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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Geldnot

auch ein großes Bankinstitut, der Essener Bankverein, außerordentliche Verluste
erlitten hat, die ihm ohne weiteres das Lebenslicht ausblasen würden, wenn
er nicht zu dem Konzern der Deutschen Bank gehörte und die befreundete
Essener Kreditanstalt ihn in die Arme nähme. Von den 30 Millionen Aktien¬
kapital des Instituts verschwinden bei dieser Fusion nicht weniger als zwölf.
Man vergegenwärtige sich, welchen Eindruck das machen würde, wenn ein
Bankinstitut von dieser Größe zur Liquidation oder zur Zahlungseinstellung
gezwungen wäre, ohne daß die schützende Hand eines mächtigen Bankkonzerns
sich über ihm ausstreckte! Ein solches Vorkommnis würde genügen, eine heftige
Krisis auszulösen, nicht anders als vor zwölf Jahren bei dem Zusammenbruch
der Dresdener Kreditanstalt und der Leipziger Bank. Heute hat die Offen-
legung jener Verluste kaum irgendeine tiefergehende Wirkung ausgeübt. Es
zeigt sich hier der Wert, den eine starke Bankenorganisation für die Allgemeinheit
besitzt. Gleichwohl darf man nicht übersehen, daß bei diesen Millionenverlusten
des Bankvereins sich gewisse typische Erscheinungen zeigen. Denn diese Verluste
sind auf übermäßige Kredite und auf Engagements am Baumarkt zurückzuführen,
also auf Fehlgeschäfte der Art, wie sie auch einer Großbank, dem Schaaff-
hausenschen Bankverein einen kräftigen Stoß versetzt haben und auch in den
Bilanzen anderer Institute einen -- nach außen freilich nicht erkennbaren --
Niederschlag finden dürften.

Die Geschäftsabschlüsse der Großbanken, die zu einem erheblichen Teil be¬
reits veröffentlicht sind, lassen im übrigen erkennen, daß das abgelaufene Jahr
sich für die deutschen Institute trotz aller Mißgunst der Zeiten recht gewinn¬
bringend gestaltet hat. Ein guter Teil des Jahres war ja durch ein besonders
lebhaftes Börsengeschäft ausgezeichnet und die Einbuße im letzten Quartal
wurde durch die vermehrten Zinsengewinne reichlich gedeckt. So hat denn das
Gewinnergebnis sich so günstig gestaltet, daß trotz interner Abschreibungen und
Rücklagen von sicherlich bedeutender Höhe sich keine Einbußen sondern noch
Mehrgewinne gegen das Vorjahr ergeben. Bemerkenswert ist, daß die Unkosten
der Banken sich ständig steigern. Die dauernde Vermehrung des Personals,
die Teuerungszulagen, die Versicherungslasten, die hohen Spesen für die Ein¬
richtung und die Miete der Depositenkassen belasten das Budget ganz außer¬
ordentlich. Auf der anderen Seite hat der Nutzen am einzelnen Geschäft, wie
der Bericht der Diskontogesellschaft hervorhebt, die Tendenz zur Verringerung
und kann nur durch eine Steigerung der Umsätze auf ein befriedigendes Ge¬
samtergebnis gebracht werden. Was die Bilanzen selbst anlangt, so scheint
allgemein eine Verschlechterung der Liquidität infolge des Rückganges der
Reports und der Zunahme der Akzepte eingetreten zu sein. Doch läßt sich ein
abschließendes Urteil erst fällen, wenn die Bilanzen der größten Institute vor-
li Specwtor egen, die bisher noch ausstehen.




Geldnot

auch ein großes Bankinstitut, der Essener Bankverein, außerordentliche Verluste
erlitten hat, die ihm ohne weiteres das Lebenslicht ausblasen würden, wenn
er nicht zu dem Konzern der Deutschen Bank gehörte und die befreundete
Essener Kreditanstalt ihn in die Arme nähme. Von den 30 Millionen Aktien¬
kapital des Instituts verschwinden bei dieser Fusion nicht weniger als zwölf.
Man vergegenwärtige sich, welchen Eindruck das machen würde, wenn ein
Bankinstitut von dieser Größe zur Liquidation oder zur Zahlungseinstellung
gezwungen wäre, ohne daß die schützende Hand eines mächtigen Bankkonzerns
sich über ihm ausstreckte! Ein solches Vorkommnis würde genügen, eine heftige
Krisis auszulösen, nicht anders als vor zwölf Jahren bei dem Zusammenbruch
der Dresdener Kreditanstalt und der Leipziger Bank. Heute hat die Offen-
legung jener Verluste kaum irgendeine tiefergehende Wirkung ausgeübt. Es
zeigt sich hier der Wert, den eine starke Bankenorganisation für die Allgemeinheit
besitzt. Gleichwohl darf man nicht übersehen, daß bei diesen Millionenverlusten
des Bankvereins sich gewisse typische Erscheinungen zeigen. Denn diese Verluste
sind auf übermäßige Kredite und auf Engagements am Baumarkt zurückzuführen,
also auf Fehlgeschäfte der Art, wie sie auch einer Großbank, dem Schaaff-
hausenschen Bankverein einen kräftigen Stoß versetzt haben und auch in den
Bilanzen anderer Institute einen — nach außen freilich nicht erkennbaren —
Niederschlag finden dürften.

Die Geschäftsabschlüsse der Großbanken, die zu einem erheblichen Teil be¬
reits veröffentlicht sind, lassen im übrigen erkennen, daß das abgelaufene Jahr
sich für die deutschen Institute trotz aller Mißgunst der Zeiten recht gewinn¬
bringend gestaltet hat. Ein guter Teil des Jahres war ja durch ein besonders
lebhaftes Börsengeschäft ausgezeichnet und die Einbuße im letzten Quartal
wurde durch die vermehrten Zinsengewinne reichlich gedeckt. So hat denn das
Gewinnergebnis sich so günstig gestaltet, daß trotz interner Abschreibungen und
Rücklagen von sicherlich bedeutender Höhe sich keine Einbußen sondern noch
Mehrgewinne gegen das Vorjahr ergeben. Bemerkenswert ist, daß die Unkosten
der Banken sich ständig steigern. Die dauernde Vermehrung des Personals,
die Teuerungszulagen, die Versicherungslasten, die hohen Spesen für die Ein¬
richtung und die Miete der Depositenkassen belasten das Budget ganz außer¬
ordentlich. Auf der anderen Seite hat der Nutzen am einzelnen Geschäft, wie
der Bericht der Diskontogesellschaft hervorhebt, die Tendenz zur Verringerung
und kann nur durch eine Steigerung der Umsätze auf ein befriedigendes Ge¬
samtergebnis gebracht werden. Was die Bilanzen selbst anlangt, so scheint
allgemein eine Verschlechterung der Liquidität infolge des Rückganges der
Reports und der Zunahme der Akzepte eingetreten zu sein. Doch läßt sich ein
abschließendes Urteil erst fällen, wenn die Bilanzen der größten Institute vor-
li Specwtor egen, die bisher noch ausstehen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/495>, abgerufen am 29.06.2024.