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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Bcinde (auf zwanzig Seiten) geschenkt hat;
waren bisher die Ausführungen darüber in
seiner Biographie Hoffmanns von 1894 das
einzig Wertvolle, daS es über diese Fragen
gab, so hat er jetzt auch diesen besten Teil
seiner früheren Arbeit weit übertroffen.

3. Diese zehn Einleitungen werden ihrer¬
seits wieder zusammengefaßt in einer Gesamt¬
darstellung von Hoffmanns literarischer Pro¬
duktion auf dreiunddreißig Seiten des ersten
Bandes. Der erste Teil dieser Darstellung
(S. XLIV bis LIV) sucht die Entwicklung
von Hoffmanns Schaffen in großen Zügen
darzulegen. Ellinger scheidet dabei mit Recht
zwischen den Betenntnisdichtungen und den
ohne inneren Anteil für das große Publikum
verfaßten Erzählungen; er entschließt sich jedoch
nicht, für eine dieser Kategorien Partei zu
ergreifen und gelangt daher nicht zu einer
klaren Entwicklungslinie. -- Vortrefflich ist
jedoch der folgende Abschnitt (S. LIV bis
LXXIV), der, mit Ccrnys wichtigen Ermitt¬
lungen^) mehrfach zusammentreffend, Hoff-
manns Kunst im allgemeinen nach ihrem
geistigen Gehalt und ihrer Technik charak¬
terisiert. Ellinger zeigt vortrefflich, was Hoff¬
mann der zeitgenössischen Philosophie und
Dichtung verdankt und wie er doch in jedem
Zuge Er selbst geblieben ist (nach Nietzsches
Leibspruch -s-on' vio-: ä-z^). Zum großen Be¬
dauern des Referenten läßt der Raum es
nicht zu, auf das einzelne dieser Darlegungen
einzugehen, die Hoffmanns Kunst von allen
Seiten beleuchten. -- Ein Schlußwort (Seite
LXXIV bis cxxvil) berichtet über die ver¬
schiedene Bewertung, die Hoffmann bis 1830
und seit 1830 in Deutschland gefunden hat"*).

[Spaltenumbruch]

III. Die Ausgabe wird eröffnet durch die
notwendigsten Angaben über die Person des
Dichters, die ähnlich wie bei Hitzig in eine
Biographie und eine Charakteristik zerfallen.

1. Die erstere stellt auf achtundsiebzig
Seiten (VIII bis I.XXXVI) mit großer Um¬
sicht alle bis 1911 veröffentlichten wichtigeren
Resultate der Forschung zusammen und ver¬
mehrt sie durch Mitteilungen aus Hoffmanns
Tagebüchern von 1812/13***) und durch Stellen
aus einigen Briefen an Hitzig. Die Dar¬
stellung beschränkt sich streng auf Wichtiges;
sie wird nirgends, wie die Grisebachs, durch
lange Briefe und Aktenstücke unterbrochen,
und der aufmerksame Leser erkennt alsbald
eine gute Disposition Leider hat jedoch, ganz
wie bei Grisebach, der Mangel an Raum
eine in die Augen fallende Gliederung durch
Kapitelüberschriften verhindert, und das hat
dann wieder auf den Verfasser zurückgewirkt,
so daß nicht einmal bei einem so einschneiden¬
den Wechsel aller Lebensverhältnisse wie beim
Verlassen der engeren Heimat 1796 und dann
bei der Übersiedlung aus Deutschland nach
Polen 1800 ein Absatz gemacht wird.

2. Diesem Berichte folgt auf weiteren acht
Seiten (l^XXXVI bis XLIV) eine zusammen¬
fassende Schilderung von Hoffmanns Wesen,
die, wie der entsprechende Teil von Hitzigs
Buch, vielleicht noch interessanter ist als die
biographische Erzählung. Die scheinbaren und
die wirklichen Widersprüche in Hoffmanns
Wesen werden dargetan, und es wird schön
gezeigt, wie Hoffmann mit Notwendigkeit ein
Fremdling in der Welt des Alltags sein mußte.
Diese Ausführungen Ellingers bilden die
biographische Grundlage zu seiner oben
besprochenen Charakteristik von Hoffmanns
Schriften, und wie bei dieser bedauert Re-

