eine Möglichkeit sei? Ich konnte hierauf nur erwidern, daß in
dieser Hinsicht alles auf die Diwans ankommen werde, vor deren Zusammen¬
tritt sich hierüber nichts sagen ließe. Aber wenn die Diwans sich dafür aus¬
sprechen, was glauben Sie denn? fragte er weiter. Ich konnte ihm nur eine
evasive Antwort geben, und er erwiderte darauf, daß ihm einige Kommissäre
ganz bestimmt gesagt haben, die Union mit einem fremden Fürsten sei eine
Chimäre, und es werde daraus nichts, und da die anderen ihm nur eoasiv
antworten, so halte er dafür, daß die Sache keine Chancen habe, und da dies
der Fall sei, so halte er die Haltung der Regierung dem erfolglosen Bestreben
der Union gegenüber nicht nur gerechtfertigt, sondern selbst geboten.

Die übrigen Minister des Kaimakams nahmen im allgemeinen eine schüchterne,
und in keiner Weise prononcierte Haltung ein, und vermieden es sichtlich, auf
die politische Frage näher einzugehen.

Wie es übrigens mit dem moralischen Werte des Ministeriums des Kaimakams
steht, dafür brauche ich nur ein kleines Beispiel anzuführen. Als ich bei Madame
Balsche, der Gattin des gedachten Postelniks, ebenfalls einer alten Bekanntschaft
von früher, meinen Besuch machte, kam sie mir mit den Worten entgegen: „Ich
bin wahrlich beschämt, Sie hier, als die Frau eines Ministers begrüßen zu
müssen, unter einer Regierung, die aus Räubern, Dieben, Fälschern und noto¬
rischen Vaterlandsverrätern besteht, und von denen sich mein Mann schon längst
losgesagt hätte, wenn er nicht glaubte, durch sein Verbleiben dem Treiben
dieser Leute wenigstens einigen Damm entgegensetzen zu können." Als ich hierzu
ungläubig lächelte, und ihre Äußerung für einen Scherz erklärte, ging sie auf
eine Begründung ihrer Behauptung ein und führte genau an, wo dieser oder
jener Minister geraubt, geplündert und gestohlen habe und einige moldauische
Stabsoffiziere in Uniform, darunter Adjutanten des Fürsten selbst bestätigten
und vermehrten die ckronique scanäalsuZö, die diese Dame von den Kollegen
ihres Mannes gab____


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/191>, abgerufen am 21.12.2024.