Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.F, w. Raiffeisen nommenen, seinen früheren Gründungen widersprechenden Organisationselemente Sie beruht wie die Schulzesche durchaus auf dem Grundsatz der Selbst¬ Diesen beiden Besonderheiten entsprechend ist Zweck des Raiffeisenvereins Den Verhältnissen des Landes entsprechend ist das Vereinsgebiet auf einen So ist die Raiffeisensche Einzelgenossenschaft eine durchaus selbständige, Die Ausbreitung des Genossenschaftsgedankens ging anfänglich äußerst Immerhin verbreiteten sich von den 1870 er Jahren an die Raisfeisen- F, w. Raiffeisen nommenen, seinen früheren Gründungen widersprechenden Organisationselemente Sie beruht wie die Schulzesche durchaus auf dem Grundsatz der Selbst¬ Diesen beiden Besonderheiten entsprechend ist Zweck des Raiffeisenvereins Den Verhältnissen des Landes entsprechend ist das Vereinsgebiet auf einen So ist die Raiffeisensche Einzelgenossenschaft eine durchaus selbständige, Die Ausbreitung des Genossenschaftsgedankens ging anfänglich äußerst Immerhin verbreiteten sich von den 1870 er Jahren an die Raisfeisen- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0566" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325436"/> <fw type="header" place="top"> F, w. Raiffeisen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2688" prev="#ID_2687"> nommenen, seinen früheren Gründungen widersprechenden Organisationselemente<lb/> aus seinem Genossenschaftsstatut wieder heraus und brachte damit die Genossen¬<lb/> schaft in die Form, die jetzt als spezifisch Raiffeisensche, als „Raiffeisen-Verein"<lb/> bezeichnet zu werden pflegt. ^</p><lb/> <p xml:id="ID_2689"> Sie beruht wie die Schulzesche durchaus auf dem Grundsatz der Selbst¬<lb/> hilfe, sie ist aber im übrigen derselbe Ausdruck christlicher Hilfsbereitschaft für<lb/> den Nächsten wie der Verein in Flammersfeld und Weyerbusch, und hat, was<lb/> die Organisation anlangt, ihr Gepräge von ihrem Betätigungsgebiet erhalten,<lb/> vom Lande und von den Bedürfnissen der Landbevölkerung, namentlich der<lb/> Landwirte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2690"> Diesen beiden Besonderheiten entsprechend ist Zweck des Raiffeisenvereins<lb/> neben der Hebung der wirtschaftlich Schwachen, die geistig-sittliche Hebung<lb/> der Vereinsmitglieder, es gehört ferner dazu die Ausschließung der Gewinn¬<lb/> beteiligung der Mitglieder, die Schaffung eines unteilbaren, für gemeinnützige<lb/> Zwecke bestimmten Stiftungsfonds, die ehrenamtliche Verwaltung des Vereins usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_2691"> Den Verhältnissen des Landes entsprechend ist das Vereinsgebiet auf einen<lb/> „unbeschadet der Lebensfähigkeit möglichst kleinen Bezirk", meist ein Dorf oder<lb/> Kirchspiel, beschränkt. Dadurch ergibt sich leichte Übersichtlichkeit über die<lb/> Schuldner, einfache, daher nebenamtlich durchführbare Verwaltung und enge<lb/> Zusammengehörigkeit der Vereinsmitglieder. Die geschäftliche Tätigkeit des<lb/> Vereins paßt sich ferner den Bedürfnissen des Landwirth an, indem der Verein<lb/> nicht wie die städtische Bank ganz kurzfristigen Kredit gibt, sondern die Nück-<lb/> zahlungstermine der landwirtschaftlichen, langsameren Produktion entsprechend<lb/> weiter hinausschiebt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2692"> So ist die Raiffeisensche Einzelgenossenschaft eine durchaus selbständige,<lb/> auf die ländlichen Verhältnisse zugeschnittene Bildung. Sie hat sich denn auch<lb/> als ländliche Kreditgenossenschaft im größten Maßstabe durchgesetzt und ist in<lb/> ihrer Eigenart nach jahrzehntelanger Bekämpfung durch die Schulze-Delitzschsche<lb/> Richtung und dieser nahe stehende Organisationen jetzt als fast allgemein<lb/> anerkannt anzusehen. Dies gilt auch hinsichtlich des wichtigen Bezugs von<lb/> Futter- und Düngemitteln, Saatgetreide usw., den sich der Raiffeisenverein<lb/> neben der Regelung der Kreditverhültnisse zur Aufgabe gestellt hat und der<lb/> anfänglich als mit dem Wesen eines Darlehnskassenvereins unverträglich ganz<lb/> besonders heftig befehdet worden war.