Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

schnellobigen Zeit, und viel wird in zehn
Jahren vergessen) -- nein, er ist eingezogen
in die Herzen der Deutschen, die ihm ihre
Liebe entgegenbringen, seit sie ihn so kennen
lernten, und die ihm Treue halten werden in
die Jahrhunderte hinein. Denn in dem
stammverwandten Künstler spüren wir Blut
von unserem Blut und Geist von unserem
Geist; da ist ein Ideal erfüllt, das uns von
germanischer Kunst vorschwebte; da ist Wahr¬
heit und Schönheit, Tiefe und Phantasie,
keusche Lieblichkeit und posenferne Schlichtheit,
heraufgeholt aus Ursprünglichkeit und selbst¬
sicherer Kraft, und gemeistert von einer
wunderbaren Technik. Als Norweger darf
er stolz seinen Namen neben die Ole Bull,
Ibsen und Björnson setzen, denen er in
Bergen und vor dem Nationaltheater in
Christiania die Standbilder schuf; wie sie ist
er hinausgegangen in die Welt; und Berlin,
dessen Liebe er warm erwidert, darf sich
rühmen, ihm, dem Schüler von Albert Wolff,
das Rüstzeug seiner Kunst an die Hand ge¬
geben zu haben. Von Berlin ging auch die
Popularisierung seiner Kunst aus; von hier
aus zogen die Tausende von Reproduktionen
nach seinen Hauptwerken in die deutschen
Häuser: die holdselige Verkörperung des
Schlafes, unter dem Titel "Die Nacht" be¬
kannt; der trotzige "Sklave"; die "Barbaren¬
mutter" in ihrer finsteren Größe; die er¬
greifende Gestalt der "Gefangenen Mutter",
die in Fesseln auf den Knien ihrem Kinde
die Brust reicht; die "Älteste ihres Geschlechts",
die Seherin an der Grenze der Ewigkeit;
die im Sturm daherbrausende "Walküre";
das monumentale Symbol der formenden
"Mutter Erde"; die keusche "Anbetung"; und
die Gruppe, die seinen Namen über die Erde
getragen und so viel Nachahmer gefunden
hat: die "Zwei Menschen" in ihrem seligen
Umfangen.

Und noch einmal -- zehn Jahre später
-- soll von Berlin aus seine Kunst und jetzt
auch nähere Kunde über sein Leben ins
deutsche Volk dringen, mehr noch, scheint mir,
als eS bisher geschehen konnte. Vor mir
liegt M. Rapsilbers in ehrlicher Begeisterung
geschriebene, eingehende und verständnisvolle
Biographie und feinsinnige künstlerische Wür¬
digung des Meisters, "Stephan Sinding",

[Spaltenumbruch]

ein Band der Serie "Kunst und Schönheit",
den der Verlag Marquardt u. Co., Berlin
I^V/. 67, mit 61 (einundsechzig!) Original¬
reproduktionen und einer Gravure in größtem
Quartformat für den unglaublichen Preis
von 1,80 M. (in Prächtigen Leinenband
2,80 M.) herausgebracht hat. Ich habe den
lebhaftesten Wunsch und hege an dessen Er¬
füllung keinen Zweifel, daß dieser Band, der
alle Hauptwerke SindingS und eine reiche
Menge der bislang weniger bekannt ge¬
wordenen (darunter die Umarbeitung der
"Walküre" und die neue Gruppe der in
Frühlingsahnung erschauernden jungen
Menschenkinder "Mai") sowie eine Anzahl
hochinteressanter Skizzen bringt, eins der be¬
liebtesten und erhofftesten Weihnachtsgeschenke
werden und dem Menschen Sinding die
Heimstätte noch tiefer im deutschen Herzen
begründen wird, die der Künstler Sinding
längst inne hat.

Nur eins habe ich zu erinnern. Wenn
es Ncipsilber auch in der Hauptsache darauf
ankam, das Werk des Meisters sprechen zu
lassen und biographische Daten nur zum
besseren Verständnis der Kunst zu geben:
eine hätte er nicht übergehen sollen: des
Künstlers Muse, die schöne Frau Elga Sin¬
ding, die alle Sorgen und Mühen seines
schwer ringenden Lebens mit ihm teilt, deren
Urteil er seine Pläne bis ins kleinste unter¬
breitet und der als Zeugnis seiner innigsten
Liebe die Worte auf dem Original der "Zwei
Menschen" in Jcicobsens Up - CarlSberg-
Glyptothek in Kopenhagen gelten: ^ ma
Albert Serge kenne.

Schöne Literatur

Liliencron- und Falke-Ausgaben. Bon
der Freundschaftsband Richard Dehmels auf
Grund letztwilligor Bestimmung des Dichters
gesichtet und neu eingerichtet, liegen jetzt die
"Gesammelten Werke" Detlev von Lilien-
crons in acht würdig ausgestatteten Halb¬
kalblederbänden vor, denen sich die schon
vorher erschienenen zwei Bände Briefwechsel
in gleicher Ausstattung anreihen. Der Preis
des gebundenen Bandes beträgt 6 Mark;
V erlag von Schuster u. Löffler in Berlin.

In dem knappen Vorwort setzt Dehmel
Zweck und Ziel des garnicht lange nach der

[Ende Spaltensatz]
Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

schnellobigen Zeit, und viel wird in zehn
Jahren vergessen) — nein, er ist eingezogen
in die Herzen der Deutschen, die ihm ihre
Liebe entgegenbringen, seit sie ihn so kennen
lernten, und die ihm Treue halten werden in
die Jahrhunderte hinein. Denn in dem
stammverwandten Künstler spüren wir Blut
von unserem Blut und Geist von unserem
Geist; da ist ein Ideal erfüllt, das uns von
germanischer Kunst vorschwebte; da ist Wahr¬
heit und Schönheit, Tiefe und Phantasie,
keusche Lieblichkeit und posenferne Schlichtheit,
heraufgeholt aus Ursprünglichkeit und selbst¬
sicherer Kraft, und gemeistert von einer
wunderbaren Technik. Als Norweger darf
er stolz seinen Namen neben die Ole Bull,
Ibsen und Björnson setzen, denen er in
Bergen und vor dem Nationaltheater in
Christiania die Standbilder schuf; wie sie ist
er hinausgegangen in die Welt; und Berlin,
dessen Liebe er warm erwidert, darf sich
rühmen, ihm, dem Schüler von Albert Wolff,
das Rüstzeug seiner Kunst an die Hand ge¬
geben zu haben. Von Berlin ging auch die
Popularisierung seiner Kunst aus; von hier
aus zogen die Tausende von Reproduktionen
nach seinen Hauptwerken in die deutschen
Häuser: die holdselige Verkörperung des
Schlafes, unter dem Titel „Die Nacht" be¬
kannt; der trotzige „Sklave"; die „Barbaren¬
mutter" in ihrer finsteren Größe; die er¬
greifende Gestalt der „Gefangenen Mutter",
die in Fesseln auf den Knien ihrem Kinde
die Brust reicht; die „Älteste ihres Geschlechts",
die Seherin an der Grenze der Ewigkeit;
die im Sturm daherbrausende „Walküre";
das monumentale Symbol der formenden
„Mutter Erde"; die keusche „Anbetung"; und
die Gruppe, die seinen Namen über die Erde
getragen und so viel Nachahmer gefunden
hat: die „Zwei Menschen" in ihrem seligen
Umfangen.

Und noch einmal — zehn Jahre später
— soll von Berlin aus seine Kunst und jetzt
auch nähere Kunde über sein Leben ins
deutsche Volk dringen, mehr noch, scheint mir,
als eS bisher geschehen konnte. Vor mir
liegt M. Rapsilbers in ehrlicher Begeisterung
geschriebene, eingehende und verständnisvolle
Biographie und feinsinnige künstlerische Wür¬
digung des Meisters, „Stephan Sinding",

[Spaltenumbruch]

ein Band der Serie „Kunst und Schönheit",
den der Verlag Marquardt u. Co., Berlin
I^V/. 67, mit 61 (einundsechzig!) Original¬
reproduktionen und einer Gravure in größtem
Quartformat für den unglaublichen Preis
von 1,80 M. (in Prächtigen Leinenband
2,80 M.) herausgebracht hat. Ich habe den
lebhaftesten Wunsch und hege an dessen Er¬
füllung keinen Zweifel, daß dieser Band, der
alle Hauptwerke SindingS und eine reiche
Menge der bislang weniger bekannt ge¬
wordenen (darunter die Umarbeitung der
„Walküre" und die neue Gruppe der in
Frühlingsahnung erschauernden jungen
Menschenkinder „Mai") sowie eine Anzahl
hochinteressanter Skizzen bringt, eins der be¬
liebtesten und erhofftesten Weihnachtsgeschenke
werden und dem Menschen Sinding die
Heimstätte noch tiefer im deutschen Herzen
begründen wird, die der Künstler Sinding
längst inne hat.

Nur eins habe ich zu erinnern. Wenn
es Ncipsilber auch in der Hauptsache darauf
ankam, das Werk des Meisters sprechen zu
lassen und biographische Daten nur zum
besseren Verständnis der Kunst zu geben:
eine hätte er nicht übergehen sollen: des
Künstlers Muse, die schöne Frau Elga Sin¬
ding, die alle Sorgen und Mühen seines
schwer ringenden Lebens mit ihm teilt, deren
Urteil er seine Pläne bis ins kleinste unter¬
breitet und der als Zeugnis seiner innigsten
Liebe die Worte auf dem Original der „Zwei
Menschen" in Jcicobsens Up - CarlSberg-
Glyptothek in Kopenhagen gelten: ^ ma
Albert Serge kenne.

Schöne Literatur

Liliencron- und Falke-Ausgaben. Bon
der Freundschaftsband Richard Dehmels auf
Grund letztwilligor Bestimmung des Dichters
gesichtet und neu eingerichtet, liegen jetzt die
„Gesammelten Werke" Detlev von Lilien-
crons in acht würdig ausgestatteten Halb¬
kalblederbänden vor, denen sich die schon
vorher erschienenen zwei Bände Briefwechsel
in gleicher Ausstattung anreihen. Der Preis
des gebundenen Bandes beträgt 6 Mark;
V erlag von Schuster u. Löffler in Berlin.

In dem knappen Vorwort setzt Dehmel
Zweck und Ziel des garnicht lange nach der

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0491" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322893"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <cb type="start"/>
            <p xml:id="ID_2476" prev="#ID_2475"> schnellobigen Zeit, und viel wird in zehn<lb/>
Jahren vergessen) &#x2014; nein, er ist eingezogen<lb/>
in die Herzen der Deutschen, die ihm ihre<lb/>
Liebe entgegenbringen, seit sie ihn so kennen<lb/>
lernten, und die ihm Treue halten werden in<lb/>
die Jahrhunderte hinein. Denn in dem<lb/>
stammverwandten Künstler spüren wir Blut<lb/>
von unserem Blut und Geist von unserem<lb/>
Geist; da ist ein Ideal erfüllt, das uns von<lb/>
germanischer Kunst vorschwebte; da ist Wahr¬<lb/>
heit und Schönheit, Tiefe und Phantasie,<lb/>
keusche Lieblichkeit und posenferne Schlichtheit,<lb/>
heraufgeholt aus Ursprünglichkeit und selbst¬<lb/>
sicherer Kraft, und gemeistert von einer<lb/>
wunderbaren Technik. Als Norweger darf<lb/>
er stolz seinen Namen neben die Ole Bull,<lb/>
Ibsen und Björnson setzen, denen er in<lb/>
Bergen und vor dem Nationaltheater in<lb/>
Christiania die Standbilder schuf; wie sie ist<lb/>
er hinausgegangen in die Welt; und Berlin,<lb/>
dessen Liebe er warm erwidert, darf sich<lb/>
rühmen, ihm, dem Schüler von Albert Wolff,<lb/>
das Rüstzeug seiner Kunst an die Hand ge¬<lb/>
geben zu haben. Von Berlin ging auch die<lb/>
Popularisierung seiner Kunst aus; von hier<lb/>
aus zogen die Tausende von Reproduktionen<lb/>
nach seinen Hauptwerken in die deutschen<lb/>
Häuser: die holdselige Verkörperung des<lb/>
Schlafes, unter dem Titel &#x201E;Die Nacht" be¬<lb/>
kannt; der trotzige &#x201E;Sklave"; die &#x201E;Barbaren¬<lb/>
mutter" in ihrer finsteren Größe; die er¬<lb/>
greifende Gestalt der &#x201E;Gefangenen Mutter",<lb/>
die in Fesseln auf den Knien ihrem Kinde<lb/>
die Brust reicht; die &#x201E;Älteste ihres Geschlechts",<lb/>
die Seherin an der Grenze der Ewigkeit;<lb/>
die im Sturm daherbrausende &#x201E;Walküre";<lb/>
das monumentale Symbol der formenden<lb/>
&#x201E;Mutter Erde"; die keusche &#x201E;Anbetung"; und<lb/>
die Gruppe, die seinen Namen über die Erde<lb/>
getragen und so viel Nachahmer gefunden<lb/>
hat: die &#x201E;Zwei Menschen" in ihrem seligen<lb/>
Umfangen.</p>
            <p xml:id="ID_2477" next="#ID_2478"> Und noch einmal &#x2014; zehn Jahre später<lb/>
&#x2014; soll von Berlin aus seine Kunst und jetzt<lb/>
auch nähere Kunde über sein Leben ins<lb/>
deutsche Volk dringen, mehr noch, scheint mir,<lb/>
als eS bisher geschehen konnte. Vor mir<lb/>
liegt M. Rapsilbers in ehrlicher Begeisterung<lb/>
geschriebene, eingehende und verständnisvolle<lb/>
Biographie und feinsinnige künstlerische Wür¬<lb/>
digung des Meisters, &#x201E;Stephan Sinding",</p>
            <cb/><lb/>
            <p xml:id="ID_2478" prev="#ID_2477"> ein Band der Serie &#x201E;Kunst und Schönheit",<lb/>
den der Verlag Marquardt u. Co., Berlin<lb/>
I^V/. 67, mit 61 (einundsechzig!) Original¬<lb/>
reproduktionen und einer Gravure in größtem<lb/>
Quartformat für den unglaublichen Preis<lb/>
von 1,80 M. (in Prächtigen Leinenband<lb/>
2,80 M.) herausgebracht hat. Ich habe den<lb/>
lebhaftesten Wunsch und hege an dessen Er¬<lb/>
füllung keinen Zweifel, daß dieser Band, der<lb/>
alle Hauptwerke SindingS und eine reiche<lb/>
Menge der bislang weniger bekannt ge¬<lb/>
wordenen (darunter die Umarbeitung der<lb/>
&#x201E;Walküre" und die neue Gruppe der in<lb/>
Frühlingsahnung erschauernden jungen<lb/>
Menschenkinder &#x201E;Mai") sowie eine Anzahl<lb/>
hochinteressanter Skizzen bringt, eins der be¬<lb/>
liebtesten und erhofftesten Weihnachtsgeschenke<lb/>
werden und dem Menschen Sinding die<lb/>
Heimstätte noch tiefer im deutschen Herzen<lb/>
begründen wird, die der Künstler Sinding<lb/>
längst inne hat.</p>
            <p xml:id="ID_2479"> Nur eins habe ich zu erinnern. Wenn<lb/>
es Ncipsilber auch in der Hauptsache darauf<lb/>
ankam, das Werk des Meisters sprechen zu<lb/>
lassen und biographische Daten nur zum<lb/>
besseren Verständnis der Kunst zu geben:<lb/>
eine hätte er nicht übergehen sollen: des<lb/>
Künstlers Muse, die schöne Frau Elga Sin¬<lb/>
ding, die alle Sorgen und Mühen seines<lb/>
schwer ringenden Lebens mit ihm teilt, deren<lb/>
Urteil er seine Pläne bis ins kleinste unter¬<lb/>
breitet und der als Zeugnis seiner innigsten<lb/>
Liebe die Worte auf dem Original der &#x201E;Zwei<lb/>
Menschen" in Jcicobsens Up - CarlSberg-<lb/>
Glyptothek in Kopenhagen gelten: ^ ma<lb/><note type="byline"> Albert Serge</note> kenne. </p>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Schöne Literatur</head>
            <p xml:id="ID_2480"> Liliencron- und Falke-Ausgaben. Bon<lb/>
der Freundschaftsband Richard Dehmels auf<lb/>
Grund letztwilligor Bestimmung des Dichters<lb/>
