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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Der nlle Bidgar

Das gleiche Urteil gilt für Heinrich Conrads "Bürgerlichen Edelmann",
wenn auch infolge der größeren Sprachbeherrschung des Übersetzers und der
geringeren Schwierigkeiten des von ihm gewählten Stückes die Mißgriffe weniger
schroff zutage treten. Aber auch ihm genügt es, wenn er den Wortlaut des
Originals ungefähr wiedergibt. Er spricht z. B. III, 12 von einem Türkentanz,
statt wie Moliöre von einem Ballett, und übersieht die Sinnwidrigkeit seines
Zusatzes, da es sich um den bevorstehenden Tanz der Nationen handelt. Einzel¬
heiten dieser Art, die noch zahlreich anzuführen wären, müssen für eine Be¬
sprechung in einem literarischen oder philologischen Fachblatt verbleiben. Es sei
hier nur noch bemerkt, daß die poetischen Einlagen sowohl im "Pourceaugnac"
wie im "Bürgerlichen Edelmann" von Neresheimer zwar in sehr freier, aber
recht gefälliger und ansprechender Form wiedergegeben sind.

Es lag mir daran, schon die ersten Probebände der neuen Moliöre-Über¬
setzungen zu besprechen, schon jetzt, wo ein guter Wink den beteiligten Herren
noch nützen kann. Sie alle verkünden in den Vorreden das Lob des Dichters;
aber das genügt nicht, sie müssen sich bei jedem Wort und jedem Vers vor
Augen halten, daß sie es mit einem der größten schöpferischen Geister zu tun
haben. Wir sind dankbar dafür, daß uns der ganze Moliöre geboten werden
soll, aber dann, bitte, auch nur Moliöre und nichts als Moliöre!




In meinem Zimmer liegt ein alter Perser.
Bunte Farben schillern wild durcheinander,
Blaue, rote, grüne und weiße.
Die weißen, sie find mählich grau geworden.
Bei Abend scheinen alle mir wie Blüten.
Kinderhände rissen sie wie spielend vom Stengel,
Weiße, rote, grüne und blaue---
Doch alle blühen um den Stern der Mitte.
Viel Träume fallen in das Meer der Zeiten.
Tragen jeder herrlich glühendes Flammen!
schlugen sie doch in fernen Weiten
Wie du, suchenden Seelen zu einem Ganzen zusammen!

Fritz Aöxp


Der nlle Bidgar

Das gleiche Urteil gilt für Heinrich Conrads „Bürgerlichen Edelmann",
wenn auch infolge der größeren Sprachbeherrschung des Übersetzers und der
geringeren Schwierigkeiten des von ihm gewählten Stückes die Mißgriffe weniger
schroff zutage treten. Aber auch ihm genügt es, wenn er den Wortlaut des
Originals ungefähr wiedergibt. Er spricht z. B. III, 12 von einem Türkentanz,
statt wie Moliöre von einem Ballett, und übersieht die Sinnwidrigkeit seines
Zusatzes, da es sich um den bevorstehenden Tanz der Nationen handelt. Einzel¬
heiten dieser Art, die noch zahlreich anzuführen wären, müssen für eine Be¬
sprechung in einem literarischen oder philologischen Fachblatt verbleiben. Es sei
hier nur noch bemerkt, daß die poetischen Einlagen sowohl im „Pourceaugnac"
wie im „Bürgerlichen Edelmann" von Neresheimer zwar in sehr freier, aber
recht gefälliger und ansprechender Form wiedergegeben sind.

Es lag mir daran, schon die ersten Probebände der neuen Moliöre-Über¬
setzungen zu besprechen, schon jetzt, wo ein guter Wink den beteiligten Herren
noch nützen kann. Sie alle verkünden in den Vorreden das Lob des Dichters;
aber das genügt nicht, sie müssen sich bei jedem Wort und jedem Vers vor
Augen halten, daß sie es mit einem der größten schöpferischen Geister zu tun
haben. Wir sind dankbar dafür, daß uns der ganze Moliöre geboten werden
soll, aber dann, bitte, auch nur Moliöre und nichts als Moliöre!




In meinem Zimmer liegt ein alter Perser.
Bunte Farben schillern wild durcheinander,
Blaue, rote, grüne und weiße.
Die weißen, sie find mählich grau geworden.
Bei Abend scheinen alle mir wie Blüten.
Kinderhände rissen sie wie spielend vom Stengel,
Weiße, rote, grüne und blaue---
Doch alle blühen um den Stern der Mitte.
Viel Träume fallen in das Meer der Zeiten.
Tragen jeder herrlich glühendes Flammen!
schlugen sie doch in fernen Weiten
Wie du, suchenden Seelen zu einem Ganzen zusammen!

Fritz Aöxp


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[0347] Der nlle Bidgar Das gleiche Urteil gilt für Heinrich Conrads „Bürgerlichen Edelmann", wenn auch infolge der größeren Sprachbeherrschung des Übersetzers und der geringeren Schwierigkeiten des von ihm gewählten Stückes die Mißgriffe weniger schroff zutage treten. Aber auch ihm genügt es, wenn er den Wortlaut des Originals ungefähr wiedergibt. Er spricht z. B. III, 12 von einem Türkentanz, statt wie Moliöre von einem Ballett, und übersieht die Sinnwidrigkeit seines Zusatzes, da es sich um den bevorstehenden Tanz der Nationen handelt. Einzel¬ heiten dieser Art, die noch zahlreich anzuführen wären, müssen für eine Be¬ sprechung in einem literarischen oder philologischen Fachblatt verbleiben. Es sei hier nur noch bemerkt, daß die poetischen Einlagen sowohl im „Pourceaugnac" wie im „Bürgerlichen Edelmann" von Neresheimer zwar in sehr freier, aber recht gefälliger und ansprechender Form wiedergegeben sind. Es lag mir daran, schon die ersten Probebände der neuen Moliöre-Über¬ setzungen zu besprechen, schon jetzt, wo ein guter Wink den beteiligten Herren noch nützen kann. Sie alle verkünden in den Vorreden das Lob des Dichters; aber das genügt nicht, sie müssen sich bei jedem Wort und jedem Vers vor Augen halten, daß sie es mit einem der größten schöpferischen Geister zu tun haben. Wir sind dankbar dafür, daß uns der ganze Moliöre geboten werden soll, aber dann, bitte, auch nur Moliöre und nichts als Moliöre! In meinem Zimmer liegt ein alter Perser. Bunte Farben schillern wild durcheinander, Blaue, rote, grüne und weiße. Die weißen, sie find mählich grau geworden. Bei Abend scheinen alle mir wie Blüten. Kinderhände rissen sie wie spielend vom Stengel, Weiße, rote, grüne und blaue--- Doch alle blühen um den Stern der Mitte. Viel Träume fallen in das Meer der Zeiten. Tragen jeder herrlich glühendes Flammen! schlugen sie doch in fernen Weiten Wie du, suchenden Seelen zu einem Ganzen zusammen! Fritz Aöxp

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/347>, abgerufen am 22.12.2024.