</p><lb/> <p xml:id="ID_2693"> Die Ausbreitung des Genossenschaftsgedankens ging anfänglich äußerst<lb/> langsam vonstatten, obwohl im Rheinland der Landwirtschaftliche Verein für<lb/> Rheinpreußen schon früh für Raiffeisen eingetreten war. Namentlich war es<lb/> die unbeschränkte Haftpflicht, vor der die Leute zurückschenken.</p><lb/> <p xml:id="ID_2694" next="#ID_2695"> Immerhin verbreiteten sich von den 1870 er Jahren an die Raisfeisen-<lb/> vereme im Rheinland und den angrenzenden Gebieten mehr und mehr und so<lb/> konnte Raiffeisen bei seinem Tode auf ein auch äußerlich recht stattliches Werk<lb/> blicken, war der Bestand seiner Organisation doch etwa 400 Vereine mit 50000</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0566]
F, w. Raiffeisen
nommenen, seinen früheren Gründungen widersprechenden Organisationselemente
aus seinem Genossenschaftsstatut wieder heraus und brachte damit die Genossen¬
schaft in die Form, die jetzt als spezifisch Raiffeisensche, als „Raiffeisen-Verein"
bezeichnet zu werden pflegt. ^
Sie beruht wie die Schulzesche durchaus auf dem Grundsatz der Selbst¬
hilfe, sie ist aber im übrigen derselbe Ausdruck christlicher Hilfsbereitschaft für
den Nächsten wie der Verein in Flammersfeld und Weyerbusch, und hat, was
die Organisation anlangt, ihr Gepräge von ihrem Betätigungsgebiet erhalten,
vom Lande und von den Bedürfnissen der Landbevölkerung, namentlich der
Landwirte.
Diesen beiden Besonderheiten entsprechend ist Zweck des Raiffeisenvereins
neben der Hebung der wirtschaftlich Schwachen, die geistig-sittliche Hebung
der Vereinsmitglieder, es gehört ferner dazu die Ausschließung der Gewinn¬
beteiligung der Mitglieder, die Schaffung eines unteilbaren, für gemeinnützige
Zwecke bestimmten Stiftungsfonds, die ehrenamtliche Verwaltung des Vereins usw.
Den Verhältnissen des Landes entsprechend ist das Vereinsgebiet auf einen
„unbeschadet der Lebensfähigkeit möglichst kleinen Bezirk", meist ein Dorf oder
Kirchspiel, beschränkt. Dadurch ergibt sich leichte Übersichtlichkeit über die
Schuldner, einfache, daher nebenamtlich durchführbare Verwaltung und enge
Zusammengehörigkeit der Vereinsmitglieder. Die geschäftliche Tätigkeit des
Vereins paßt sich ferner den Bedürfnissen des Landwirth an, indem der Verein
nicht wie die städtische Bank ganz kurzfristigen Kredit gibt, sondern die Nück-
zahlungstermine der landwirtschaftlichen, langsameren Produktion entsprechend
weiter hinausschiebt.
So ist die Raiffeisensche Einzelgenossenschaft eine durchaus selbständige,
auf die ländlichen Verhältnisse zugeschnittene Bildung. Sie hat sich denn auch
als ländliche Kreditgenossenschaft im größten Maßstabe durchgesetzt und ist in
ihrer Eigenart nach jahrzehntelanger Bekämpfung durch die Schulze-Delitzschsche
Richtung und dieser nahe stehende Organisationen jetzt als fast allgemein
anerkannt anzusehen. Dies gilt auch hinsichtlich des wichtigen Bezugs von
Futter- und Düngemitteln, Saatgetreide usw., den sich der Raiffeisenverein
neben der Regelung der Kreditverhültnisse zur Aufgabe gestellt hat und der
anfänglich als mit dem Wesen eines Darlehnskassenvereins unverträglich ganz
besonders heftig befehdet worden war.
Die Ausbreitung des Genossenschaftsgedankens ging anfänglich äußerst
langsam vonstatten, obwohl im Rheinland der Landwirtschaftliche Verein für
Rheinpreußen schon früh für Raiffeisen eingetreten war. Namentlich war es
die unbeschränkte Haftpflicht, vor der die Leute zurückschenken.
Immerhin verbreiteten sich von den 1870 er Jahren an die Raisfeisen-
vereme im Rheinland und den angrenzenden Gebieten mehr und mehr und so
konnte Raiffeisen bei seinem Tode auf ein auch äußerlich recht stattliches Werk
blicken, war der Bestand seiner Organisation doch etwa 400 Vereine mit 50000
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |