Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorahnung

Für geschmackvollere Menschen darf ein Kinoprogramm etwa so aussehen:
im wesentlichen Bilder aus der Wirklichkeit, Jagden, Wettrennen, manövrierende
Soldaten, exotische Straßenbilder, Volksbräuche usw. Daneben Naturwissen¬
schaftliches (Kinematographie des Mikroskops) und Technisches. Naturschönheiten
bieten immer einen reinen Genuß. Dazwischen, als eigentliches "Theater",
ein packender Stehns, von ersten Mimikern virtuos gespielt, sowie endlich eine
Groteske, auf den oben besprochenen Möglichkeiten beruhend. Das gibt eine
Unterhaltung für eine knappe Stunde, besser als das frühere VarietS. und
meinetwegen unter Umständen einem langweiligen Theaterabend vorzuziehen.

Schauspieler jedoch, die von der Bühne zum Kino übergehen, hören damit
auf, der Kunst zu dienen und werden Virtuosen der äußerlichsten Art. Und
ein Dramatiker gar, der sein Wortdrama zum Filmstück umschneidert, beweist
nur. daß er auch vom Wesen des Wortdramas keine Ahnung hat.

Über Wesen und Wert der Filmkunst aber wollen wir uns fortan keinen
blauen Dunst mehr vormachen lassen.




Sieh mich nicht an. wenn ich allem
Weit über das Gitter seh. /
Und in Gedanken von dem Schein
Des reinen Lichts gefangen steh.
Sprich nicht zu mir, wenn auf dem Grat
Der Liebe ich zur Sehnsucht wandle
Ich will, wenn meine Stunde naht,!
Allein erwägen, wie ich handle.
Nur wenn du siehst, ein Weinen geht,
Als kanns das ferne Land nicht finden,
Dann sollst du schweigend zum Gebet
Den Schleier nur vom Auge binden.

Mg Köxp


Vorahnung

Für geschmackvollere Menschen darf ein Kinoprogramm etwa so aussehen:
im wesentlichen Bilder aus der Wirklichkeit, Jagden, Wettrennen, manövrierende
Soldaten, exotische Straßenbilder, Volksbräuche usw. Daneben Naturwissen¬
schaftliches (Kinematographie des Mikroskops) und Technisches. Naturschönheiten
bieten immer einen reinen Genuß. Dazwischen, als eigentliches „Theater",
ein packender Stehns, von ersten Mimikern virtuos gespielt, sowie endlich eine
Groteske, auf den oben besprochenen Möglichkeiten beruhend. Das gibt eine
Unterhaltung für eine knappe Stunde, besser als das frühere VarietS. und
meinetwegen unter Umständen einem langweiligen Theaterabend vorzuziehen.

Schauspieler jedoch, die von der Bühne zum Kino übergehen, hören damit
auf, der Kunst zu dienen und werden Virtuosen der äußerlichsten Art. Und
ein Dramatiker gar, der sein Wortdrama zum Filmstück umschneidert, beweist
nur. daß er auch vom Wesen des Wortdramas keine Ahnung hat.

Über Wesen und Wert der Filmkunst aber wollen wir uns fortan keinen
blauen Dunst mehr vormachen lassen.




Sieh mich nicht an. wenn ich allem
Weit über das Gitter seh. /
Und in Gedanken von dem Schein
Des reinen Lichts gefangen steh.
Sprich nicht zu mir, wenn auf dem Grat
Der Liebe ich zur Sehnsucht wandle
Ich will, wenn meine Stunde naht,!
Allein erwägen, wie ich handle.
Nur wenn du siehst, ein Weinen geht,
Als kanns das ferne Land nicht finden,
Dann sollst du schweigend zum Gebet
Den Schleier nur vom Auge binden.

