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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

als vorherrschend im inneren Verkehr be-
trachtet werden können. Daneben besteht frei¬
lich bares Geld, jetzt das Gold. Nach der
staatlichen Theorie sind die notalen (also nicht
baren) Geldarten auch bei Unterwertigkeit
vollkommen ausreichend. Das daneben be¬
stehende bare Geld hat seine Bedeutung aus¬
schließlich darin, daß es zur Befestigung der
Wechselkurse, d. h. der Kurse zwischen den
valutarischen Geldarten verschiedener Länder,
dient. Der Wechselkurs richtet sich einmal
nach der metallischen Beschaffenheit der Geld¬
stücke selbst und sodann nach Angebot von
und Nachfrage nach fremdem Gelde auf dem
Markte. Wenn beide Länder das gleiche
Metall als Grundlage der Geldverfassung
haben, so ist das Pari der Münze von selbst
gegeben. ES bleibt dann nur noch die Be¬
stimmung von Angebot und Nachfrage auf
dem Geldmarkt übrig. Dadurch ist die Rege¬
lung des intervalatorischen Kurses natürlich
sehr vereinfacht. Da nun England schon seit
1316 Goldwährung hatte, ging auch Deutsch¬
land zu ihr über, um dadurch eine möglichst
einfache Befestigung der Wechselkurse, vor
allem gegenüber England, zu haben. Während
aber im inneren Verkehr die meisten Länder
sich notaler Zahlungsmittel und zwar vielfach
minderwertiger Geldnrten bedienen, behält
man im auswärtigen Verkehr wegen der über¬
mächtigen Stellung Englands im Weltverkehr
und aus historischen.Gründen das Gold zur
Regelung der intervalutarischen Kurse bei.
Nicht aber besteht nach dieser Auffassung
irgendein innerer Grund oder eine Eigenschaft,
die diesem Metall an sich den Vorrang gibt.
Der metallistische Gedankemüsse ganz abgelehnt
werden. Osterreich z. B. ist noch nicht zur
Einlösbarkeit der Banknoten in Goldgelb
übergegangen, weil die österreichische Zentral¬
bank auf anderem Wege imstande sei, den
Wechselkurs zu festigen, und das genüge voll¬
kommen. Denn da der Sinn der Goldwäh¬
rung in einem Lande nur der ist, feste inter-
valutarische Kurse zu erzielen, so lasse sich
dieses Ziel eventuell auch durch andere Mittel
(z> B, wie in Österreich durch ausgleichende
Börsenspekulation) erreichen. Dann ist es aber
unnötig, eine bare Geldverfassung herzustellen.
Es genügt vielmehr vollständig, wenn die
Zentralbauten über die Goldmünzen verfügen.

[Spaltenumbruch]

Rein theoretisch ließe sich Wohl auch denken,
das Metall Gold ganz auszuscheiden. Dann
müßten Privatverträge zwischen den Staaten
geschlossen werden. Da deren Aufrechterhaltung
aber weit schwieriger sein würde, so wählt
man eben das Mittel der Goldverfassung.

Für diese Auffassung ist auch die Frage
des Vorkommens von Gold nur von unter¬
geordneter Wichtigkeit. Denn selbst wenn es
mit der Goldproduktion zu Ende geht, so
braucht eventuell nur eine andere Art von
Währungsgeld geschaffen zu werden, wie es
ja jetzt schon teilweise (z. B. in Osterreich)
geschieht. Unser Zahlungsverkehr hat im all¬
gemeinen gar nichts mit geologischen Mög¬
lichkeiten zu tun. Nur die besondere Art des
Zahlungswesens, wie es jetzt geordnet ist, ist
zum Teil darauf aufgebaut. Auch die Ab¬
hängigkeit unseres Diskontgeschäfts von der
Höhe der baren Vorräte der Bank ist nur
etwas historisch Zufälliges. Denn jene Arten
von Geldgeschäften setzen lediglich voraus,
daß überhaupt eine Verfassung des Geldwesens
gilt; sie sind aber nicht an diese oder jene
gebunden. Eine Erschütterung der Geldver¬
fassung tritt nicht wegen des Materials, der
Wertbeständigkeit und ähnliches ein, sondern
aus anderen Gründen. In der Gegenwart
ist nicht mehr das bare Geld als das wichtigste
Zahlungsmittel im inneren Verkehr zu be¬
handeln, sondern nur wegen der internatio¬
nalen Wechselkurse. Die staatliche Theorie
des Geldes sucht diesen bestehenden Zustand
des Zahlungswesens, wie er sich allenthalben
entwickelt hat, zu begreifen und für die
Praxis die nötigen Folgerungen daraus zu
ziehen.