[Ende Spaltensatz]

mann en Trance" hin (Kevue ej'Kistoire
Mörsire cle Is?rsnce: 1906, 3. Heft, und
19N7, 1. Heft; zusammen 63 Seiten gr. 8°)
und für "Hoffmann in Nußland" auf den
betreffenden Abschnitt von Arthur Sarheims
Hoffmann-Studien (Leipzig 1908, S. 5ö bis
68).
-) In den drei 1911 zu Wien erschienenen
Schulaufgaben des "Meisters Martin", des
"Majorats" und des "Goldner Topfes". Die
einschlägige Literatur des Jahres 1912, näm¬
lich Cernys vierte Schulaufgabe ("Kunst¬
novellen") sowie Paul Sünders Schrift "l.es
sourcos <Zu merveilleux cke? L. I'. ^. Hokk-
msrm", konnte Ellinger nicht mehr rechtzeitig
zur Kenntnis nehmen.
*-*) Besonders über daS Verhältnis zu
Julie Marc, das demnächst noch weitere Be¬
leuchtung finden wird aus dem Tagebuche
von 1811.
**) Da die Wirkung auf das Ausland
allzu spärlich behandelt ist, so weisen wir hier
auf Marcel Breuillacs inhaltsreichen und in
gewisser Wei e abschließenden Aufsatz "ttoki-
Maßgebliches und Unmaßgebliches

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Bcinde (auf zwanzig Seiten) geschenkt hat;
waren bisher die Ausführungen darüber in
seiner Biographie Hoffmanns von 1894 das
einzig Wertvolle, daS es über diese Fragen
gab, so hat er jetzt auch diesen besten Teil
seiner früheren Arbeit weit übertroffen.

3. Diese zehn Einleitungen werden ihrer¬
seits wieder zusammengefaßt in einer Gesamt¬
darstellung von Hoffmanns literarischer Pro¬
duktion auf dreiunddreißig Seiten des ersten
Bandes. Der erste Teil dieser Darstellung
(S. XLIV bis LIV) sucht die Entwicklung
von Hoffmanns Schaffen in großen Zügen
darzulegen. Ellinger scheidet dabei mit Recht
zwischen den Betenntnisdichtungen und den
ohne inneren Anteil für das große Publikum
verfaßten Erzählungen; er entschließt sich jedoch
nicht, für eine dieser Kategorien Partei zu
ergreifen und gelangt daher nicht zu einer
klaren Entwicklungslinie. — Vortrefflich ist
jedoch der folgende Abschnitt (S. LIV bis
LXXIV), der, mit Ccrnys wichtigen Ermitt¬
lungen^) mehrfach zusammentreffend, Hoff-
manns Kunst im allgemeinen nach ihrem
geistigen Gehalt und ihrer Technik charak¬
terisiert. Ellinger zeigt vortrefflich, was Hoff¬
mann der zeitgenössischen Philosophie und
Dichtung verdankt und wie er doch in jedem
Zuge Er selbst geblieben ist (nach Nietzsches
Leibspruch -s-on' vio-: ä-z^). Zum großen Be¬
dauern des Referenten läßt der Raum es
nicht zu, auf das einzelne dieser Darlegungen
einzugehen, die Hoffmanns Kunst von allen
Seiten beleuchten. — Ein Schlußwort (Seite
LXXIV bis cxxvil) berichtet über die ver¬
schiedene Bewertung, die Hoffmann bis 1830
und seit 1830 in Deutschland gefunden hat"*).

[Spaltenumbruch]

III. Die Ausgabe wird eröffnet durch die
notwendigsten Angaben über die Person des
Dichters, die ähnlich wie bei Hitzig in eine
Biographie und eine Charakteristik zerfallen.

