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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Ziele und Ergebnisse der ^aturschutzbewegung

Alle diese beabsichtigten und unbeabsichtigten Eingriffe des Menschen in
die Harmonie der Schöpfung müssen jeden Naturfreund, überhaupt jeden, demi
die ethischen und ästhetischen Werte des Lebens am Herzen liegen, mit banger
Sorge erfüllen, und so macht sich denn auch neuerdings in allen Kulturländern,
besonders in den von Angehörigen der germanischen Rasse besiedelten, eine starke
Bewegung geltend, deren Ziel es ist, zu retten, was noch zu retten ist, und
wenigstens einen Teil der gefährdeten Naturschätze den Nachkommen zu erhalten.

Merkwürdigerweise sind es gerade die als materielle Geschäftsleute ver¬
schrienen Amerikaner, bei denen der Gedanke, landschaftlich, floristisch oder
faunistisch hervorragende Landgebiete unter den Schutz der Öffentlichkeit zu
stellen, zuerst aufgetaucht und gleich im großen Stile verwirklicht worden ist.
Sie hatten allerdings durch rücksichtslosen Raubbau die Natur ihres Kontinents
so gründlich verwüstet und entvölkert, daß sich die Notwendigkeit, Reservationen
einzurichten, wenn die für Amerika charakteristischen Pflanzen und Tiere nicht
gänzlich von der Erde vertilgt werden sollten, bei ihnen besonders fühlbar
machte. Und man muß es ihnen lassen: sie haben als praktische Leute die
Sache gleich richtig angefaßt, ungeheure Geldmittel in den Dienst des Natur¬
schutzes gestellt und infolgedessen auch Erfolge errungen, die der Bewegung viele
neue Freunde gewannen und zu weiteren Unternehmungen in der eingeschlagenen
Richtung ermutigten.

Im Jahre 1872 wurde, zunächst zum Schutze des bedenklich dezimierten
Großwildes, der Bisons, Dickhornschafe, Hirsche und Gabelantilopen, der
Uellowstone-Park in Wnoming gegründet,, ein Gebiet, das an Flächenausdehnung
etwa dem Königreich Sachsen entspricht, 1890 folgte der Staat Columbia mit
der Errichtung des National-Zoological-Park, der ebenfalls dem Schutze des
Großwildes dient, und 1892 wurde die Insel Afognak an der Südküste von
Alaska zur Freistätte für den in seiner Existenz durch Pelzjäger gefährdeten
Seeotter erklärt. Kleinere, wenn auch für europäische Begriffe immer noch recht
umfangreiche Reservate sind der schon 1864 in den Besitz der Regierung über¬
gegangene Uosemite-Park, der durch seine Bestünde an Mammutbäumen berühmte
Sequoia-Park und der General-Grant-Park, alle drei in Kalifornien, der durch
Gletscherbildungen, arktische Pflanzen und seltene Vögel ausgezeichnete Mount-
Rainier-National-Park in Washington, die zum Schutz von Seevögeln bestimmten
Flottenstationen Dry Tortugas in Florida und Midwayinseln im Großen Ozean,
die Leuchtturmreservationen auf den Faralloneinseln in Kalifornien und auf
Sand Key in Florida und die Nationalparks Crater Lake (Oregon), Wind Cave
(Süd-Dakota) und Mesa Verde (Colorado).

Eine gewaltige Förderung des Naturschutzes in Nordamerika bewirkte die
1896 erfolgte Gründung der zweiten Vogelschutzvereinigung (/^uäubon Society)
in Massachusetts. Wenige Jahre später gab es in sechsunddreißig Staaten
Audubongesellschaften, die sich zu einer iXatlOlmI ^88venti0n ol ^uäubon zu¬
sammenschlossen und nun gemeinsam ihre Zwecke mit Nachdruck verfolgten. Auf


Ziele und Ergebnisse der ^aturschutzbewegung

Alle diese beabsichtigten und unbeabsichtigten Eingriffe des Menschen in
die Harmonie der Schöpfung müssen jeden Naturfreund, überhaupt jeden, demi
die ethischen und ästhetischen Werte des Lebens am Herzen liegen, mit banger
Sorge erfüllen, und so macht sich denn auch neuerdings in allen Kulturländern,
besonders in den von Angehörigen der germanischen Rasse besiedelten, eine starke
Bewegung geltend, deren Ziel es ist, zu retten, was noch zu retten ist, und
wenigstens einen Teil der gefährdeten Naturschätze den Nachkommen zu erhalten.

Merkwürdigerweise sind es gerade die als materielle Geschäftsleute ver¬
schrienen Amerikaner, bei denen der Gedanke, landschaftlich, floristisch oder
faunistisch hervorragende Landgebiete unter den Schutz der Öffentlichkeit zu
stellen, zuerst aufgetaucht und gleich im großen Stile verwirklicht worden ist.
Sie hatten allerdings durch rücksichtslosen Raubbau die Natur ihres Kontinents
so gründlich verwüstet und entvölkert, daß sich die Notwendigkeit, Reservationen
einzurichten, wenn die für Amerika charakteristischen Pflanzen und Tiere nicht
gänzlich von der Erde vertilgt werden sollten, bei ihnen besonders fühlbar
machte. Und man muß es ihnen lassen: sie haben als praktische Leute die
Sache gleich richtig angefaßt, ungeheure Geldmittel in den Dienst des Natur¬
schutzes gestellt und infolgedessen auch Erfolge errungen, die der Bewegung viele
neue Freunde gewannen und zu weiteren Unternehmungen in der eingeschlagenen
Richtung ermutigten.