Mg Köxp


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325663"/>
          <fw type="header" place="top"> Vorahnung</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_606"> Für geschmackvollere Menschen darf ein Kinoprogramm etwa so aussehen:<lb/>
im wesentlichen Bilder aus der Wirklichkeit, Jagden, Wettrennen, manövrierende<lb/>
Soldaten, exotische Straßenbilder, Volksbräuche usw. Daneben Naturwissen¬<lb/>
schaftliches (Kinematographie des Mikroskops) und Technisches. Naturschönheiten<lb/>
bieten immer einen reinen Genuß. Dazwischen, als eigentliches &#x201E;Theater",<lb/>
ein packender Stehns, von ersten Mimikern virtuos gespielt, sowie endlich eine<lb/>
Groteske, auf den oben besprochenen Möglichkeiten beruhend. Das gibt eine<lb/>
Unterhaltung für eine knappe Stunde, besser als das frühere VarietS. und<lb/>
meinetwegen unter Umständen einem langweiligen Theaterabend vorzuziehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_607"> Schauspieler jedoch, die von der Bühne zum Kino übergehen, hören damit<lb/>
auf, der Kunst zu dienen und werden Virtuosen der äußerlichsten Art. Und<lb/>
ein Dramatiker gar, der sein Wortdrama zum Filmstück umschneidert, beweist<lb/>
nur. daß er auch vom Wesen des Wortdramas keine Ahnung hat.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_608"> Über Wesen und Wert der Filmkunst aber wollen wir uns fortan keinen<lb/>
blauen Dunst mehr vormachen lassen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> </head><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_3" type="poem">
            <l> Sieh mich nicht an. wenn ich allem<lb/>
Weit über das Gitter seh. /<lb/>
Und in Gedanken von dem Schein<lb/>
Des reinen Lichts gefangen steh.</l>
            <l> Sprich nicht zu mir, wenn auf dem Grat<lb/>
Der Liebe ich zur Sehnsucht wandle<lb/>
Ich will, wenn meine Stunde naht,!<lb/>
Allein erwägen, wie ich handle.</l>
            <l> Nur wenn du siehst, ein Weinen geht,<lb/>
Als kanns das ferne Land nicht finden,<lb/>
Dann sollst du schweigend zum Gebet<lb/>
Den Schleier nur vom Auge binden.</l>
          </lg><lb/>
          <note type="byline"> Mg Köxp</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0143] Vorahnung Für geschmackvollere Menschen darf ein Kinoprogramm etwa so aussehen: im wesentlichen Bilder aus der Wirklichkeit, Jagden, Wettrennen, manövrierende Soldaten, exotische Straßenbilder, Volksbräuche usw. Daneben Naturwissen¬ schaftliches (Kinematographie des Mikroskops) und Technisches. Naturschönheiten bieten immer einen reinen Genuß. Dazwischen, als eigentliches „Theater", ein packender Stehns, von ersten Mimikern virtuos gespielt, sowie endlich eine Groteske, auf den oben besprochenen Möglichkeiten beruhend. Das gibt eine Unterhaltung für eine knappe Stunde, besser als das frühere VarietS. und meinetwegen unter Umständen einem langweiligen Theaterabend vorzuziehen. Schauspieler jedoch, die von der Bühne zum Kino übergehen, hören damit auf, der Kunst zu dienen und werden Virtuosen der äußerlichsten Art. Und ein Dramatiker gar, der sein Wortdrama zum Filmstück umschneidert, beweist nur. daß er auch vom Wesen des Wortdramas keine Ahnung hat. Über Wesen und Wert der Filmkunst aber wollen wir uns fortan keinen blauen Dunst mehr vormachen lassen. Sieh mich nicht an. wenn ich allem Weit über das Gitter seh. / Und in Gedanken von dem Schein Des reinen Lichts gefangen steh. Sprich nicht zu mir, wenn auf dem Grat Der Liebe ich zur Sehnsucht wandle Ich will, wenn meine Stunde naht,! Allein erwägen, wie ich handle. Nur wenn du siehst, ein Weinen geht, Als kanns das ferne Land nicht finden, Dann sollst du schweigend zum Gebet Den Schleier nur vom Auge binden. Mg Köxp

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/143
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/143>, abgerufen am 27.07.2024.