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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Deutschland "ut die Erschließung Chinas

im einzelnen auch nur auf die englisch-amerikanischen Schulen höherer Grade
einzugehen, geschweige auf diejenigen niederer Grade. Nur einige Angaben,
die die Sachlage illustrieren, seien gemacht. Nach dem "Lulua Mission Vear
Looli" sind allein gegen drei Dutzend fast ausschließlich von Amerikanern und
Engländern unterhaltene "LolleZeg" und "Universities" über China verstreut,
von denen die Mehrzahl der Verbreitung der allgemeinen Geisteswissenschaften,
eine kleinere Anzahl besonderen Disziplinen, wie z. B. der Medizin, dient.
Unter diesen Anstalten sei insbesondere auf die anglo-amerikanische "Union
University" hingewiesen, für die Herr Rockefeller allem auf zehn Jahre
150000 Dollar jährlich zur Verfügung stellte, deren Arbeitsgebiet vor allem
die Provinz Schankung ist. In nächster Zeit sollen die Anstalten und Ein¬
richtungen der Universität in Tsinanfu zentralisiert werden, um den Betrieb in
großzügiger Weise durchzuführen. Außer dieser Universität sind zwei weitere
Hochschulen in Hongkong und Hankow im Entstehen, die, losgelöst von irgend¬
welchen Missionsbestrebungen, wissenschaftliche Anstalten ersten Ranges werden
sollen und zu werden versprechen. Das gilt namentlich von der Universität
Hankow, die von einem Oxforder und Cambridger Komitee unter der Leitung
des Lord William Cecil organisiert werden soll und für die bereits mehrere
Millionen zur Verfügung stehen. Es besteht die Absicht, die hervorragendsten
Kräfte für diese Universität zu gewinnen und sie mit den denkbar besten Lehr¬
mitteln auszustatten.

Wenngleich Deutschland auf dem Gebiete drs Unterrichtsmesens in China
nicht untätig gewesen ist, so kann doch das bisher von uns Geleistete mit den
Leistungen der Engländer und Amerikaner nicht in Parallele gestellt werden.
Wir besitzen heute außer den Elementarschulen in Kiautschou und den Missions¬
elementar- und Mittelschulen im übrigen China folgende höheren Unterrichts¬
anstalten: 1. die Deutsch-chinesische Hochschule in Tsiugtau; 2. die Werftschule
(technische Schule) in Tsiugtau; 3. die Deutsch-chinesische Mädchenschule in
Tsiugtau; 4. die Medizinschule in Schanghai; ö. die Technische Hochschule in
Schanghai; 6. die Sprachenschule in Schanghai; 7. eine Schule in Kanton;
8. eine Schule in Tsinanfu. Ganz gewiß sind diese deutschen Schöpfungen
sehr beachtlich, aber wir müssen uns bemühen, das Geschaffene auszubauen und
Neues hinzuzutun. Nach Rohrbach hat ein amerikanischer Geschäftsmann, der
für seine Person keinerlei kirchliche Bedürfnisse hatte, einmal gesagt: "Jeder
amerikanische Missionar ist mir geschäftlich tausend Dollar wert -- warum soll
ich ihm nicht ein Prozent Provision bezahlen?"*) Derartigem Gedankengängen
sollten wir uns nicht verschließen und sollten bedenken, daß jeder durch die
deutsche Schule gegangene Chinese eine deutsche Kapitalanlage darstellt, die
Zinsen trägt.



") Vgl. die Ausführungen Rohrbachs über "Deutsch-chinesische Kulturpolitik" in seiner
"Deutschen Kolonialwirtschaft", Hilfe-Verlag 1909.
Deutschland »ut die Erschließung Chinas

im einzelnen auch nur auf die englisch-amerikanischen Schulen höherer Grade
einzugehen, geschweige auf diejenigen niederer Grade. Nur einige Angaben,
die die Sachlage illustrieren, seien gemacht. Nach dem „Lulua Mission Vear
Looli" sind allein gegen drei Dutzend fast ausschließlich von Amerikanern und
Engländern unterhaltene „LolleZeg" und „Universities" über China verstreut,
von denen die Mehrzahl der Verbreitung der allgemeinen Geisteswissenschaften,
eine kleinere Anzahl besonderen Disziplinen, wie z. B. der Medizin, dient.
Unter diesen Anstalten sei insbesondere auf die anglo-amerikanische „Union
University" hingewiesen, für die Herr Rockefeller allem auf zehn Jahre
150000 Dollar jährlich zur Verfügung stellte, deren Arbeitsgebiet vor allem
die Provinz Schankung ist. In nächster Zeit sollen die Anstalten und Ein¬
richtungen der Universität in Tsinanfu zentralisiert werden, um den Betrieb in
großzügiger Weise durchzuführen. Außer dieser Universität sind zwei weitere
Hochschulen in Hongkong und Hankow im Entstehen, die, losgelöst von irgend¬
welchen Missionsbestrebungen, wissenschaftliche Anstalten ersten Ranges werden
sollen und zu werden versprechen. Das gilt namentlich von der Universität
Hankow, die von einem Oxforder und Cambridger Komitee unter der Leitung
des Lord William Cecil organisiert werden soll und für die bereits mehrere
Millionen zur Verfügung stehen. Es besteht die Absicht, die hervorragendsten
Kräfte für diese Universität zu gewinnen und sie mit den denkbar besten Lehr¬
mitteln auszustatten.

Wenngleich Deutschland auf dem Gebiete drs Unterrichtsmesens in China
nicht untätig gewesen ist, so kann doch das bisher von uns Geleistete mit den
Leistungen der Engländer und Amerikaner nicht in Parallele gestellt werden.
Wir besitzen heute außer den Elementarschulen in Kiautschou und den Missions¬
elementar- und Mittelschulen im übrigen China folgende höheren Unterrichts¬
anstalten: 1. die Deutsch-chinesische Hochschule in Tsiugtau; 2. die Werftschule
(technische Schule) in Tsiugtau; 3. die Deutsch-chinesische Mädchenschule in
Tsiugtau; 4. die Medizinschule in Schanghai; ö. die Technische Hochschule in
Schanghai; 6. die Sprachenschule in Schanghai; 7. eine Schule in Kanton;
8. eine Schule in Tsinanfu. Ganz gewiß sind diese deutschen Schöpfungen
sehr beachtlich, aber wir müssen uns bemühen, das Geschaffene auszubauen und
Neues hinzuzutun. Nach Rohrbach hat ein amerikanischer Geschäftsmann, der
für seine Person keinerlei kirchliche Bedürfnisse hatte, einmal gesagt: „Jeder
amerikanische Missionar ist mir geschäftlich tausend Dollar wert — warum soll
ich ihm nicht ein Prozent Provision bezahlen?"*) Derartigem Gedankengängen
sollten wir uns nicht verschließen und sollten bedenken, daß jeder durch die
deutsche Schule gegangene Chinese eine deutsche Kapitalanlage darstellt, die
Zinsen trägt.



") Vgl. die Ausführungen Rohrbachs über „Deutsch-chinesische Kulturpolitik" in seiner
„Deutschen Kolonialwirtschaft", Hilfe-Verlag 1909.
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[0174] Deutschland »ut die Erschließung Chinas im einzelnen auch nur auf die englisch-amerikanischen Schulen höherer Grade einzugehen, geschweige auf diejenigen niederer Grade. Nur einige Angaben, die die Sachlage illustrieren, seien gemacht. Nach dem „Lulua Mission Vear Looli" sind allein gegen drei Dutzend fast ausschließlich von Amerikanern und Engländern unterhaltene „LolleZeg" und „Universities" über China verstreut, von denen die Mehrzahl der Verbreitung der allgemeinen Geisteswissenschaften, eine kleinere Anzahl besonderen Disziplinen, wie z. B. der Medizin, dient. Unter diesen Anstalten sei insbesondere auf die anglo-amerikanische „Union University" hingewiesen, für die Herr Rockefeller allem auf zehn Jahre 150000 Dollar jährlich zur Verfügung stellte, deren Arbeitsgebiet vor allem die Provinz Schankung ist. In nächster Zeit sollen die Anstalten und Ein¬ richtungen der Universität in Tsinanfu zentralisiert werden, um den Betrieb in großzügiger Weise durchzuführen. Außer dieser Universität sind zwei weitere Hochschulen in Hongkong und Hankow im Entstehen, die, losgelöst von irgend¬ welchen Missionsbestrebungen, wissenschaftliche Anstalten ersten Ranges werden sollen und zu werden versprechen. Das gilt namentlich von der Universität Hankow, die von einem Oxforder und Cambridger Komitee unter der Leitung des Lord William Cecil organisiert werden soll und für die bereits mehrere Millionen zur Verfügung stehen. Es besteht die Absicht, die hervorragendsten Kräfte für diese Universität zu gewinnen und sie mit den denkbar besten Lehr¬ mitteln auszustatten. Wenngleich Deutschland auf dem Gebiete drs Unterrichtsmesens in China nicht untätig gewesen ist, so kann doch das bisher von uns Geleistete mit den Leistungen der Engländer und Amerikaner nicht in Parallele gestellt werden. Wir besitzen heute außer den Elementarschulen in Kiautschou und den Missions¬ elementar- und Mittelschulen im übrigen China folgende höheren Unterrichts¬ anstalten: 1. die Deutsch-chinesische Hochschule in Tsiugtau; 2. die Werftschule (technische Schule) in Tsiugtau; 3. die Deutsch-chinesische Mädchenschule in Tsiugtau; 4. die Medizinschule in Schanghai; ö. die Technische Hochschule in Schanghai; 6. die Sprachenschule in Schanghai; 7. eine Schule in Kanton; 8. eine Schule in Tsinanfu. Ganz gewiß sind diese deutschen Schöpfungen sehr beachtlich, aber wir müssen uns bemühen, das Geschaffene auszubauen und Neues hinzuzutun. Nach Rohrbach hat ein amerikanischer Geschäftsmann, der für seine Person keinerlei kirchliche Bedürfnisse hatte, einmal gesagt: „Jeder amerikanische Missionar ist mir geschäftlich tausend Dollar wert — warum soll ich ihm nicht ein Prozent Provision bezahlen?"*) Derartigem Gedankengängen sollten wir uns nicht verschließen und sollten bedenken, daß jeder durch die deutsche Schule gegangene Chinese eine deutsche Kapitalanlage darstellt, die Zinsen trägt. ") Vgl. die Ausführungen Rohrbachs über „Deutsch-chinesische Kulturpolitik" in seiner „Deutschen Kolonialwirtschaft", Hilfe-Verlag 1909.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/174>, abgerufen am 29.06.2024.