Im Jahre 1872 wurde, zunächst zum Schutze des bedenklich dezimierten
Großwildes, der Bisons, Dickhornschafe, Hirsche und Gabelantilopen, der
Uellowstone-Park in Wnoming gegründet,, ein Gebiet, das an Flächenausdehnung
etwa dem Königreich Sachsen entspricht, 1890 folgte der Staat Columbia mit
der Errichtung des National-Zoological-Park, der ebenfalls dem Schutze des
Großwildes dient, und 1892 wurde die Insel Afognak an der Südküste von
Alaska zur Freistätte für den in seiner Existenz durch Pelzjäger gefährdeten
Seeotter erklärt. Kleinere, wenn auch für europäische Begriffe immer noch recht
umfangreiche Reservate sind der schon 1864 in den Besitz der Regierung über¬
gegangene Uosemite-Park, der durch seine Bestünde an Mammutbäumen berühmte
Sequoia-Park und der General-Grant-Park, alle drei in Kalifornien, der durch
Gletscherbildungen, arktische Pflanzen und seltene Vögel ausgezeichnete Mount-
Rainier-National-Park in Washington, die zum Schutz von Seevögeln bestimmten
Flottenstationen Dry Tortugas in Florida und Midwayinseln im Großen Ozean,
die Leuchtturmreservationen auf den Faralloneinseln in Kalifornien und auf
Sand Key in Florida und die Nationalparks Crater Lake (Oregon), Wind Cave
(Süd-Dakota) und Mesa Verde (Colorado).

Eine gewaltige Förderung des Naturschutzes in Nordamerika bewirkte die
1896 erfolgte Gründung der zweiten Vogelschutzvereinigung (/^uäubon Society)
in Massachusetts. Wenige Jahre später gab es in sechsunddreißig Staaten
Audubongesellschaften, die sich zu einer iXatlOlmI ^88venti0n ol ^uäubon zu¬
sammenschlossen und nun gemeinsam ihre Zwecke mit Nachdruck verfolgten. Auf


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[0046] Ziele und Ergebnisse der ^aturschutzbewegung Alle diese beabsichtigten und unbeabsichtigten Eingriffe des Menschen in die Harmonie der Schöpfung müssen jeden Naturfreund, überhaupt jeden, demi die ethischen und ästhetischen Werte des Lebens am Herzen liegen, mit banger Sorge erfüllen, und so macht sich denn auch neuerdings in allen Kulturländern, besonders in den von Angehörigen der germanischen Rasse besiedelten, eine starke Bewegung geltend, deren Ziel es ist, zu retten, was noch zu retten ist, und wenigstens einen Teil der gefährdeten Naturschätze den Nachkommen zu erhalten. Merkwürdigerweise sind es gerade die als materielle Geschäftsleute ver¬ schrienen Amerikaner, bei denen der Gedanke, landschaftlich, floristisch oder faunistisch hervorragende Landgebiete unter den Schutz der Öffentlichkeit zu stellen, zuerst aufgetaucht und gleich im großen Stile verwirklicht worden ist. Sie hatten allerdings durch rücksichtslosen Raubbau die Natur ihres Kontinents so gründlich verwüstet und entvölkert, daß sich die Notwendigkeit, Reservationen einzurichten, wenn die für Amerika charakteristischen Pflanzen und Tiere nicht gänzlich von der Erde vertilgt werden sollten, bei ihnen besonders fühlbar machte. Und man muß es ihnen lassen: sie haben als praktische Leute die Sache gleich richtig angefaßt, ungeheure Geldmittel in den Dienst des Natur¬ schutzes gestellt und infolgedessen auch Erfolge errungen, die der Bewegung viele neue Freunde gewannen und zu weiteren Unternehmungen in der eingeschlagenen Richtung ermutigten. Im Jahre 1872 wurde, zunächst zum Schutze des bedenklich dezimierten Großwildes, der Bisons, Dickhornschafe, Hirsche und Gabelantilopen, der Uellowstone-Park in Wnoming gegründet,, ein Gebiet, das an Flächenausdehnung etwa dem Königreich Sachsen entspricht, 1890 folgte der Staat Columbia mit der Errichtung des National-Zoological-Park, der ebenfalls dem Schutze des Großwildes dient, und 1892 wurde die Insel Afognak an der Südküste von Alaska zur Freistätte für den in seiner Existenz durch Pelzjäger gefährdeten Seeotter erklärt. Kleinere, wenn auch für europäische Begriffe immer noch recht umfangreiche Reservate sind der schon 1864 in den Besitz der Regierung über¬ gegangene Uosemite-Park, der durch seine Bestünde an Mammutbäumen berühmte Sequoia-Park und der General-Grant-Park, alle drei in Kalifornien, der durch Gletscherbildungen, arktische Pflanzen und seltene Vögel ausgezeichnete Mount- Rainier-National-Park in Washington, die zum Schutz von Seevögeln bestimmten Flottenstationen Dry Tortugas in Florida und Midwayinseln im Großen Ozean, die Leuchtturmreservationen auf den Faralloneinseln in Kalifornien und auf Sand Key in Florida und die Nationalparks Crater Lake (Oregon), Wind Cave (Süd-Dakota) und Mesa Verde (Colorado). Eine gewaltige Förderung des Naturschutzes in Nordamerika bewirkte die 1896 erfolgte Gründung der zweiten Vogelschutzvereinigung (/^uäubon Society) in Massachusetts. Wenige Jahre später gab es in sechsunddreißig Staaten Audubongesellschaften, die sich zu einer iXatlOlmI ^88venti0n ol ^uäubon zu¬ sammenschlossen und nun gemeinsam ihre Zwecke mit Nachdruck verfolgten. Auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/46>, abgerufen am 29.06.2024.