1. Die erstere stellt auf achtundsiebzig
Seiten (VIII bis I.XXXVI) mit großer Um¬
sicht alle bis 1911 veröffentlichten wichtigeren
Resultate der Forschung zusammen und ver¬
mehrt sie durch Mitteilungen aus Hoffmanns
Tagebüchern von 1812/13***) und durch Stellen
aus einigen Briefen an Hitzig. Die Dar¬
stellung beschränkt sich streng auf Wichtiges;
sie wird nirgends, wie die Grisebachs, durch
lange Briefe und Aktenstücke unterbrochen,
und der aufmerksame Leser erkennt alsbald
eine gute Disposition Leider hat jedoch, ganz
wie bei Grisebach, der Mangel an Raum
eine in die Augen fallende Gliederung durch
Kapitelüberschriften verhindert, und das hat
dann wieder auf den Verfasser zurückgewirkt,
so daß nicht einmal bei einem so einschneiden¬
den Wechsel aller Lebensverhältnisse wie beim
Verlassen der engeren Heimat 1796 und dann
bei der Übersiedlung aus Deutschland nach
Polen 1800 ein Absatz gemacht wird.

2. Diesem Berichte folgt auf weiteren acht
Seiten (l^XXXVI bis XLIV) eine zusammen¬
fassende Schilderung von Hoffmanns Wesen,
die, wie der entsprechende Teil von Hitzigs
Buch, vielleicht noch interessanter ist als die
biographische Erzählung. Die scheinbaren und
die wirklichen Widersprüche in Hoffmanns
Wesen werden dargetan, und es wird schön
gezeigt, wie Hoffmann mit Notwendigkeit ein
Fremdling in der Welt des Alltags sein mußte.
Diese Ausführungen Ellingers bilden die
biographische Grundlage zu seiner oben
besprochenen Charakteristik von Hoffmanns
Schriften, und wie bei dieser bedauert Re-

[Ende Spaltensatz]

