Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.I^atikunäm Komam psr^iciere zierenden Kreise allein kaum werden aufkommen können. Es wird das Volks¬ Das größte Problem der Zukunft dürfte es sonach sein, die wirtschaftlichen Eine grundlegende Verschiedenheit des antiken und des modernen Staats¬ I^atikunäm Komam psr^iciere zierenden Kreise allein kaum werden aufkommen können. Es wird das Volks¬ Das größte Problem der Zukunft dürfte es sonach sein, die wirtschaftlichen Eine grundlegende Verschiedenheit des antiken und des modernen Staats¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0089" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322490"/> <fw type="header" place="top"> I^atikunäm Komam psr^iciere</fw><lb/> <p xml:id="ID_322" prev="#ID_321"> zierenden Kreise allein kaum werden aufkommen können. Es wird das Volks¬<lb/> ganze bis zu einem gewissen Grade mit herangezogen werden müssen. Indes,<lb/> das Höchste steht auf dem Spiele, was ein Volk hat: die Erhaltung des eigenen<lb/> Volkstums!</p><lb/> <p xml:id="ID_323"> Das größte Problem der Zukunft dürfte es sonach sein, die wirtschaftlichen<lb/> und die völkischen Interessen, die bei uns eben anfangen, in einen unheilvollen<lb/> Gegensatz zu geraten, auszugleichen und abzuwägen. Die antiken Stadtstaaten<lb/> (Athen, Karthago, Rom) sind alle daran zugrunde gegangen, daß sie in ein¬<lb/> seitigster Weise nur die kapitalistisch-wirtschaftlichen Interessen förderten. Der<lb/> alte merkantile Stadtstaat stand auf vollkommen primitivem, manchesterlichem<lb/> Boden; er war Träger der Staatshoheit und Schirmer der Ordnung: damit<lb/> waren die antiken Staatsausgaben im wesentlichen erfüllt; es kam nur noch<lb/> das hinzu, was man praktisch brauchte, um das engherzige und kurzsichtige,<lb/> aber souveräne Stadtvolk zufrieden zu stellen, nämlich, für uns fast unbegreif¬<lb/> licherweise, die ursprünglich auf religiösem Boden erwachsenen Spiele und in<lb/> Rom, seit Gajus Grachus, die Versorgung der Hauptstadt mit Brotkorn<lb/> („p-mon et LirLLN8L8"). Keine Volksschule, keine soziale Versicherung sorgte<lb/> für Wohl und Bildung des kleinen Mannes; jeder mußte selbst sehen, wie er<lb/> sich durchs Leben half und sich gegen körperliches Mißgeschick und die Schwäche<lb/> des Alters schützte. Eigentlich ausgebildete Verwaltungszweige waren in Nom<lb/> nur die Ordnung schaffenden: das Kriegswesen und die Rechtspflege. Jede<lb/> weitsichtige Wohlfahrts- und Volkspflege fehlte. So bildete sich ein klaffender<lb/> Gegensatz zwischen Reich und Arm. Der gewaltige Römerstaat ist während<lb/> seiner Blütezeit im Grunde von nur etwa dreitausend Familien (senatorischen<lb/> und ritterlichen Standes) getragen worden. Nur diese wurden in Wahrheit<lb/> der griechisch-römischen Kultur teilhaftig. Alles übrige war Plebs, die man<lb/> fütterte und verhätschelte, da sie die Beamten wählte, für deren wahres Wohl<lb/> man aber nichts tat, und die daher in Unwissenheit und Aberglauben dahin¬<lb/> lebte. (Domaszewski, Geschichte der römischen Kaiser). Der Aufstieg des<lb/> Mannes aus dem Volke in höhere Kreise war fast unmöglich, da der<lb/> Mittelstand immer mehr verschwand und durch freigelassene Sklaven als<lb/> Gastwirte, Gutsinspektoren, Künstler, Professoren, Ärzte ersetzt wurde. So<lb/> fehlte es an jedem nationalen Nachschub von unten. Und als die Pro¬<lb/> skriptionen Sullas und der Triumvirate mit einem großen Teil des römischen<lb/> Adels aufgeräumt hatten und in dessen eigenen Reihen Ehe- und Kinderlosigkeit<lb/> einriß, da war man am Anfang vom Ende. Der Untergang des julisch-<lb/> claudischen Kaisergeschlechts mit Nero (68 n. Chr.) bezeichnet auch den Unter¬<lb/> gang des eigentlichen Römertums, und kaum mehr einen Jtaliker finden wir<lb/> seitdem an der Regierung. Alle die bedeutenden Kaiser des folgenden Jahr¬<lb/> hunderts waren Provinzialen, d. h. sie entstammten römischen Kolonialgeschlechtern.</p><lb/> <p xml:id="ID_324" next="#ID_325"> Eine grundlegende Verschiedenheit des antiken und des modernen Staats¬<lb/> lebens ist es also vor allem, daß die Massen des Volkes im Altertum völlig</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0089]
I^atikunäm Komam psr^iciere
zierenden Kreise allein kaum werden aufkommen können. Es wird das Volks¬
ganze bis zu einem gewissen Grade mit herangezogen werden müssen. Indes,
das Höchste steht auf dem Spiele, was ein Volk hat: die Erhaltung des eigenen
Volkstums!
Das größte Problem der Zukunft dürfte es sonach sein, die wirtschaftlichen
und die völkischen Interessen, die bei uns eben anfangen, in einen unheilvollen
Gegensatz zu geraten, auszugleichen und abzuwägen. Die antiken Stadtstaaten
(Athen, Karthago, Rom) sind alle daran zugrunde gegangen, daß sie in ein¬
seitigster Weise nur die kapitalistisch-wirtschaftlichen Interessen förderten. Der
alte merkantile Stadtstaat stand auf vollkommen primitivem, manchesterlichem
Boden; er war Träger der Staatshoheit und Schirmer der Ordnung: damit
waren die antiken Staatsausgaben im wesentlichen erfüllt; es kam nur noch
das hinzu, was man praktisch brauchte, um das engherzige und kurzsichtige,
aber souveräne Stadtvolk zufrieden zu stellen, nämlich, für uns fast unbegreif¬
licherweise, die ursprünglich auf religiösem Boden erwachsenen Spiele und in
Rom, seit Gajus Grachus, die Versorgung der Hauptstadt mit Brotkorn
(„p-mon et LirLLN8L8"). Keine Volksschule, keine soziale Versicherung sorgte
für Wohl und Bildung des kleinen Mannes; jeder mußte selbst sehen, wie er
sich durchs Leben half und sich gegen körperliches Mißgeschick und die Schwäche
des Alters schützte. Eigentlich ausgebildete Verwaltungszweige waren in Nom
nur die Ordnung schaffenden: das Kriegswesen und die Rechtspflege. Jede
weitsichtige Wohlfahrts- und Volkspflege fehlte. So bildete sich ein klaffender
Gegensatz zwischen Reich und Arm. Der gewaltige Römerstaat ist während
seiner Blütezeit im Grunde von nur etwa dreitausend Familien (senatorischen
und ritterlichen Standes) getragen worden. Nur diese wurden in Wahrheit
der griechisch-römischen Kultur teilhaftig. Alles übrige war Plebs, die man
fütterte und verhätschelte, da sie die Beamten wählte, für deren wahres Wohl
man aber nichts tat, und die daher in Unwissenheit und Aberglauben dahin¬
lebte. (Domaszewski, Geschichte der römischen Kaiser). Der Aufstieg des
Mannes aus dem Volke in höhere Kreise war fast unmöglich, da der
Mittelstand immer mehr verschwand und durch freigelassene Sklaven als
Gastwirte, Gutsinspektoren, Künstler, Professoren, Ärzte ersetzt wurde. So
fehlte es an jedem nationalen Nachschub von unten. Und als die Pro¬
skriptionen Sullas und der Triumvirate mit einem großen Teil des römischen
Adels aufgeräumt hatten und in dessen eigenen Reihen Ehe- und Kinderlosigkeit
einriß, da war man am Anfang vom Ende. Der Untergang des julisch-
claudischen Kaisergeschlechts mit Nero (68 n. Chr.) bezeichnet auch den Unter¬
gang des eigentlichen Römertums, und kaum mehr einen Jtaliker finden wir
seitdem an der Regierung. Alle die bedeutenden Kaiser des folgenden Jahr¬
hunderts waren Provinzialen, d. h. sie entstammten römischen Kolonialgeschlechtern.
Eine grundlegende Verschiedenheit des antiken und des modernen Staats¬
lebens ist es also vor allem, daß die Massen des Volkes im Altertum völlig
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