Dies im Umriß die neue Theorie, die
zweifellos auch auf die praktische Gestaltung
des Geldwesens von Einfluß sein könnte, wie
es einst die Currencytheorie in anderer Weise
gewesen ist. Bisher hat sie aber viel Wider¬
spruch gefunden: so von Ad. Wagner, Helffe-
rich, Lotz, Andreas Voigt, und die Meinungen
über ihre Bedeutung sind durchaus zwiespältig.

Fidettommiszreform.

Im 46. Heft des
Jahrgangs 1912 dieser Zeitschrift hat Herr
von Goldberg Vorschläge zur Fideilommiß-
reform gemacht. Es ist gewiß sehr gesund,
wenn er es bekämpft, die Fioeikommisse

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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als vorherrschend im inneren Verkehr be-
trachtet werden können. Daneben besteht frei¬
lich bares Geld, jetzt das Gold. Nach der
staatlichen Theorie sind die notalen (also nicht
baren) Geldarten auch bei Unterwertigkeit
vollkommen ausreichend. Das daneben be¬
stehende bare Geld hat seine Bedeutung aus¬
schließlich darin, daß es zur Befestigung der
Wechselkurse, d. h. der Kurse zwischen den
valutarischen Geldarten verschiedener Länder,
dient. Der Wechselkurs richtet sich einmal
nach der metallischen Beschaffenheit der Geld¬
stücke selbst und sodann nach Angebot von
und Nachfrage nach fremdem Gelde auf dem
Markte. Wenn beide Länder das gleiche
Metall als Grundlage der Geldverfassung
haben, so ist das Pari der Münze von selbst
gegeben. ES bleibt dann nur noch die Be¬
stimmung von Angebot und Nachfrage auf
dem Geldmarkt übrig. Dadurch ist die Rege¬
lung des intervalatorischen Kurses natürlich
sehr vereinfacht. Da nun England schon seit
1316 Goldwährung hatte, ging auch Deutsch¬
land zu ihr über, um dadurch eine möglichst
einfache Befestigung der Wechselkurse, vor
allem gegenüber England, zu haben. Während
aber im inneren Verkehr die meisten Länder
sich notaler Zahlungsmittel und zwar vielfach
minderwertiger Geldnrten bedienen, behält
man im auswärtigen Verkehr wegen der über¬
mächtigen Stellung Englands im Weltverkehr
und aus historischen.Gründen das Gold zur
Regelung der intervalutarischen Kurse bei.
Nicht aber besteht nach dieser Auffassung
irgendein innerer Grund oder eine Eigenschaft,
die diesem Metall an sich den Vorrang gibt.
Der metallistische Gedankemüsse ganz abgelehnt
werden. Osterreich z. B. ist noch nicht zur
Einlösbarkeit der Banknoten in Goldgelb
übergegangen, weil die österreichische Zentral¬
bank auf anderem Wege imstande sei, den
Wechselkurs zu festigen, und das genüge voll¬
kommen. Denn da der Sinn der Goldwäh¬
rung in einem Lande nur der ist, feste inter-
valutarische Kurse zu erzielen, so lasse sich
dieses Ziel eventuell auch durch andere Mittel
(z> B, wie in Österreich durch ausgleichende
Börsenspekulation) erreichen. Dann ist es aber
unnötig, eine bare Geldverfassung herzustellen.
Es genügt vielmehr vollständig, wenn die
Zentralbauten über die Goldmünzen verfügen.