mann en Trance" hin (Kevue ej'Kistoire
Mörsire cle Is?rsnce: 1906, 3. Heft, und
19N7, 1. Heft; zusammen 63 Seiten gr. 8°)
und für „Hoffmann in Nußland" auf den
betreffenden Abschnitt von Arthur Sarheims
Hoffmann-Studien (Leipzig 1908, S. 5ö bis
68).
-) In den drei 1911 zu Wien erschienenen
Schulaufgaben des „Meisters Martin", des
„Majorats" und des „Goldner Topfes". Die
einschlägige Literatur des Jahres 1912, näm¬
lich Cernys vierte Schulaufgabe („Kunst¬
novellen") sowie Paul Sünders Schrift „l.es
sourcos <Zu merveilleux cke? L. I'. ^. Hokk-
msrm", konnte Ellinger nicht mehr rechtzeitig
zur Kenntnis nehmen.
*-*) Besonders über daS Verhältnis zu
Julie Marc, das demnächst noch weitere Be¬
leuchtung finden wird aus dem Tagebuche
von 1811.
**) Da die Wirkung auf das Ausland
allzu spärlich behandelt ist, so weisen wir hier
auf Marcel Breuillacs inhaltsreichen und in
gewisser Wei e abschließenden Aufsatz „ttoki-
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[0447] Maßgebliches und Unmaßgebliches Bcinde (auf zwanzig Seiten) geschenkt hat; waren bisher die Ausführungen darüber in seiner Biographie Hoffmanns von 1894 das einzig Wertvolle, daS es über diese Fragen gab, so hat er jetzt auch diesen besten Teil seiner früheren Arbeit weit übertroffen. 3. Diese zehn Einleitungen werden ihrer¬ seits wieder zusammengefaßt in einer Gesamt¬ darstellung von Hoffmanns literarischer Pro¬ duktion auf dreiunddreißig Seiten des ersten Bandes. Der erste Teil dieser Darstellung (S. XLIV bis LIV) sucht die Entwicklung von Hoffmanns Schaffen in großen Zügen darzulegen. Ellinger scheidet dabei mit Recht zwischen den Betenntnisdichtungen und den ohne inneren Anteil für das große Publikum verfaßten Erzählungen; er entschließt sich jedoch nicht, für eine dieser Kategorien Partei zu ergreifen und gelangt daher nicht zu einer klaren Entwicklungslinie. — Vortrefflich ist jedoch der folgende Abschnitt (S. LIV bis LXXIV), der, mit Ccrnys wichtigen Ermitt¬ lungen^) mehrfach zusammentreffend, Hoff- manns Kunst im allgemeinen nach ihrem geistigen Gehalt und ihrer Technik charak¬ terisiert. Ellinger zeigt vortrefflich, was Hoff¬ mann der zeitgenössischen Philosophie und Dichtung verdankt und wie er doch in jedem Zuge Er selbst geblieben ist (nach Nietzsches Leibspruch -s-on' vio-: ä-z^). Zum großen Be¬ dauern des Referenten läßt der Raum es nicht zu, auf das einzelne dieser Darlegungen einzugehen, die Hoffmanns Kunst von allen Seiten beleuchten. — Ein Schlußwort (Seite LXXIV bis cxxvil) berichtet über die ver¬ schiedene Bewertung, die Hoffmann bis 1830 und seit 1830 in Deutschland gefunden hat"*). III. Die Ausgabe wird eröffnet durch die notwendigsten Angaben über die Person des Dichters, die ähnlich wie bei Hitzig in eine Biographie und eine Charakteristik zerfallen. 1. Die erstere stellt auf achtundsiebzig Seiten (VIII bis I.XXXVI) mit großer Um¬ sicht alle bis 1911 veröffentlichten wichtigeren Resultate der Forschung zusammen und ver¬ mehrt sie durch Mitteilungen aus Hoffmanns Tagebüchern von 1812/13***) und durch Stellen aus einigen Briefen an Hitzig. Die Dar¬ stellung beschränkt sich streng auf Wichtiges; sie wird nirgends, wie die Grisebachs, durch lange Briefe und Aktenstücke unterbrochen, und der aufmerksame Leser erkennt alsbald eine gute Disposition Leider hat jedoch, ganz wie bei Grisebach, der Mangel an Raum eine in die Augen fallende Gliederung durch Kapitelüberschriften verhindert, und das hat dann wieder auf den Verfasser zurückgewirkt, so daß nicht einmal bei einem so einschneiden¬ den Wechsel aller Lebensverhältnisse wie beim Verlassen der engeren Heimat 1796 und dann bei der Übersiedlung aus Deutschland nach Polen 1800 ein Absatz gemacht wird. 2. Diesem Berichte folgt auf weiteren acht Seiten (l^XXXVI bis XLIV) eine zusammen¬ fassende Schilderung von Hoffmanns Wesen, die, wie der entsprechende Teil von Hitzigs Buch, vielleicht noch interessanter ist als die biographische Erzählung. Die scheinbaren und die wirklichen Widersprüche in Hoffmanns Wesen werden dargetan, und es wird schön gezeigt, wie Hoffmann mit Notwendigkeit ein Fremdling in der Welt des Alltags sein mußte. Diese Ausführungen Ellingers bilden die biographische Grundlage zu seiner oben besprochenen Charakteristik von Hoffmanns Schriften, und wie bei dieser bedauert Re- -) In den drei 1911 zu Wien erschienenen Schulaufgaben des „Meisters Martin", des „Majorats" und des „Goldner Topfes". Die einschlägige Literatur des Jahres 1912, näm¬ lich Cernys vierte Schulaufgabe („Kunst¬ novellen") sowie Paul Sünders Schrift „l.es sourcos <Zu merveilleux cke? L. I'. ^. Hokk- msrm", konnte Ellinger nicht mehr rechtzeitig zur Kenntnis nehmen. mann en Trance" hin (Kevue ej'Kistoire Mörsire cle Is?rsnce: 1906, 3. Heft, und 19N7, 1. Heft; zusammen 63 Seiten gr. 8°) und für „Hoffmann in Nußland" auf den betreffenden Abschnitt von Arthur Sarheims Hoffmann-Studien (Leipzig 1908, S. 5ö bis 68). *-*) Besonders über daS Verhältnis zu Julie Marc, das demnächst noch weitere Be¬ leuchtung finden wird aus dem Tagebuche von 1811. **) Da die Wirkung auf das Ausland allzu spärlich behandelt ist, so weisen wir hier auf Marcel Breuillacs inhaltsreichen und in gewisser Wei e abschließenden Aufsatz „ttoki-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/447>, abgerufen am 22.07.2024.