Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Sklave

nachgegangen. Es ist ein rasendes Temperament, was aus den Bildern spricht.
Man soll es auf sich wirken lassen; es ist erschütterndes Erlebnis, was sich so
aus spricht. Ein leidenschaftlicher Einsiedler der Kunst war dieser Mann, ein
Südländer mit der zähen Holländergeduld eines Spinoza. Hartnäckig und groß,
sehnend und rein zu einem Zweck und Ziel: seiner Kunst. Bewußt resigniert
und sich doch hinausfühlend zum Kontakt der großen lebendigen Masse, ihrer
Ideen. Diese "Kultur" aber hatte für die verblüffend frühstarke Erscheinung
van Goghs nicht einmal die Gewährung eines notwendigen Lebensunterhaltes.
Heute bezahlt sie seine Zeichnungen allein mit 20000 bis 30000 Mark das
Stück. -- Van Gogh ist nicht mehr einsam. Sein Name und seine Kunst ist
eine Formel geworden für die höchste Vorstellung menschlicher Energie und
Schönheit. Mag er als solcher auch zu denen kommen, die er vor allen
"Heiligen" und "Kriegern" und "Messiasseu" gewertet hat, zu den Arbeitern.
Man kann von seinem in aller Armut grandiosen Lebensbild das sagen, was
er selbst gelegentlich heftiger Arbeit schrieb:

". .. Alles in einem Goldton, schnell, in wahnsinniger Hast gemacht, wie
der Schnitter, der schweigend in der glühenden Sonne schafft, nur mit dem
Gedanken, möglichst viel herunterzuschneiden."

Dies aber tat er in der Ahnung oder Gewißheit fabelhaften Reichtums
und reifer Ernten, die geborgen sein wollten.





Fritz RSp?


Sklave

nachgegangen. Es ist ein rasendes Temperament, was aus den Bildern spricht.
Man soll es auf sich wirken lassen; es ist erschütterndes Erlebnis, was sich so
aus spricht. Ein leidenschaftlicher Einsiedler der Kunst war dieser Mann, ein
Südländer mit der zähen Holländergeduld eines Spinoza. Hartnäckig und groß,
sehnend und rein zu einem Zweck und Ziel: seiner Kunst. Bewußt resigniert
und sich doch hinausfühlend zum Kontakt der großen lebendigen Masse, ihrer
Ideen. Diese „Kultur" aber hatte für die verblüffend frühstarke Erscheinung
van Goghs nicht einmal die Gewährung eines notwendigen Lebensunterhaltes.
Heute bezahlt sie seine Zeichnungen allein mit 20000 bis 30000 Mark das
Stück. — Van Gogh ist nicht mehr einsam. Sein Name und seine Kunst ist
eine Formel geworden für die höchste Vorstellung menschlicher Energie und
Schönheit. Mag er als solcher auch zu denen kommen, die er vor allen
„Heiligen" und „Kriegern" und „Messiasseu" gewertet hat, zu den Arbeitern.
Man kann von seinem in aller Armut grandiosen Lebensbild das sagen, was
er selbst gelegentlich heftiger Arbeit schrieb:

„. .. Alles in einem Goldton, schnell, in wahnsinniger Hast gemacht, wie
der Schnitter, der schweigend in der glühenden Sonne schafft, nur mit dem
Gedanken, möglichst viel herunterzuschneiden."

Dies aber tat er in der Ahnung oder Gewißheit fabelhaften Reichtums
und reifer Ernten, die geborgen sein wollten.





Fritz RSp?


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0255" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325125"/>
          <fw type="header" place="top"> Sklave</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1036" prev="#ID_1035"> nachgegangen. Es ist ein rasendes Temperament, was aus den Bildern spricht.<lb/>
Man soll es auf sich wirken lassen; es ist erschütterndes Erlebnis, was sich so<lb/>
aus spricht. Ein leidenschaftlicher Einsiedler der Kunst war dieser Mann, ein<lb/>
Südländer mit der zähen Holländergeduld eines Spinoza. Hartnäckig und groß,<lb/>
sehnend und rein zu einem Zweck und Ziel: seiner Kunst. Bewußt resigniert<lb/>
und sich doch hinausfühlend zum Kontakt der großen lebendigen Masse, ihrer<lb/>
Ideen. Diese &#x201E;Kultur" aber hatte für die verblüffend frühstarke Erscheinung<lb/>
van Goghs nicht einmal die Gewährung eines notwendigen Lebensunterhaltes.<lb/>
Heute bezahlt sie seine Zeichnungen allein mit 20000 bis 30000 Mark das<lb/>
Stück. &#x2014; Van Gogh ist nicht mehr einsam. Sein Name und seine Kunst ist<lb/>
eine Formel geworden für die höchste Vorstellung menschlicher Energie und<lb/>
Schönheit. Mag er als solcher auch zu denen kommen, die er vor allen<lb/>
&#x201E;Heiligen" und &#x201E;Kriegern" und &#x201E;Messiasseu" gewertet hat, zu den Arbeitern.<lb/>
Man kann von seinem in aller Armut grandiosen Lebensbild das sagen, was<lb/>
er selbst gelegentlich heftiger Arbeit schrieb:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1037"> &#x201E;. .. Alles in einem Goldton, schnell, in wahnsinniger Hast gemacht, wie<lb/>
der Schnitter, der schweigend in der glühenden Sonne schafft, nur mit dem<lb/>
Gedanken, möglichst viel herunterzuschneiden."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1038"> Dies aber tat er in der Ahnung oder Gewißheit fabelhaften Reichtums<lb/>
und reifer Ernten, die geborgen sein wollten.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_2" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <note type="byline"> Fritz RSp?</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0255] Sklave nachgegangen. Es ist ein rasendes Temperament, was aus den Bildern spricht. Man soll es auf sich wirken lassen; es ist erschütterndes Erlebnis, was sich so aus spricht. Ein leidenschaftlicher Einsiedler der Kunst war dieser Mann, ein Südländer mit der zähen Holländergeduld eines Spinoza. Hartnäckig und groß, sehnend und rein zu einem Zweck und Ziel: seiner Kunst. Bewußt resigniert und sich doch hinausfühlend zum Kontakt der großen lebendigen Masse, ihrer Ideen. Diese „Kultur" aber hatte für die verblüffend frühstarke Erscheinung van Goghs nicht einmal die Gewährung eines notwendigen Lebensunterhaltes. Heute bezahlt sie seine Zeichnungen allein mit 20000 bis 30000 Mark das Stück. — Van Gogh ist nicht mehr einsam. Sein Name und seine Kunst ist eine Formel geworden für die höchste Vorstellung menschlicher Energie und Schönheit. Mag er als solcher auch zu denen kommen, die er vor allen „Heiligen" und „Kriegern" und „Messiasseu" gewertet hat, zu den Arbeitern. Man kann von seinem in aller Armut grandiosen Lebensbild das sagen, was er selbst gelegentlich heftiger Arbeit schrieb: „. .. Alles in einem Goldton, schnell, in wahnsinniger Hast gemacht, wie der Schnitter, der schweigend in der glühenden Sonne schafft, nur mit dem Gedanken, möglichst viel herunterzuschneiden." Dies aber tat er in der Ahnung oder Gewißheit fabelhaften Reichtums und reifer Ernten, die geborgen sein wollten. Fritz RSp?

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/255
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/255>, abgerufen am 29.06.2024.