[Spaltenumbruch]

Rein theoretisch ließe sich Wohl auch denken,
das Metall Gold ganz auszuscheiden. Dann
müßten Privatverträge zwischen den Staaten
geschlossen werden. Da deren Aufrechterhaltung
aber weit schwieriger sein würde, so wählt
man eben das Mittel der Goldverfassung.

Für diese Auffassung ist auch die Frage
des Vorkommens von Gold nur von unter¬
geordneter Wichtigkeit. Denn selbst wenn es
mit der Goldproduktion zu Ende geht, so
braucht eventuell nur eine andere Art von
Währungsgeld geschaffen zu werden, wie es
ja jetzt schon teilweise (z. B. in Osterreich)
geschieht. Unser Zahlungsverkehr hat im all¬
gemeinen gar nichts mit geologischen Mög¬
lichkeiten zu tun. Nur die besondere Art des
Zahlungswesens, wie es jetzt geordnet ist, ist
zum Teil darauf aufgebaut. Auch die Ab¬
hängigkeit unseres Diskontgeschäfts von der
Höhe der baren Vorräte der Bank ist nur
etwas historisch Zufälliges. Denn jene Arten
von Geldgeschäften setzen lediglich voraus,
daß überhaupt eine Verfassung des Geldwesens
gilt; sie sind aber nicht an diese oder jene
gebunden. Eine Erschütterung der Geldver¬
fassung tritt nicht wegen des Materials, der
Wertbeständigkeit und ähnliches ein, sondern
aus anderen Gründen. In der Gegenwart
ist nicht mehr das bare Geld als das wichtigste
Zahlungsmittel im inneren Verkehr zu be¬
handeln, sondern nur wegen der internatio¬
nalen Wechselkurse. Die staatliche Theorie
des Geldes sucht diesen bestehenden Zustand
des Zahlungswesens, wie er sich allenthalben
entwickelt hat, zu begreifen und für die
Praxis die nötigen Folgerungen daraus zu
ziehen.

Dies im Umriß die neue Theorie, die
zweifellos auch auf die praktische Gestaltung
des Geldwesens von Einfluß sein könnte, wie
es einst die Currencytheorie in anderer Weise
gewesen ist. Bisher hat sie aber viel Wider¬
spruch gefunden: so von Ad. Wagner, Helffe-
rich, Lotz, Andreas Voigt, und die Meinungen
über ihre Bedeutung sind durchaus zwiespältig.

Fidettommiszreform.

Im 46. Heft des
Jahrgangs 1912 dieser Zeitschrift hat Herr
von Goldberg Vorschläge zur Fideilommiß-
reform gemacht. Es ist gewiß sehr gesund,
wenn er es bekämpft, die Fioeikommisse