gesichtet und neu eingerichtet, liegen jetzt die<lb/>
&#x201E;Gesammelten Werke" Detlev von Lilien-<lb/>
crons in acht würdig ausgestatteten Halb¬<lb/>
kalblederbänden vor, denen sich die schon<lb/>
vorher erschienenen zwei Bände Briefwechsel<lb/>
in gleicher Ausstattung anreihen. Der Preis<lb/>
des gebundenen Bandes beträgt 6 Mark;<lb/>
V erlag von Schuster u. Löffler in Berlin.</p>
            <p xml:id="ID_2481" next="#ID_2482"> In dem knappen Vorwort setzt Dehmel<lb/>
Zweck und Ziel des garnicht lange nach der</p>
            <cb type="end"/><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0491] Maßgebliches und Unmaßgebliches schnellobigen Zeit, und viel wird in zehn Jahren vergessen) — nein, er ist eingezogen in die Herzen der Deutschen, die ihm ihre Liebe entgegenbringen, seit sie ihn so kennen lernten, und die ihm Treue halten werden in die Jahrhunderte hinein. Denn in dem stammverwandten Künstler spüren wir Blut von unserem Blut und Geist von unserem Geist; da ist ein Ideal erfüllt, das uns von germanischer Kunst vorschwebte; da ist Wahr¬ heit und Schönheit, Tiefe und Phantasie, keusche Lieblichkeit und posenferne Schlichtheit, heraufgeholt aus Ursprünglichkeit und selbst¬ sicherer Kraft, und gemeistert von einer wunderbaren Technik. Als Norweger darf er stolz seinen Namen neben die Ole Bull, Ibsen und Björnson setzen, denen er in Bergen und vor dem Nationaltheater in Christiania die Standbilder schuf; wie sie ist er hinausgegangen in die Welt; und Berlin, dessen Liebe er warm erwidert, darf sich rühmen, ihm, dem Schüler von Albert Wolff, das Rüstzeug seiner Kunst an die Hand ge¬ geben zu haben. Von Berlin ging auch die Popularisierung seiner Kunst aus; von hier aus zogen die Tausende von Reproduktionen nach seinen Hauptwerken in die deutschen Häuser: die holdselige Verkörperung des Schlafes, unter dem Titel „Die Nacht" be¬ kannt; der trotzige „Sklave"; die „Barbaren¬ mutter" in ihrer finsteren Größe; die er¬ greifende Gestalt der „Gefangenen Mutter", die in Fesseln auf den Knien ihrem Kinde die Brust reicht; die „Älteste ihres Geschlechts", die Seherin an der Grenze der Ewigkeit; die im Sturm daherbrausende „Walküre"; das monumentale Symbol der formenden „Mutter Erde"; die keusche „Anbetung"; und die Gruppe, die seinen Namen über die Erde getragen und so viel Nachahmer gefunden hat: die „Zwei Menschen" in ihrem seligen Umfangen. Und noch einmal — zehn Jahre später — soll von Berlin aus seine Kunst und jetzt auch nähere Kunde über sein Leben ins deutsche Volk dringen, mehr noch, scheint mir, als eS bisher geschehen konnte. Vor mir liegt M. Rapsilbers in ehrlicher Begeisterung geschriebene, eingehende und verständnisvolle Biographie und feinsinnige künstlerische Wür¬ digung des Meisters, „Stephan Sinding", ein Band der Serie „Kunst und Schönheit", den der Verlag Marquardt u. Co., Berlin I^V/. 67, mit 61 (einundsechzig!) Original¬ reproduktionen und einer Gravure in größtem Quartformat für den unglaublichen Preis von 1,80 M. (in Prächtigen Leinenband 2,80 M.) herausgebracht hat. Ich habe den lebhaftesten Wunsch und hege an dessen Er¬ füllung keinen Zweifel, daß dieser Band, der alle Hauptwerke SindingS und eine reiche Menge der bislang weniger bekannt ge¬ wordenen (darunter die Umarbeitung der „Walküre" und die neue Gruppe der in Frühlingsahnung erschauernden jungen Menschenkinder „Mai") sowie eine Anzahl hochinteressanter Skizzen bringt, eins der be¬ liebtesten und erhofftesten Weihnachtsgeschenke werden und dem Menschen Sinding die Heimstätte noch tiefer im deutschen Herzen begründen wird, die der Künstler Sinding längst inne hat. Nur eins habe ich zu erinnern. Wenn es Ncipsilber auch in der Hauptsache darauf ankam, das Werk des Meisters sprechen zu lassen und biographische Daten nur zum besseren Verständnis der Kunst zu geben: eine hätte er nicht übergehen sollen: des Künstlers Muse, die schöne Frau Elga Sin¬ ding, die alle Sorgen und Mühen seines schwer ringenden Lebens mit ihm teilt, deren Urteil er seine Pläne bis ins kleinste unter¬ breitet und der als Zeugnis seiner innigsten Liebe die Worte auf dem Original der „Zwei Menschen" in Jcicobsens Up - CarlSberg- Glyptothek in Kopenhagen gelten: ^ ma Albert Serge kenne. Schöne Literatur Liliencron- und Falke-Ausgaben. Bon der Freundschaftsband Richard Dehmels auf Grund letztwilligor Bestimmung des Dichters gesichtet und neu eingerichtet, liegen jetzt die „Gesammelten Werke" Detlev von Lilien- crons in acht würdig ausgestatteten Halb¬ kalblederbänden vor, denen sich die schon vorher erschienenen zwei Bände Briefwechsel in gleicher Ausstattung anreihen. Der Preis des gebundenen Bandes beträgt 6 Mark; V erlag von Schuster u. Löffler in Berlin. In dem knappen Vorwort setzt Dehmel Zweck und Ziel des garnicht lange nach der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/491
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/491>, abgerufen am 15.01.2025.