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[0450] Maßgebliches und Unmaßgebliches als vorherrschend im inneren Verkehr be- trachtet werden können. Daneben besteht frei¬ lich bares Geld, jetzt das Gold. Nach der staatlichen Theorie sind die notalen (also nicht baren) Geldarten auch bei Unterwertigkeit vollkommen ausreichend. Das daneben be¬ stehende bare Geld hat seine Bedeutung aus¬ schließlich darin, daß es zur Befestigung der Wechselkurse, d. h. der Kurse zwischen den valutarischen Geldarten verschiedener Länder, dient. Der Wechselkurs richtet sich einmal nach der metallischen Beschaffenheit der Geld¬ stücke selbst und sodann nach Angebot von und Nachfrage nach fremdem Gelde auf dem Markte. Wenn beide Länder das gleiche Metall als Grundlage der Geldverfassung haben, so ist das Pari der Münze von selbst gegeben. ES bleibt dann nur noch die Be¬ stimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Geldmarkt übrig. Dadurch ist die Rege¬ lung des intervalatorischen Kurses natürlich sehr vereinfacht. Da nun England schon seit 1316 Goldwährung hatte, ging auch Deutsch¬ land zu ihr über, um dadurch eine möglichst einfache Befestigung der Wechselkurse, vor allem gegenüber England, zu haben. Während aber im inneren Verkehr die meisten Länder sich notaler Zahlungsmittel und zwar vielfach minderwertiger Geldnrten bedienen, behält man im auswärtigen Verkehr wegen der über¬ mächtigen Stellung Englands im Weltverkehr und aus historischen.Gründen das Gold zur Regelung der intervalutarischen Kurse bei. Nicht aber besteht nach dieser Auffassung irgendein innerer Grund oder eine Eigenschaft, die diesem Metall an sich den Vorrang gibt. Der metallistische Gedankemüsse ganz abgelehnt werden. Osterreich z. B. ist noch nicht zur Einlösbarkeit der Banknoten in Goldgelb übergegangen, weil die österreichische Zentral¬ bank auf anderem Wege imstande sei, den Wechselkurs zu festigen, und das genüge voll¬ kommen. Denn da der Sinn der Goldwäh¬ rung in einem Lande nur der ist, feste inter- valutarische Kurse zu erzielen, so lasse sich dieses Ziel eventuell auch durch andere Mittel (z> B, wie in Österreich durch ausgleichende Börsenspekulation) erreichen. Dann ist es aber unnötig, eine bare Geldverfassung herzustellen. Es genügt vielmehr vollständig, wenn die Zentralbauten über die Goldmünzen verfügen. Rein theoretisch ließe sich Wohl auch denken, das Metall Gold ganz auszuscheiden. Dann müßten Privatverträge zwischen den Staaten geschlossen werden. Da deren Aufrechterhaltung aber weit schwieriger sein würde, so wählt man eben das Mittel der Goldverfassung. Für diese Auffassung ist auch die Frage des Vorkommens von Gold nur von unter¬ geordneter Wichtigkeit. Denn selbst wenn es mit der Goldproduktion zu Ende geht, so braucht eventuell nur eine andere Art von Währungsgeld geschaffen zu werden, wie es ja jetzt schon teilweise (z. B. in Osterreich) geschieht. Unser Zahlungsverkehr hat im all¬ gemeinen gar nichts mit geologischen Mög¬ lichkeiten zu tun. Nur die besondere Art des Zahlungswesens, wie es jetzt geordnet ist, ist zum Teil darauf aufgebaut. Auch die Ab¬ hängigkeit unseres Diskontgeschäfts von der Höhe der baren Vorräte der Bank ist nur etwas historisch Zufälliges. Denn jene Arten von Geldgeschäften setzen lediglich voraus, daß überhaupt eine Verfassung des Geldwesens gilt; sie sind aber nicht an diese oder jene gebunden. Eine Erschütterung der Geldver¬ fassung tritt nicht wegen des Materials, der Wertbeständigkeit und ähnliches ein, sondern aus anderen Gründen. In der Gegenwart ist nicht mehr das bare Geld als das wichtigste Zahlungsmittel im inneren Verkehr zu be¬ handeln, sondern nur wegen der internatio¬ nalen Wechselkurse. Die staatliche Theorie des Geldes sucht diesen bestehenden Zustand des Zahlungswesens, wie er sich allenthalben entwickelt hat, zu begreifen und für die Praxis die nötigen Folgerungen daraus zu ziehen. Dies im Umriß die neue Theorie, die zweifellos auch auf die praktische Gestaltung des Geldwesens von Einfluß sein könnte, wie es einst die Currencytheorie in anderer Weise gewesen ist. Bisher hat sie aber viel Wider¬ spruch gefunden: so von Ad. Wagner, Helffe- rich, Lotz, Andreas Voigt, und die Meinungen über ihre Bedeutung sind durchaus zwiespältig. Fidettommiszreform. Im 46. Heft des Jahrgangs 1912 dieser Zeitschrift hat Herr von Goldberg Vorschläge zur Fideilommiß- reform gemacht. Es ist gewiß sehr gesund, wenn er es bekämpft, die Fioeikommisse

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/450>, abgerufen am 04.07.2024.